Um Haaresbreite
sich vor. »Würde es Sie sehr stören, einen Gegner zu haben?«
»Nicht im geringsten«, sagte Murphy mit ansteckendem Lächeln. »Besser als allein zu spielen, es sei denn, sie machen mich zur Schnecke.«
»Das dürfte mir kaum möglich sein.«
»Spielen Sie viel Racquetball?«
»Eigentlich spiele ich eher Squash.«
»Das hatte ich bei Ihrem britischen Akzent bereits angenommen.« Murphy wies auf einen Stuhl. »Trinken Sie etwas. Wir haben noch viel Zeit, bis der Platz frei ist.«
Burton-Angus nahm gern die Gelegenheit wahr, sich ein bißchen zu entspannen, und er bestellte einen Gin. »Hübsche Landschaft. Der Kanal erinnert mich an einen in meiner Heimat in Devon.«
»Fließt durch Georgetown und in den Potomac«, erklärte Murphy in bester Fremdenführerart. »Wenn er im Winter zugefroren ist, benutzen ihn die Einwohner zum Schlittschuhlaufen und Eisfischen.«
»Arbeiten Sie in Washington?« fragte Burton-Angus.
»Ja, ich bin der Historiker des Senats. Und Sie?«
»Adjutant des Marineattachés bei der Britischen Gesandschaft.«
Murphys Gesicht nahm einen abwesenden Ausdruck an, und es schien Burton-Angus, als ob der Amerikaner durch ihn hindurch starrte.
»Stimmt etwas nicht?«
Murphy schüttelte den Kopf. »Ach bewahre. Aber da Sie Engländer und bei der Marine sind, erinnerte ich mich plötzlich an eine junge Frau im Rang eines Korvettenkapitäns der amerikanischen Marine, die vor kurzem zu mir kam und Näheres über einen zwischen unseren beiden Ländern abgeschlossenen Vertrag wissen möchte.«
»Wahrscheinlich ein Handelsabkommen.«
»Das weiß ich nicht. Das seltsame ist nur, daß außer einem alten Foto nichts darüber in den Archiven des Senats vorhanden ist.«
»Ein Foto?«
»Ja, mit einer Notiz über einen Nordamerikanischen Vertrag.«
»Ich kann gerne jemanden bei der Gesandtschaft beauftragen, der Sache in den Akten nachzugehen.«
»Machen Sie sich bitte nicht die Mühe. So wichtig ist es nicht.«
»Es macht mir durchaus keine Mühe«, erbot sich Burton-Angus. »Haben Sie ein Datum?«
»Um den zwanzigsten Mai herum, im Jahre neunzehnhundertvierzehn.«
»Alte Geschichte.«
»Wahrscheinlich nur ein Vertragsentwurf, der dann abgelehnt wurde.«
»Ich werde trotzdem mal nachsehen« sagte Burton-Angus, als sein Drink kam. Er hob das Glas. »Auf Ihr Wohl.«
Alexander Moffat saß an seinem Schreibtisch in der Britischen Gesandtschaft auf der Massachusetts Avenue. Nach Erscheinung und Benehmen war er ein typischer Regierungsbeamter. Kurzes Haar mit makellos gezogenem linkem Scheitel, kerzengerade Haltung, korrekt und präzise in Rede und Gesten… kurz, er schien aus der gleichen Form gegossen zu sein wie Tausende seiner Kollegen aus dem Foreign Office. Nichts lag auf der polierten Schreibtischplatte herum, außer seinen gefalteten Händen. »Tut mir furchtbar leid, Herr Leutnant, aber ich finde nichts in unseren Akten, was sich irge ndwie auf einen englischamerikanischen Vertrag im Mai neunzehnhundertvierzehn bezieht.«
»Höchst seltsam«, sagte Burton-Angus. »Der Amerikaner, der mir die Information gab, schien sich ziemlich sicher, daß ein solcher Vertrag entweder existierte oder zumindest im Verhandlungsstadium war.«
»Hat sich wahrscheinlich im Jahr geirrt.«
»Das glaube ich nicht. Er ist der Historiker des Senats. Nicht jemand, der Daten und Fakten durcheinanderbringt.«
»Möchten Sie die Sache weiterverfolgen?« fragte Moffat in amtlichem Ton.
Burton-Angus legte nachdenklich die Hände aneinander. »Es könnte sich lohnen, beim Foreign Office in London nachzufragen, um den Nebel zu lüften.«
Moffat zuckte verächtlich die Schultern. »Ein vager Hinweis auf ein fragliches Ereignis, das sich vor einem Dreivierteljahrhundert abgespielt haben soll, könnte für die Gegenwart doch kaum von Bedeutung sein.«
»Vielleicht nicht. Aber ich habe es dem Mann nun mal versprochen. Soll ich ein schriftliches Gesuch für eine Nachforschung einreichen?«
»Nicht nötig. Ich werde einen alten Schulkameraden anrufen, der für die Archive verantwortlich ist, und ihn bitten, sich die alten Berichte anzusehen. Er ist mir eine Gefälligkeit schuldig.
Bis morgen sollten wir eine Antwort haben. Aber seien Sie nicht enttäuscht, wenn nichts dabei herauskommt.«
»Macht nichts«, sagte Burton-Angus. »Andererseits kann man jedoch nie wissen, was nicht alles in den Archiven des Foreign Office begraben liegt.«
13
Peter Beaseley kannte sich besser als irgend jemand sonst im Foreign Office
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