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Um Leben und Tod - Ennigkeit, O: Um Leben und Tod

Um Leben und Tod - Ennigkeit, O: Um Leben und Tod

Titel: Um Leben und Tod - Ennigkeit, O: Um Leben und Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ortwin;Höhn Ennigkeit
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K. [Name geändert] handelte, eine 16-jährige Schülerin, die seit ein paar Monaten mit Gäfgen liiert war. Unsere Leute hefteten sich an ihre Fersen, im ständigen Wechsel verfolgten sie das Paar.
    Was wir übermittelt bekamen, ließ uns die Haare zu Berge stehen. Sie schlenderten Hand in Hand in der Innenstadt umher, kauften ein, gingen Kaffee trinken, zahlten in verschiedenen Banken Geld ein, buchten eine Reise nach Fuerteventura für die zweite Woche der Herbstferien. Daraufhin fuhren sie nach Aschaffenburg-Goldbach zu einem bekannten Mercedeshändler und machten eine Probefahrt mit einem C-Klasse-Mercedes, den Gäfgen anschließend bestellte und mit 700 Euro aus dem Lösegeld anzahlte.
    Noch von dort orderte er telefonisch bei einem Autoverleih am Frankfurter Flughafen einen Mietwagen derselben Klasse, den sie am Nachmittag abholen wollten. Sie fuhren dann nach Dietzenbach, hielten an einer Eisdiele. Anschließend ging es zurück ins Frankfurter Zentrum. Auf der Frankfurter Zeil besuchten sie einen Friseur.
    Sie machten keinerlei Anstalten, Jakob zu versorgen oder ihn freizulassen. Jakobs Familie litt grausam unter der Ungewissheit und dem bedrückenden Warten, wir hatten nicht den geringsten Trost zu spenden oder einen Ermittlungsfortschritt bekanntzugeben – und die beiden vergnügten sich beim Einkaufen. Wir waren am Verzweifeln.
    Nach kriminalistischer Einschätzung konnte Gäfgens Verhalten ein Zeichen dafür sein, dass der Junge bereits tot war, da Jakob seinen Entführer persönlich kannte. Sollte Gäfgen der Alleintäter sein, durfte das Kind als einziger Tatzeuge nicht überleben. Jakob könnte sich jedoch auch hilflos in einem Versteck befinden oder in der Obhut von Mittätern aufhalten, die unabhängig von Gäfgen agierten.
    Wir mussten davon ausgehen, dass der Junge noch lebte, sich in einer absolut hilflosen Situation befand und schnellstmöglich befreit werden musste. Gäfgen müsste sich noch nicht einmal die Hände schmutzig machen, um den einzigen Zeugen seines Verbrechens zu ermorden: Es genügte, Jakob in seinem Versteck seinem Schicksal zu überlassen, bis er qualvoll verdurstete.
    Nach einer Besprechung des Führungsstabs wurde beschlossen, Gäfgen zu verhaften. Mittlerweile war es nach 13 Uhr, Jakob war seit drei Tagen und fast drei Stunden verschwunden. Seine Überlebenschancen wurden von Stunde zu Stunde geringer.
    Dann klingelte Gäfgens Handy und wir mussten den Plan verändern. Innerhalb weniger Minuten erhielt Gäfgen mehrere Anrufe und rief selbst verschiedene Personen an.
    Die Telefonnummern waren schnell ermittelt, und wir organisierten Kollegen, um die Observation aller Anrufer einzuleiten. Weitere kostbare Stunden verstrichen, keine der beobachteten Personen suchte Kontakt zu Jakob.
    Uns blieb keine Wahl mehr – Gäfgen und seine Freundin mussten bei der nächsten sich bietenden Möglichkeit verhaftet werden. Die ausgewählten Männer des Mobilen Einsatzkommandos, die den beiden schon den ganzen Tag über gefolgt waren, warteten auf den Zugriff. Da uns nur Gäfgen Hinweise auf den Verbleib Jakobs geben konnte, durfte er bei der Festnahme auf keinen Fall entkommen.
    Wir wussten nicht, ob er Waffen besaß, die Einsatzkräfte bekamen jedoch die Anweisung, nur im äußersten Notfall von den Schusswaffen Gebrauch zu machen.
    Nach jetzigem Stand war Gäfgens Leben unwiderruflich mit Jakobs Leben verflochten und deshalb unbedingt zu schützen.
    Die gleichzeitige Durchsuchung von Gäfgens Wohnung war vorbereitet, Polizeibeamte befanden sich längst in unmittelbarer Nähe des Wohnblocks und warteten auf das Kommando, anzufangen.
    Als Magnus Gäfgen gegen 16.20 Uhr sein Auto in der Parkbucht P9-U3 der Tiefgarage des Frankfurter Flughafens abstellte, stürmten plötzlich mehrere Männer in Zivilkleidung, ihre Gesichter von Kapuzen verhüllt, aus umstehenden Autos und umstellten das Fahrzeug des Paares.
    Die beiden hatten keine Chance mehr, zu fliehen. Als Gäfgen das bewusst wurde, hatten die Polizisten schon die Autotüren aufgerissen.
    »Polizei, Sie sind festgenommen!« und »Wo ist der Junge?«, brüllte eine Stimme aus einer Kapuze. »Wo ist der Junge?«
    Marianne wurde unsanft aus dem Auto auf den Boden gezerrt. Während ihr Handschellen angelegt wurden, schrie sie: »Was wollt ihr von uns, was für ein Junge?«
    Gleichzeitig mit Marianne wurde Gäfgen aus dem Wagen geholt und am Boden fixiert, seine Arme wurden nach hinten gerissen, wobei sein Gesicht von einem Fuß gestreift

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