Um Leben und Tod - Ennigkeit, O: Um Leben und Tod
dass er die Luft angehalten hat, um mich in Sicherheit zu wiegen.
Am Freitag, dem 11. Oktober 2002, wurde Jakob unter Ausschluss der Öffentlichkeit beigesetzt. Zuvor wurde in der Katharinenkirche in Frankfurt ein einstündiger Trauergottesdienst abgehalten. Siebenhundert geladene Gäste folgten den bewegten Worten von Peter Steinacker, des evangelischen Kirchenpräsidenten von Hessen-Nassau, in der mit schlichten Blumensträußen und wenigen Kerzen geschmückten Kirche, in der Jakob 1992 getauft worden war. Auf dem großen Platz vor der Kirche versammelten sich etwa 1000 Bürger in stiller Andacht und konnten den Worten, die mit Lautsprechern übertragen wurden, zuhören. Viele Menschen weinten, Eltern hielten ihre Kinder fest umschlungen.
»Jakob hat sein Leben so lieb gehabt. Noch immer pressen die Angst und der Schmerz das Herz zusammen, will das Entsetzen keine Sprache finden. … Wir alle sollten uns fragen, was wir falsch machen, dass wir immer unempfindlicher werden gegenüber der alltäglichen Gewalt und Willkür«, schloss Steinacker seine Trauerrede.
Verwandte und Freunde gaben dem elfjährigen Jungen das letzte Geleit zum Familiengrab auf dem Hauptfriedhof. Seine Eltern und Geschwister gingen tapfer voran.
Der weiße Kindersarg war mit bunten Blumen bedeckt.
Eine weitere Vernehmung Gäfgens durch Staatsanwalt Koch fand am 17. Oktober 2002 statt, in der dieser den Tagesablauf des 27. September 2002 schildert, das darauffolgende Wochenende, die Abholung des Lösegeldes und den Tag seiner Festnahme. Er gab zu Protokoll:
Ich bin im Beisein meines Rechtsanwaltes über meine Rechte nach der StPO belehrt worden und bin bereit, Angaben zur Sache zu machen …
Frage: Auf die Idee, nach dem Tod des Kindes aufzuhören, sind Sie nicht gekommen?
Antwort: Ich bin mir noch nicht mal sicher, ob ich darüber nachgedacht habe. Ich habe mich nach den Ereignissen in der Wohnung nur noch stur an meinen Plan gehalten.
Nachdem Oberstaatsanwalt Schilling am 1. Oktober 2002 von Daschner über die Umstände der Gäfgen-Aussage informiert worden war, fertigte er mit Datum vom 9. Oktober 2002 einen eigenen Aktenvermerk an:
Vor Beginn der am Nachmittag des 01.10.2002 angesetzten gemeinsamen Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft und der Polizei in dem Entführungsfall von Metzler hatte ich mit dem Pressesprecher der Polizei, Herrn Öhm, und dem Polizeivizepräsidenten, Herrn Daschner, in dessen Dienstzimmer ein vorbereitendes Gespräch. Im Verlaufe dieses Gespräches fragte mich Herr Daschner, ob ich wisse, wie es zu den Angaben des Beschuldigten, wo er Jakob von Metzler versteckt habe, gekommen sei. Zum Zeitpunkt dieser Frage lag ein Hinweis über den späteren Leichenfundort vor, dem bereits nachgegangen wurde. Der Tod Jakob von Metzlers war zum Zeitpunkt des Gespräches noch nicht bestätigt. Ich habe Herrn Daschner geantwortet, dass ich nicht wisse, wie es zu diesen Angaben des Beschuldigten gekommen sei.
Daraufhin teilte mir Herr Daschner mit, er, Daschner – insoweit bin ich mir ziemlich sicher, dass er von sich gesprochen hat – habe dem Beschuldigten gesagt, wenn er weiterhin keine entsprechenden Angaben mache, werde unmittelbarer Zwang angewandt. Wann dieses Gespräch stattgefunden haben soll, wurde meiner Erinnerung nach nicht erwähnt. Ich habe dann nachgefragt, was mit der Anwendung unmittelbaren Zwanges gemeint gewesen sei. Herr Daschner antwortete, dem Beschuldigten sei gesagt worden, man werde ihm dann Schmerzen zufügen. Ich habe Herrn Daschner gesagt, dass ich allergrößte Bedenken wegen dieser Vorgehensweise hätte. Herr Daschner war allerdings der Ansicht, er sei nach dem Polizeirecht zu diesem Vorgehen berechtigt gewesen, und auch nach dem Strafrecht sei hiergegen nichts einzuwenden. Eine weitergehende Erörterung des Themas zu diesem Zeitpunkt war nicht möglich, da ich mich mit Herrn Öhm dringend zu der in der Gutleutstraße angesetzten Pressekonferenz fahren lassen musste.
Von dem hier geschilderten Sachverhalt habe ich Herrn LOStA Harth noch am 01.10.2002 nachmittags persönlich unterrichtet.
Im Hause wissen von diesem Geschehen noch die Staatsanwälte Koch und Möllers. Beide haben sich zur absoluten Geheimhaltung verpflichtet.
Wegen der außergewöhnlich starken Beanspruchung seit dem 01.10.2002 in diesem Verfahren als Pressesprecher und zuständiger Abteilungsleiter hatte ich erst heute Gelegenheit, diesen Vermerk anzufertigen.
Niemand hatte mit mir gesprochen. Nicht einmal Wolfgang
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