Um die Wurst (German Edition)
Assistentin?« Drei Tote auf diese Weise. Er wollte einfach nicht mehr an eine alltägliche Mordgeschichte glauben. Hier musste es um etwas Größeres gehen. Und er witterte, dass Stark mehr wusste, als sie ihm erzählte.
»Ich habe aus privaten Gründen um Versetzung gebeten. Das ist alles.«
»Versetzung und Herabstufung?«
»Mir liegt nicht viel an Status«, antwortete Stark.
»Mir liegt aber etwas an offenen Karten. Was glauben Sie, wie blöd ich mir vorkomme, wenn ich in Schulen und bei Tierschützern ermittle, während Sie bereits wissen, dass es sich um eine fette Geschichte des organisierten Verbrechens handelt?«
»Das weiß ich doch gar nicht. Wieso unterstellen Sie mir das?«
»Weil ich rechnen kann!«, schrie Belledin. »Sie kommen vom LKA und waren eine große Nummer im Fall Schewtschenko. Killian wiederum spitzelt an den Fronten für das BKA und weiß Gott noch wen. Und zufällig treffen sich beide in einem Fall, bei dem Menschen systematisch geschlachtet werden. Für wie dumm halten Sie mich denn?«
»Es ist Zufall. Reiner Zufall.« Stark blieb weiterhin ruhig. »Aber Sie haben recht, es könnte eine organisierte Verbrecherbande dahinterstecken.«
Belledin kochte weiter und biss sich auf die Zunge. Er war sehr laut geworden. So laut, dass sogar Selinger von seinen Notizen aufschaute und zu ihnen herübersah.
»Aber der Mafia würde es reichen, ihren Opfern die Kehle von rechts nach links aufzuschlitzen. Hier macht sich jemand verdammt viel Arbeit. Für mich sieht das persönlicher aus als die Arbeit von Auftragskillern. Aber ich werde mich erkundigen. Ich kenne jemanden, der vielleicht etwas weiß«, sagte Stark.
Belledin versuchte, sich zu beruhigen, sah Stark aber weiterhin misstrauisch an. Der dritte Tote zerrte an seinen Nerven. Er brauchte jetzt etwas, woran er sich festbeißen konnte. Die Mafia-Theorie kam ihm da gelegen.
»Der Bolzenschuss und die abgezogene Haut müssen etwas mit dem Metier zu tun haben. Die Mafia würde nicht so fachspezifisch töten«, fuhr sie fort.
»Auch nicht, um abzulenken?«, fragte Belledin.
»Die Mafia will, dass man weiß, dass sie es ist. Nur so setzt sie diejenigen unter Druck, denen das Morden gilt.«
»Und wem gilt das Morden? Nicht den Toten?«
»Wenn es die Mafia ist, gilt es denjenigen, mit denen man noch Geschäfte machen will. Geschäftspartner werden nur getötet, wenn man bereits selbst Geschäftsführer des Unternehmens ist oder ein Konkurrenzunternehmen unterstützt.«
»Macht Sinn«, nuschelte Belledin in seinen Schnäuzer und drehte sich von Stark weg, um sich die Leiche anzusehen.
»Und?«, fragte er Selinger.
»Wie gehabt. Soviel ich sehen konnte, handelt es sich wieder um denselben Bolzen.«
»Das ist ja beruhigend«, zischte Belledin und kam zu Stark zurück. Er sah an ihr vorbei in den Wald und schwieg. Dann endlich atmete er tief ein und fragte: »Wie würden Sie vorgehen?« Den Blick hielt er weiter auf die aufgeforsteten Käsepappeln gerichtet.
»Wir könnten uns Spiegelhalter noch mal intensiver vorknöpfen. Er muss etwas wissen. Wenn er hört, dass Erdogan tot ist, fällt ihm vielleicht etwas ein, was für uns wichtig sein könnte.«
»Und was ist mit Gotthard und Britta Vogt? Benedikt, dem Sohn von Ginter?«
»Auch eine Möglichkeit.«
»Und Schule und Tierschützer? Lassen wir die jetzt fallen?«
»Sollten wir trotzdem auch überprüfen.«
»Dann übernehmen Sie die Vegetarier. Was ist eigentlich mit dem Hundebesitzer, der Schwarz gefunden hat?«
»Habe ich gestern Abend noch überprüft. Für Ginters Tod hat er ein Alibi. Wenn wir von einem einzigen Täter ausgehen, fällt er weg.«
»Wir behalten ihn trotzdem noch auf der Liste.«
»In Ordnung. Ich würde aber auch gerne Saier noch mal auf den Zahn fühlen.«
»Saier?«, fragte Belledin.
»Den krankgemeldeten Stecher.« Stark warf den abgerauchten Stummel auf den Asphalt des Parkplatzes und trat ihn mit ihrer Stiefelspitze aus.
»Aufheben!«, rief Spitznagel. »Nachher haben wir den Stummel im Beutel und unnötige Arbeit.«
Stark sah zu Spitznagel hinüber und gehorchte. Die Kippe schob sie in die Tasche ihrer Lederjacke.
Belledin verkniff sich ein Grinsen. Spitznagel würde ihm fehlen. Sie war wenigstens auf seiner Seite.
*
Killian sah vom Eckartsberg hinab auf seine ehemalige Schule und wartete, bis es zur großen Pause läutete. Hier oben hatten sie früher gern ihre Freistunden verbracht. In den unteren Klassen, um am Gemäuer der Ruine zu klettern
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