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Um Leben und Tod - Ennigkeit, O: Um Leben und Tod

Um Leben und Tod - Ennigkeit, O: Um Leben und Tod

Titel: Um Leben und Tod - Ennigkeit, O: Um Leben und Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ortwin;Höhn Ennigkeit
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um die Familie und ihre Privatsphäre zu schützen.
    Jakobs Vater teilte uns in einem Telefonat seine Sorge mit, dass mögliche Mittäter Gäfgens durch den Medienrummel beunruhigt werden und seinem Sohn Leid zufügen könnten. Wir konnten das Medienchaos nicht verhindern, nur das Anwesen abriegeln und gegen zu aufdringliche Journalisten vorgehen.
    Infolge der Veröffentlichung kamen viele Hinweise aus der Bevölkerung, ein ganzes Mitarbeiterteam ging ihnen nach. Doch wie so häufig handelte es sich um Fehlalarme: Katzengeschrei wurde mit Kinderweinen verwechselt, zwielichtige Gestalten als Entführer eingeschätzt. Trotzdem durfte kein Anruf unbeachtet gelassen werden, da wir uns nie sicher sein konnten, ob er nicht doch eine Spur bedeutete.
    Die Befragungen der zehn Personen aus Gäfgens Bekanntenkreis erbrachten keinerlei Neuigkeiten über Jakobs Aufenthaltsort, die Wohnungsdurchsuchungen wurden abgeschlossen. Wir waren davon überzeugt, dass sie die Wahrheit gesagt hatten und nicht in die Entführung verwickelt waren.
    Erschüttert hatte uns jedoch, dass die jungen Menschen, die sich seit Jahren kannten, fast nichts voneinander wussten, sich im Grunde völlig fremd und gleichgültig waren. Es ging in deren »Freundschaften« nicht um das Kennenlernen des einzelnen Menschen, um Nähe, Verständnis und ein Sich-Mögen. Es drehte sich alles um oberflächliche gemeinsame Vergnügungen und das Zurschaustellen von Besitz und Statussymbolen. Keiner von ihnen wusste, wer Magnus Gäfgen wirklich war.
    Im Sommer nach dem Abitur habe Konstantin [Name geändert] ihn nach Ibiza eingeladen, wo dessen Vater »ziemlich dekadent lebt«. Dort habe er erst gesehen, »das war ’ne ganz andere Welt«. Es habe sich um riesige Villen gehandelt, man habe dort eine Yacht besessen und das Geld derart ausgegeben, dass klar gewesen sei, dass für diese Leute Geld keine Rolle spielte. Er sei mit diesen Menschen nicht nur deshalb gerne zusammen gewesen, weil die viel Geld gehabt hätten. Sie seien insgesamt ganz anders als seine bisherigen Freunde gewesen. Er habe mit denen eine sehr lange Freundschaft aufbauen wollen. Es sei eben eine Welt gewesen, die er ganz toll gefunden habe und zu der er unbedingt habe gehören wollen.
    Ob die anderen gewusst hätten, dass er nicht aus einem vermögenden Elternhaus komme:
    Das hätten sie schon gewusst, aber er habe ansonsten wenig von sich erzählt. Im Laufe der Zeit sei es dann dazu gekommen, dass er sich eine Art Maske aufgebaut habe. Er habe immer mehr begonnen zu lügen, zu übertreiben und alles besser darzustellen, aus Angst, diese Freunde sonst zu verlieren. Auch bezüglich seines Studiums habe er geprahlt.
    Er habe erzählt, dass er sich einen Mercedes SLK gekauft habe. »Ich wollte da nicht nachstehen, ich wollte nicht hinten runter fallen.«
    (aus dem Vortrag des psychiatrischen Gutachters von Magnus Gäfgen)
    Gäfgens Familie wurde über die Verhaftung und die Vorwürfe gegen ihren Sohn informiert. Die Eltern fielen aus allen Wolken und waren von der Unschuld ihres Sohnes überzeugt. Die Befragung der Eltern brachte kein Licht in die Situation. Am 27. September, dem Tag der Entführung, war Gäfgen dort zum Mittagessen eingeladen gewesen, kam mit leichter Verspätung und zeigte keine Auffälligkeiten, »er war wie immer«. Gegen 15 Uhr verließ er seine Familie. Sie hatten seitdem keinen weiteren Kontakt zu ihm gehabt.
    Die Mutter erklärte sich bereit, um 6.00 Uhr früh des folgenden Tages in das Polizeipräsidium zu kommen. Sie wollte ihrem Sohn ins Gewissen reden, auszusagen, was er wusste.
    Staatsanwalt Koch befragte noch einmal Marianne K. Ihre vorherigen Vernehmungen, das Gespräch mit ihren Eltern und die Hausdurchsuchung hatten Zweifel an ihrer Mitschuld aufkommen lassen. Als Staatsanwalt Koch ihr versicherte, dass die Polizei ihr glauben würde und sie über den bisherigen Tatbestand, die sichere Verwicklung Magnus Gäfgens in die Entführung Jakob von Metzlers, aufklärte, erlitt sie einen hysterischen Anfall und konnte nicht mehr aufhören zu schreien. Daraufhin wurde sie behandelt und beruhigt.
    Wir hatten in der Zwischenzeit eine Informationsflut zu bewältigen, Entscheidungen in dichter Abfolge zu treffen, wir hatten keine Zeit zu essen. Viele meiner Kollegen hatten seit Tagen kaum geschlafen. Familie von Metzler war dabei, die Hoffnung auf die Rettung ihres Sohnes zu verlieren. Und Gäfgen fabulier te.
    Als Bernd Mohn über die Auffindung eines Teils des Lösegeldes und der

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