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Um die Wurst (German Edition)

Um die Wurst (German Edition)

Titel: Um die Wurst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moritz
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seinem Hals kam. Er bekam Platzangst, die Wände des Treppengangs begannen sich zu bewegen. Bärbel zerfloss vor ihm wie in einem Zerrspiegel. Er sah die blutende Rohina neben ihr, dann Stark mit einem Vampirgebiss, mit dem sie ihm das Fleisch von den Wangen riss. Der wilde Efeu löste sich von dem Sandstein und kroch auf ihn zu, schlängelte sich um ihn und rankte sein Immergrün bis zum Hals hinauf. Es begann ihn zu würgen. Killian schnappte nach Luft, stieß Bärbel beiseite und hastete aus dem Gang auf den Schulhof. Dort knickte er keuchend und kalten Schweiß treibend auf den Asphalt zwischen die Fahrradständer.
    »Ist alles in Ordnung?« Das war nicht Bärbels Stimme.
    »Holger, was machst du denn hier? Hast du nicht Unterricht?«, fragte Bärbel den Mann mit dem halblangen Haar und der runden Brille. Sein braungrünes Cord-Jackett changierte und flimmerte vor Killians Augen.
    »Ah, Bärbel. Du bist auch hier? Ich hoffe, ich störe nicht. Ich habe nur gedacht, er bräuchte Hilfe.«
    »Alles klar, geht schon wieder. Nur eine Kreislaufschwäche«, sagte Killian und rappelte sich auf.
    »Wollen Sie etwas trinken? Einen Schluck Wasser vielleicht?«, fragte Holger und kramte eine Plastikflasche mit Mineralwasser aus seiner Ledertasche.
    Killian nahm sie entgegen und trank. »Danke«, sagte er und gab die Flasche zurück. Dann blickte er zu Bärbel hinüber, die nun ihrerseits dastand, als hätte man sie beim Knutschen mit dem falschen Mann erwischt. »Ich melde mich«, sagte er schließlich und ging. Er passierte das Hallenbad der Schule, um dann über die Straße, an der Möhlin entlang, zu seinem Wagen zu gelangen.
    Er musste dringend in Behandlung. Die Anfälle mehrten sich. Er hatte gehofft, mit der Zeit würden sich die bösen Geister beruhigen. Aber dem war nicht so. Sie wollten gehört, nach außen gebracht werden. Sie ließen sich nicht so einfach in den untersten Keller des Vergessens stecken. Durch den kleinsten Spalt krochen sie, jede Gelegenheit nutzend, ohne Ansage. Nur wenn er im Einsatz war, ließen sie ihn in Frieden. Wenn er selbst im Krieg stand, schienen sie befriedigt. Als wären die Bilder des Krieges ihre Nahrung. Solange die Dämonen gefüttert wurden, schnurrten sie artig, die Fastenzeit aber schien ihnen unerträglich. Dann rissen sie sich von ihren Ketten und brüllten Killian in die Ohren, dass ihm der Schädel zu platzen drohte.
    Er wollte jetzt aber nicht in den Krieg. Er war gerade erst zurückgekommen. Seine inneren Bastarde müssten noch genügend Elendsfraß im Napf haben. Oder waren es mittlerweile so viele geworden, dass die Happen nicht mehr für alle reichten? Moshe würde es freuen. Er hätte ihn sowieso am liebsten im Dauereinsatz.
    Doch Killian mochte nicht mit seinen Dämonen durch die Dauerhölle hetzen. Er wollte auch leben, etwas von Swintha mitkriegen. Warum wollten die Dämonen ihn nicht verstehen? Es nutzte nichts, mit ihnen zu verhandeln. Nicht er allein. Allein war er ihnen ausgeliefert. Sie waren in der Überzahl und hatten die besseren Argumente. Ein anderer musste sie festnageln und dann vom Hof jagen. Er würde in Behandlung gehen. Bald. Sobald diese Angelegenheit bereinigt war. Er wusste, dass er sich dadurch bloß Aufschub verschaffte, dass das Detektivspiel eine Art Kriegsersatz war. Methadon für die Dämonen. Die kleine Variante, die immerhin so viel Adrenalin ausschüttete, um den Entzug vom großen Spektakel nicht zu spüren.
    Er stieg in den Defender und besah sich sein Gesicht im Rückspiegel. Er drückte den Hemdkragen beiseite und erinnerte sich mit leiser Lust. Ob er noch mal die Gelegenheit bekommen würde, sich bei Stark zu revanchieren?
    *
    Bärbel fühlte sich unbehaglich, mit Holger allein auf dem Schulhof zu stehen. Ausgerechnet hier hinten, wo die Liebespärchen sich gerne verdrückten, um ungestört zu sein. So lange war ihre Affäre nun doch nicht her.
    »Was willst du?«, fragte sie.
    »Mit dir reden.«
    »Aber nicht hier. Wir können uns heute Abend treffen.«
    »Geht nicht.«
    »Wegen Anna? Die braucht sich keine Sorgen mehr zu machen. Ich bin durch.«
    Sie sahen sich lauernd an. Dann brach Holger das Schweigen.
    »Machen wir einen Spaziergang?« Er deutete mit dem Kopf zum Eckartsberg.
    »Nein, das ist mir zu romantisch.« Bärbels Ton blieb giftig. »Wir können auch ins Lehrerzimmer und uns vor allen aufs Maul hauen, dann gibt es wenigstens keine Gerüchte mehr.« Holgers Hochmut machte sie aggressiv. Sie stand knapp davor, ihm eine

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