Um Haaresbreite
zerschmetterte Villons Schlüsselbein und ging dann durch die Windschutzscheibe.
Danielle stieß einen Schrei aus, und dann schluchzte sie hemmungslos in panischem Schrecken.
Der Wagen kam zu einem sanften Halt im nassen Gras neben der Straße. Villon ließ das Steuer los, warf den Kopf zurück, umklammerte die offene Wunde, biß mit schmerzverzerrtem Gesicht die Zähne zusammen.
Gly stieg aus und öffnete die Fahrertür. Er stieß Villon roh zu Danielle und setzte sich ans Steuer.
»Jetzt fahre ich«, zischte er. Er hielt Villon die Pistole in die Achselhöhle. »Mach keine Mätzchen.«
Es schien Danielle, als sei Villons halbe Schulter weggeschossen. Sie wandte sich ab und erbrach sich.
Gly machte eine Kehrtwendung und fuhr auf die Straße zurück. Achthundert Meter weiter erschien eine riesige, gelb angestrichene Schürfraupe im Scheinwerferlicht. Daneben eine drei Meter tiefe und fünf Meter breite Grube. Ein hoher Erdhaufen lag auf der gegenüberliegenden Seite. Als Gly an den Rand der Grube fuhr, sah Danielle ein großes Betonrohr, das sich über den Grund des Grabens erstreckte.
Sie kamen an einer Reihe von Lastwagen und Planiermaschinen vorbei. Das Ingenieurbüro, ein fast schrottreifer umgebauter Wohnwagen, stand dunkel und verlassen da. Die Arbeiter waren längst für die Nacht heimgekehrt.
Gly hielt an einer Stelle, wo die neue Kanalisationsleitung bereits zugedeckt war. Er schätzte zuerst den Neigungswinkel zum Rohr im Graben ab, gab Gas und fuhr den Mercedes hinunter.
Die vordere Stoßstange prallte an den Beton, und ein paar Funken sprühten auf. Das Wagenheck rutschte seitlich über die Rohrrundung, und jetzt strahlte das Scheinwerferlicht in einem leichten Winkel nach oben.
Gly zog zwei Paar Handschellen aus seiner Manteltasche. Mit der einen schloß er Villons linke Hand an die Lenksäule. Mit der anderen wiederholte er die gleiche Prozedur mit Danielle.
»Was tun Sie?« fragte Danielle heiser flüsternd.
Er schaute sie an. Ihr schönes schwarzes Haar war durcheinander, das Gesicht von der blutigen Schnittwunde entstellt. Die Augen waren die eines vor Schreck gelähmten Rehs.
Er grinste höhnisch. »Ich sorge nur dafür, daß ihr beiden Turteltauben die Ewigkeit miteinander verbringt.«
»Hat doch keinen Sinn, sie zu ermorden«, brachte Villon stöhnend hervor. »Um Himmels willen, lassen Sie sie frei.«
»Tut mir leid«, sagte Gly gefühllos. »Sie gehört zum Geschäft.«
»Welches Geschäft?«
Keine Antwort. Gly schlug die Tür zu und kletterte den Hang hinauf. Als er oben war, verschwand er in der Finsternis. Einige Minuten später hörten sie das Anspringen eines schweren Dieselmotors.
Das Geräusch näherte sich, der Motor schien schwer zu arbeiten. Das kehlige Dröhnen war jetzt ganz nahe, und dann schob sich eine riesige silbrige Schaufel über den Grabenrand, kippte und schleuderte dreieinhalb Kubikmeter Erde und Schlamm auf das Dach des Wagens.
Danielle schrie auf.
»Oh, heilige Mutter Gottes
… er
wird uns lebend begraben… o nein, bitte, nein!«
Gly ignorierte das klägliche Flehen, ließ die Ladeschaufel zurückschwingen, setzte zur nächsten Fuhre an. Er kannte jeden Hebel und wußte genau, wie man sich ihrer bediente.
Zwei Nächte lang hatte er geübt und einige Stellen des Grabens so fachmännisch zugedeckt, daß das Erdarbeiterteam nichts gemerkt hatte.
Danielle zerrte verzweifelt an der Kette ihrer Handschellen.
Ihre Handgelenke waren blutig und zerschunden.
»Henri!« Ihr Schrei war jetzt nur noch ein röchelndes Wimmern. »Laß mich nicht so sterben, bitte nicht.«
Villon schien sie nicht zu hören. Für ihn war das Ende näher.
Er wußte, daß ihm nur noch Sekunden blieben, bis er sich zu Tode geblutet hatte.
»Seltsam«, flüsterte er. »Seltsam, daß ich der letzte Mann bin, der für die Freiheit von Quebec stirbt. Wer hätte das je geglaubt…» Seine Stimme erstarb.
Der Wagen war fast vollständig bedeckt. Man sah nur noch die zerschlagene Windschutzscheibe, den Mercedesstern auf der Kühlerhaube und einen Scheinwerfer.
Eine Gestalt trat an den Rand des Grabens und stellte sich in das Licht. Es war nicht Foss Gly, sondern ein anderer Mann. Er blickte hinunter, das Gesicht von Gram verzerrt, und Tränen glitzerten auf seinen Wangen.
Einen kurzen Augenblick lang starrte Danielle ihn mit Entsetzen an. Sie wurde leichenblaß.
Sie hob die Hand in einer flehenden Geste an die Scheibe, und dann spiegelte sich langsam Verständnis in ihren Augen,
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