Um Haaresbreite
Heidi überreden, Ihnen unser Schiff zu zeigen.«
»Das wäre mir ein Vergnügen.« Weeks’ Gesicht wurde ernst.
»Sie werden vielleicht nicht mehr so gastfreundlich sein, wenn Sie den Zweck meines Besuches erfahren.«
»Sie sind gekommen, um uns zu sagen, daß das Spiel wegen politischen Regens abgesagt ist.«
»Sehr treffend ausgedrückt.« Weeks zuckte die Schulter. »Es tut mir leid, aber ich habe meine Befehle.«
»Wieviel Zeit haben wir, um unsere Leute und unsere Ausrüstung heraufzuholen?«
»Wie lange brauchen Sie?«
»Vierundzwanzig Stunden.«
Weeks war kein Narr. Er wußte zu gut über Bergungsarbeiten Bescheid, um nicht zu merken, daß Pitt ihm etwas vorzumachen versuchte. »Ich kann Ihnen acht Stunden geben.«
»Um die Druckkammer zu heben, benötigen wir mindestens zwölf.«
»Sie würden einen guten Händler in einem türkischen Basar abgeben, Mr. Pitt.« Weeks lächelte wieder. »Zehn Stunden sollten ausreichen.«
»Vorausgesetzt, Sie fangen nach dem Mittagessen mit dem Zählen an.«
Weeks streckte die Hände in die Luft. »Mein Gott, Sie geben wohl nie auf. Na schön, nach dem Mittagessen angefangen.«
»Da wir uns jetzt einig sind, Kapitän Weeks«, sagte Heidi, »können wir nun unseren Rundgang machen.«
Weeks folgte Heidi mit zwei seiner Offiziere die Treppe zur Plattform im inneren Schacht hinunter. Pitt und Gunn drehten sich um und schlenderten langsam zum Kontrollraum.
»Warum all das Getue für einen Kerl, der uns rausschmeißt?«
fragte Gunn gereizt.
»Ich habe ihm zehn Stunden abgeluchst«, sagte Pitt mit leiser Stimme. »Und ich werde um jede Minute kämpfen, um die Arbeiten im Wrack fortsetzen zu können.«
Gunn blieb stehen und blickte ihn an. »Willst du damit sagen, daß du das Unternehmen nicht aufgibst?«
»Was denn sonst?« erwiderte Pitt allen Ernstes.
»Du bist verrückt.« Gunn schüttelte den Kopf. »Wir brauchen mindestens zwei Tage, um bis in Shields Kabine durchzustoßen.
So lange kannst du es unmöglich hinauszögern.«
Pitt lächelte verschmitzt. »Vielleicht nicht, aber ich werde es versuchen.«
Durch den schweren Schleier des Schlafes hindurch fühlte Moon, wie jemand ihn wachrüttelte. Seit die
Ocean Venturer
über der
Empress of Ireland
geankert hatte, war er rund um die Uhr in seinem Büro geblieben. Normale Schlafzeiten wurden nicht mehr eingehalten, und nur gelegentlich nickte er kurz auf seinem Stuhl ein. Als er endlich die Augen öffnete, blickte er in das grimmige Gesicht des Nachrichtenabteilungsleiters des Weißen Hauses.
Er gähnte und setzte sich auf. »Was ist los?«
Der Abteilungsleiter reichte ihm ein Stück Papier. »Lesen Sie das, und weinen Sie.«
Moon las den Text durch. Dann blickte er auf. »Wo ist der Präsident?«
»Er spricht draußen im Rosengarten zu einer Gruppe von mexikanisch-amerikanischen Arbeiterführern.«
Moon schlüpfte in seine Schuhe, rannte in die Halle hinunter, zog sich unterwegs den Mantel an und richtete seine Krawatte.
Der Präsident hatte gerade seinen Besuchern die Hände geschüttelt und war auf dem Wege ins Ovale Büro, als Moon ihn einholte.
»Schon wieder schlechte Nachrichten?« fragte der Präsident.
Moon nickte und zeigte auf das Blatt Papier. »Die letzte Meldung von Pitt.«
»Lesen Sie sie mir vor, während Sie mich in mein Büro begleiten.«
»Er meldet: ›Wurde von der kanadischen Marine vom St.
Lawrence verwiesen. Erhielt eine Gnadenfrist von zehn Stunden, um Koffer zu packen. Der Zerstörer wartet…!‹«
»Ist das alles?«
»Nein, Sir.«
»Dann lesen Sie weiter.«
Moon fuhr fort: »›Beabsichtige, Ausweisungsbefehl nicht zu befolgen. Bergungsarbeiten werden fortgesetzt. Treffen Vorbereitungen, Enterer zurückzuweisen. Pitt.‹«
Der Präsident blieb stehen. »Was war das?«
»Wie bitte, Sir?«
»Der letzte Teil, lesen Sie das noch einmal.«
»Treffen Vorbereitungen, Enterer zurückzuweisen«
Der Präsident schüttelte verwundert den Kopf. »Großer Gott, der Befehl, Enterer zurückzuweisen, wurde seit über hundert Jahren nicht mehr erteilt.«
»Soweit ich Pitt kenne, meint er es ernst.«
Der Präsident blickte nachdenklich drein.
»Die Engländer und Kanadier haben uns also die Tür vor der Nase zugeschlagen!«
»So sieht es leider aus«, sagte Moon. »Soll ich Verbindung aufnehmen und Pitt befehlen, die Bergungsarbeiten abzubrechen? Jede andere Handlungsweise könnte militärische Auswirkungen nach sich ziehen.«
»Wir bewegen uns zwar auf Messers Schneide,
Weitere Kostenlose Bücher