Um Leben und Tod - Ennigkeit, O: Um Leben und Tod
festgenommenen Bekannten Gäfgens eintrafen, die verhört werden mussten.
Zwei Kollegen stellten unterdessen noch in der Tiefgarage Magnus Gäfgens Oberbekleidung sicher, wie auch sein Handy und seinen Geldbeutel. Anschließend zogen sie ihm einen weißen sogenannten Einweg-Overall an.
Zusammen mit dem Sanitäter und der Ärztin wurde Gäfgen in die Flughafenklinik gefahren und dort vorsichtshalber wegen Kreislaufproblemen behandelt, obwohl auch der Klinikarzt keine akute Erkrankung feststellen konnte.
Währenddessen wartete Marianne K. in einer zwei mal zwei Meter kleinen Einzelzelle im Präsidium. Ihre Kleidung war ebenfalls schon am Parkplatz ausgewechselt worden, um eventuell vorhandene Spuren nicht zu vernichten. Sie wurde später zur Analyse und Spurensicherung weitergeleitet. Bis zu diesem Zeitpunkt behauptete Marianne K., nicht zu wissen, um was es ginge, und fragte, von welchem Jungen die Rede sei und was denn passiert sei.
Wir glaubten ihr nicht.
Hans-Joachim Wölfel spazierte durch den hinter der Villa gelegenen Park, wie er es in der vorigen Nacht mit Jakobs Vater gemacht hatte. Gegen 2.00 Uhr hatten sie erfahren, dass Magnus Gäfgen das Lösegeld abgeholt hatte.
Friedrich von Metzler hatte Hans-Joachim Wölfel erzählt, dass Elena ihm ihren Verdacht mitgeteilt, er ihr aber abgeraten hatte, Verdächtigungen ohne Beweise, pure gefühlsmäßige Anschuldigungen, zu wichtig zu nehmen.
In diesen schweren Stunden brachte Friedrich von Metzler die Kraft auf, sich nach Wölfels Familie zu erkundigen, so dass dieser immer das Gefühl hatte, willkommen zu sein und dass seine Anwesenheit nicht als Belastung empfunden wurde. Sie hatten sich viel unterhalten. Am Vortag hatte die Familie, als sie alle beim Abendbrot in der Küche saßen, noch darüber gesprochen, nach Jakobs Freilassung alle Polizisten einzuladen.
Ein Moment der Hoffnung, Jakob nach der Geldübergabe in die Arme schließen zu können, ein Blick in die Zukunft. Nachdem Gäfgen als Abholer ausgemacht war, verdunkelte sich der letzte Hoffnungsschimmer. Die Eltern begannen zu resignieren. Dann dieser Satz, der Hans-Joachim Wölfel erstarren ließ.
»Eigentlich glaube ich nicht mehr, dass mein Sohn noch lebt.«
Wölfel widersprach: »So etwas darf man nicht denken und erst recht nicht sagen. Solange das Gegenteil nicht bewiesen ist, lebt Jakob.«
Hans-Joachim Wölfel drehte um. Gäfgen müsste schon festgenommen sein. Es konnte sich nur noch um Minuten handeln, bis die Eltern ihren kleinen Sohn endlich wiedersahen. »Wegen einer Million bringt man kein Kind um!«, hatte er ihnen gesagt. Hoffentlich sollte er Recht behalten.
Gegen 18.15 Uhr wurde Magnus Gäfgen dem Kriminalbeamten Bernd Mohn vorgeführt.
»Sie sind der Täterschaft bzw. Mittäterschaft des erpresserischen Menschenraubes zum Nachteil des elfjährigen Kindes Jakob von Metzler dringend verdächtig. Nach § 136 Abs. 1 der Strafprozessordnung steht es Ihnen frei, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor Ihrer Vernehmung, einen von Ihnen zu wählenden Verteidiger zu befragen. Sie können zu Ihrer Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen. Nach § 136 Abs. 2 StPO soll die Vernehmung Ihnen Gelegenheit geben, die gegen Sie vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu Ihren Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.« Gäfgen zeigte sich unruhig und wiederholte permanent, dass seine Freundin Marianne nichts mit der Geldabholung zu tun hätte. Daraufhin wurde ihm ihre Freilassung im Falle ihrer Unschuld versichert.
Diese Nachricht beruhigte ihn. Bernd fragte ihn noch einmal, wieso er nachts das Geld abgeholt hatte.
»Wie ich schon Ihrem Kollegen bei meiner Festnahme mitgeteilt hatte, wurde ich gestern Abend von einem unbekannten Mann angesprochen und gefragt, ob ich Geld verdienen möchte. Da ich Geld immer gut gebrauchen kann, habe ich mit: Ja, immer!, geantwortet.« Gäfgen blieb trotz weiteren Nachhakens bei dieser Version.
»Können Sie etwas zum Verbleib des Kindes sagen?«
»Ich weiß nichts von einem entführten Kind, aber wenn ich dazu beitragen könnte, das Kind aufzufinden, würde ich alles dafür tun.« Mit sanfter Stimme biederte er sich an.
Um Gäfgens Vertrauen zu gewinnen, hatte der Polizist zu Beginn angeordnet, den Gefangenen ungefesselt zu lassen. Er durfte auch nach Belieben Essen und Getränke zu sich nehmen. Im Laufe der Vernehmung gewann Bernd Mohn den Eindruck, dass Gäfgen dieses
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