Um Haaresbreite
Albatross-Jet in die Vereinigten Staaten geflogen war, vergingen Stunden bei einer fruchtlosen Suche im Raum zwischen Quebec und Ottawa. Erst als eine Concorde der Air France meldete, südlich von Bermuda ein Flugzeug in einer Höhe von über 16 000 Meter gesichtet zu haben (Villons Albatross war für eine Höhe von 2400 Meter zugelassen), begann man eine Verbindung herzustellen. U.S.-Marinejets wurden vom Flugzeugträger
Kitty Hawk
in der Nähe von Kuba zum Einsatz gebracht. Leutnant Arthur Hancock sichtete als erster die Albatross und meldete, einen reglosen Mann am Steuer gesehen zu haben. Er folgte dem Flugzeug, sah es schließlich in einer Spiralwendung heruntergehen und ins Meer stürzen. »Über die Ursachen des Absturzes ist uns nichts Genaues bekannt«, äußerte Ian Stone, ein Sprecher der kanadischen Flugbehörde. »Es kann nur vermutet werden, daß Madame Sarveux und Mr. Villon infolge Sauerstoffmangels das Bewußtsein verloren, und daß das auf automatische Steuerung eingestellte Flugzeug auf über 3000 Meilen vom Kurs abgekommen war und, als der Treibstoff verbraucht war, abstürzte.« Die Suche nach dem Wrack verlief ergebnislos.
Premierminister Charles Sarveux blieb während der Tragödie in strikter Zurückgezogenheit und gab keine Erklärung ab.
79
Ein früher Morgennebel lag über dem Hudson Valley und beschränkte die Sicht auf fünfzig Meter. Auf der dem Eingang zum Steinbruch gegenüberliegenden Hügelseite hatte Pitt seinen Kommandoposten in einem Wohnwagen eingerichtet, den er sich von einem Obstfarmer in der Nähe ausgeliehen hatte.
Komischerweise kannten weder er noch Shaw den genauen Standort des anderen, obgleich nur eine Meile dichtbewaldeten Hügellandes sie voneinander trennte.
Pitt fühlte sich benommen von zu viel Kaffee und zu wenig Schlaf. Er sehnte sich nach einem herzhaften Schluck Schnaps, aber er wußte, daß es ein Fehler sein würde. So einladend es ihm auch erschien, mußte er befürchten, daß die Wirkung sein klares Denken beeinträchtigen könnte, und das konnte er sich gerade jetzt auf keinen Fall leisten.
Er stand in der Tür des Wohnwagens und sah Nicholas Riley und dem Taucherteam der
De Soto
beim Ausladen ihres Materials zu, während Glen Chase und Al Giordino über einem schweren Eisengitter hockten, das in einen Felshang des Hügels eingebettet war. Es knallte, als sie einen Azetylenbrenner anzündeten, und Funken sprühten auf, als die blaue Flamme in das rostige Metall drang.
»Ich kann nicht garantieren, daß die Öffnung hinter dem Gitter der Fluchtschacht ist«, sagte Jery Lubin. »Aber es ist unsere beste Chance.«
Lubin war einige Stunden vorher aus Washington angekommen, und Admiral Sandecker hatte ihn gebracht. Er war Minenexperte bei der
Federal Resources Agency
, ein kleiner, humorvoller Mann mit einer Pfandleihernase und Bluthundaugen.
Pitt trat zu ihm. »Wir fanden es genau da, wo Sie es angegeben haben.«
»Kein Wunder«, sagte Lubin. »Jeder Bergwerksingenieur hätte das erraten können.«
»Jemand hat sich viel Arbeit gemacht, um den Schacht unzugänglich zu machen«, sagte Sandecker.
»Das war der Farmer, dem früher das Land gehörte.« Es war Heidi, die weiter oberhalb auf einer Kiste hockte.
»Wie haben Sie das erfahren?« fragte Lubin.
»Von einer freundlichen Chefredakteurin, die das Bett ihres Liebhabers verließ und mir die Archive der Ortszeitung öffnete.
Die Geschichte ist etwa dreißig Jahre alt. Drei Scuba-Taucher ertranken im Schacht. Zwei der Leichen wurden nie gefunden.
Der Farmer vergitterte darauf den Eingang, um weitere Unfälle zu verhüten.«
»Hast du irgend etwas über den Erdrutsch gefunden?« fragte Pitt.
»Die Suche war vergeblich. Alle Archive von vor neunzehnhundertsechsundvierzig wurden bei einem Brand zerstört.«
Sandecker zupfte sich nachdenklich den roten Bart. »Ich frage mich, wie weit diese armen Kerle kamen, bevor sie ertranken.«
»Wahrscheinlich gelangten sie bis in den Steinbruch und hatten nicht mehr genug Luft für den Rückweg«, vermutete Pitt.
Heidi sprach das aus, woran plötzlich alle dachten. »Dann müssen sie gesehen haben, was da unten ist.«
Sandecker blickte Pitt besorgt an. »Ich möchte nicht, daß Sie den gleichen Fehler machen.«
»Die Leute waren bestimmt untrainierte und schlecht ausgerüstete Wochenendtaucher.«
»Es wäre mir wohler, wenn es einen leichteren Weg gäbe.«
»Der Luftschacht ist eine Möglichkeit«, sagte Lubin.
»Natürlich!« rief Sandecker aus.
Weitere Kostenlose Bücher