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Um Haaresbreite

Um Haaresbreite

Titel: Um Haaresbreite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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auf den Fahrer ein. Der Mann hinter der Windschutzscheibe trug eine Taucherbrille, aber Shaw erkannte die flache Nase, das kalte, harte Gesicht.
    Es war Foss Gly.
    Shaw starrte fasziniert, als das Gleitboot einen langen Bogen um die drei Schiffe beschrieb, hie und da aus dem Wasser hüpfte, die Schrauben sehen ließ, dann wieder hart auf die Wellen aufschlug.
    Es war schwierig, die Bewegungen des springenden Bootes zu verfolgen. Aber dann sah Shaw es ganz deutlich, als es plötzlich den Kurs wechselte und das Cockpit in seinem Blickwinkel lag.
    Gly hielt das Steuer mit der rechten Hand, während die linke einen kleinen Kasten umspannte.
    Ein dünner Stiel glitzerte in der Sonne, der nur eine Antenne sein konnte.
    »Nein!« brüllte er in den Wind, als er die Absicht Glys erkannte. »Nein, du verdammtes Schwein, nein!«
    Plötzlich wurde die Morgenstille von einem rollenden Donner unterbrochen, der von weit her zu kommen schien, dann mit entsetzlicher Schnelle aufstieg, riesige Mengen Wasser emporschleuderte, die
Ocean Venturer
in eine zischende Dampfwolke hüllte, als die Sprengladungen im Bug der
Empress
explodierten.
    Das Forschungsschiff schien sich über das Wasser zu erheben, hing Sekunden in der Luft, fiel auf die Steuerbordseite zurück, tiefer und tiefer, bis es unter der aufspritzenden Wasserflut versank. Selbst an der Küste spürte man die Gewalt der Explosion. Shaw rückte den Dreifuß des Fernrohrs wieder zurecht und starrte benommen über das Wasser.
    Die aufsprühende Wolke breitete sich weiter über die Masten der
Huron
und der
Phoenix
aus, ergoß sich dann wie ein Sturzbach über die Oberbauten der beiden Schiffe. Auf den Decks stand kein einziger Mann mehr. Sie lagen alle flach am Boden oder waren von der Springflut über Bord geschwemmt worden.
    Als Shaw das Fernrohr wieder auf Gly richtete, raste das Gleitboot flußabwärts, Quebec zu.
    Grimmigen Gesichts, wütend über seine Hilflosigkeit, blickte Shaw verzweifelt dem am Horizont verschwindenden Punkt nach, als Gly abermals unbehelligt davonkam. Er wandte sich wieder der
Ocean Venturer
zu.
    Kein Lebenszeichen war zu sehen. Das Heck hing beängstigend tief, der Rumpf war stark zur Steuerbordseite geneigt. Der große Kran schwankte bedenklich, drehte sich, hing einen Augenblick in der Luft, kippte dann krachend über die Seite, hinterließ einen unglaublichen Haufen von Trümmern und Kabeltauen auf den Decks. Wie viele Menschen mochten darunter oder im Schiffsinneren umgekommen sein?
    Shaw konnte den Anblick nicht länger ertragen. Er nahm das Fernrohr und ging schweren Schrittes landeinwärts, während das tiefe Donnern der Explosion ihm immer noch in den Ohren dröhnte.
57
    Aus einem unerklärlichen Grund war die
Ocean Venturer
nicht untergegangen.
    Vielleicht hatte der doppelwandige Rumpf, der Fahrten durch schweres Treibeis ermöglichte, das Schiff gerettet. Viele der äußeren Verkleidungsplatten waren eingedrückt, die Schweißstellen aufgebrochen, der Kiel war verbogen. Aber das Schiff hatte überlebt.
    Pitt hatte den Derrick über Bord gehen sehen. Er stand benommen am eingeschlagenen Fenster des Kontrollraums, hielt sich am Türrahmen fest, und dann bewegte er sich taumelnd auf Hokers Instrumentenpult zu, hielt sich mit Mühe im Gleichgewicht. Das Deck lag in einem Winkel von dreißig Grad.
    Sein erster Gedanke galt der bösen Ahnung, daß das Schiff tödlich getroffen war. Gleich darauf fiel ihm mit Entsetzen ein, was die Explosion den Tauchern im Wrack angetan haben mußte. Er kämpfte gegen den Nebel und den dumpfen Schmerz in seinem Kopf an, bis er wieder klar denken konnte. Er überlegte sich Schritt für Schritt, was zu tun war. Dann machte er sich an die Arbeit.
    Zuerst griff er nach dem Telefon und rief den Chefmaschinisten an. Fast eine Minute verging, und dann meldete sich eine schwache Stimme. »Maschinenraum.«
    »Metz, sind Sie es?«
    »Sie müssen lauter sprechen, ich höre nichts.«
    Es dämmerte Pitt, daß das Dröhnen der Explosion den Männern im Schiffsinneren die Ohren betäubt haben mußte. Er brüllte in die Sprechmuschel.
    »Metz, hie r ist Pitt!«
    »Okay, das ist schon besser«, antwortete Metz mit eintöniger Stimme. »Was, zum Teufel, ist eigentlich los?«
    »Ich kann nur vermuten, daß es eine Explosion von unten war.«
    »Verdammt, ich dachte schon, die Kanadier hätten einen Torpedo auf uns abgeschossen.«
    »Berichten Sie über den Schaden.«
    »Hier unten ist es wie in einem Duschbad. Von überall strömt

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