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Um Haaresbreite

Um Haaresbreite

Titel: Um Haaresbreite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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geschehen.«
    »Wieso?«
    »Sobald es sich herumgesprochen hat, daß ich gesehen wurde, als ich einen Matrosen küßte, ist es aus mit mir.«
    »Du Clown.« Sie zog seinen Kopf zu sich herunter und küßte ihn lange und hart. Endlich ließ sie ihn los und hielt mit Mühe die Tränen zurück. »Lebewohl, Dirk Pitt.«
    »Lebewohl, Heidi Milligan.«
    Sie nahm ihre Sachen und ging zur Einstiegrampe. Dann blieb sie stehen, schien sich plötzlich an etwas zu erinnern, kam noch einmal zurück. Sie kramte in ihrer Handtasche, zog einen Umschlag heraus, legte ihn in seine Hand.
    »Höre! Lies dir diese Papiere durch«, sagte sie hastig. »Sie erklären, was mich abgelenkt hat. Und… Dirk… es könnte etwas sein. Etwas sehr Wichtiges. Schau, was du davon denkst. Wenn du glaubst, daß es sich lohnt, der Sache nachzugehen, rufe mich in San Diego an.«
    Bevor Pitt antworten konnte, hatte sie sich umgedreht und war verschwunden.
15
    Man sagt, es gäbe keinen idyllischeren Ort, um die Ewigkeit abzuwarten, als einen englischen Dorffriedhof. In zeitloser Ruhe um die Kirche geschart, stehen die Grabsteine moosbewachsen und stumm, und die eingravierten Namen und Daten sind meist verwaschen und kaum noch lesbar.
    In dem abgelegenen Dörfchen Manuden, nicht sehr weit von London entfernt, rief eine einsame Glocke zum Begräbnis. Es war ein kalter, aber schöner Tag, und die Sonne schien durch eine Masse perlgrauer Wolken.
    Fünfzig bis sechzig Menschen standen um einen mit einer Flagge bedeckten Sarg, während der Ortspfarrer die Totenrede hielt.
    Eine königlich aussehende Frau von Anfang Sechzig hörte nichts davon. Ihre ganze Aufmerksamkeit galt einem Mann, der einige Schritte von den Trauernden entfernt ganz allein stand.
    Er muß Sechsundsechzig sein, sagte sie sich. Sein schwarzes, nachlässig gekämmtes Haar war von grauen Strähnen durchsetzt und trat auf der Stirn zurück. Das Gesicht war immer noch schön, aber der unbarmherzige Blick war weicher geworden.
    Mit einem leichten Anflug von Neid bemerkte sie, daß er sich seine schlanke und fesche Figur erhalten hatte, während sie zur Fülle neigte. Seine Augen waren auf den Kirchtur m gerichtet, seine Gedanken schienen in der Ferne zu sein.
    Erst nachdem der Sarg ins Grab gesenkt und die Menge auseinandergegangen war, trat er ein paar Schritte vor und starrte in die Grube wie in ein Fenster zur Vergangenheit.
    »Du hast die Jahre gut überstanden«, sagte sie, als sie hinter ihn trat.
    Er drehte sich um und wurde erst jetzt ihrer Gegenwart gewahr. Dann blickte er sie mit jenem einnehmenden Lächeln an, das sie so gut kannte, und küßte sie auf die Wange.
    »Unglaublich, du siehst noch sinnlicher aus, als ich dich in Erinnerung hatte.«
    »Du hast dich nicht geändert.« Sie lachte, fuhr sich befangen mit der Hand über das graue Haar. »Immer noch der gleiche alte Schmeichler.«
    »Wie lange ist es her?«
    »Du hast den Dienst vor fünfundzwanzig Jahren quittiert.«
    »Mein Gott, mir scheinen es zwei Jahrhunderte zu sein.«
    »Dein Name ist jetzt Brian Shaw.«
    »Ja.« Shaw nickte dem Sarg zu. »Er bestand darauf, daß ich eine neue Identität annahm, als ich in den Ruhestand trat.«
    »Eine weise Vorsichtsmaßnahme. Du hattest mehr Feinde als der Hunnenkönig Attila. Der SMERSH-Agent, der dich ermordet hätte, wäre ein sowjetischer Nationalheld geworden.«
    »Darum brauche ich mich nicht mehr zu sorgen.« Er lächelte.
    »Ich bezweifle, daß meine alten Gegner noch am Leben sind.
    Außerdem habe ich schon lange ausgespielt. Mein Kopf ist keinen Liter Benzin mehr wert.«
    »Du hast nie geheiratet.« Es war eine Feststellung und keine Frage.
    Er schüttelte den Kopf. »Nur kurz, aber sie wurde umgebracht.
    Du erinnerst dich doch noch.«
    Sie errötete leicht. »Ich hatte es wohl nie richtig akzeptiert, daß du eine Frau hattest.«
    »Und du?«
    »Ein Jahr nach deinem Ausscheiden. Mein Mann arbeitete in der Abteilung für Geheimschriftanalyse. Sein Name ist Graham Huston. Wir leben in London und kommen ganz gut mit unserer Pension und den Einkünften unseres Antiquitätenladens aus.«
    »Es ist nicht mehr wie in den alten Zeiten.«
    »Lebst du immer noch in Westindien?«
    »Es wurde dort ziemlich ungesund, und so kehrte ich heim. Ich habe mir eine kleine Farm auf der Insel Wight gekauft.«
    »Als Gentleman-Farmer kann ich mir dich nicht vorstellen.«
    »Und ich mir dich nicht als Antiquitätenhändlerin.«
    Die Totengräber kamen aus dem Pub von der Straße gegenüber und nahmen

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