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Um Leben und Tod - Ennigkeit, O: Um Leben und Tod

Um Leben und Tod - Ennigkeit, O: Um Leben und Tod

Titel: Um Leben und Tod - Ennigkeit, O: Um Leben und Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ortwin;Höhn Ennigkeit
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prüfen zu lassen.
    Es glaubte ihm gerade so viel, wie es benötigte, um uns verurteilen zu können: »Ennigkeit sprach sehr intensiv und eindringlich auf Gäfgen ein. Um ihn zu beeindrucken, benutzte er die Formulierung, dass ein besonderer Beamter mit dem Hubschrauber unterwegs sei, der ihm Schmerzen zufügen könne, die er nicht vergessen werde. Hierzu machte er mit den Händen kreisende Bewegungen.« Gäfgen habe sich durch die Androhung beeindrucken lassen: »Die Androhung machte ihm Angst«, sie stellte eine »eindringliche, intensive Drohung« dar, die »weitere strenge Maßnahmen befürchten« ließ: »Dem wollte er sich nicht aussetzen.«
    Nach unseren Vorstellungen und der gebrauchten Wortwahl sollte »die in Aussicht gestellte Schmerzzufügung erheblich und so stark sein, dass sie für einen entgegenstehenden Willen von Gäfgen keinen Raum mehr ließ. Mit dem Hinweis, dass ein besonderer Beamter herangezogen werden sollte, wurde suggeriert, dass eine ganz gezielte und besonders wirkungsvolle Schmerzzufügung beabsichtigt war. Die vorbeugende Anwesenheit eines Arztes signalisierte körperliche und gesundheitliche Beeinträchtigungen, die der ärztlichen Überwachung bedurften. Die Drohung hatte den gewünschten Erfolg. Sie war ursächlich dafür, dass Gäfgen seinen Widerstand aufgab und den Verwahrort des Kindes offenbarte.« Und: »Bei der sehr kurzen Zeit, die Ennigkeit mit Gäfgen allein im Zimmer war, konnte ausschließlich die Androhung der Gewaltanwendung bewirkt haben, dass Gäfgen seinen Widerstand aufgab.«
    Das Gericht übersah, dass Gäfgen von der Einbindung eines Polizeiarztes erstmals am 15. Januar 2003 Kenntnis erlangt hatte. Und dieser Arzt war kein Instrument der Bedrohung, sondern hatte den eindeutigen Auftrag, die »Aufsicht« zugunsten des Kindesmörders Gäfgen auszuüben und gesundheitliche Beeinträchtigungen für den Fall einer Anwendung unmittelbaren Zwanges auszuschließen.
    Die Befindlichkeiten der Staatsanwaltschaft?
    Die Strafkammer monierte, dass der Polizeivizepräsident »die Einholung eines Rechtsrates bei der Staatsanwaltschaft nicht vorgenommen« habe, trotz der Erkenntnis, »dass auch strafprozessuale, beweisrechtliche Belange und nicht nur Fragen der Gefahrenabwehr tangiert waren«. Dazu ist anzumerken:
    Die Zusammenarbeit von Staatsanwaltschaft und Polizei vollzieht sich im Rahmen der jeweiligen Zuständigkeit für Strafverfolgung und Gefahrenabwehr. Nach der bundesweit für Entführungen geltenden Polizeidienstvorschrift ist die Gefahrenabwehr Aufgabe der Polizei. In diesem Bereich besteht kein Raum für Anordnungen der Staatsanwaltschaft. Bei Lagen, in denen Staatsanwaltschaft und Polizei Entscheidungsträger sind, wie im Entführungsfall Jakob von Metzler, entscheidet – wenn der Entführte noch nicht frei ist – unter Berücksichtigung der Güter- und Pflichtenabwägung die für die Gefahrenabwehr zuständige Polizei. Sie ist an erster Stelle verpflichtet, das Leben des Entführten zu schützen und ihn zu befreien (Gefahrenabwehr); erst danach wird die Strafverfolgung erwähnt. Und schließlich: Wenn die Staatsanwaltschaft den festgenommenen Kindesentführer als »ihren« Gefangenen betrachtet, muss sie auch dafür sorgen, dass ein sach- und fachkundiger Vertreter dieser Behörde ständig erreichbar ist.
    BZ: Wurde über das Geschehene geredet?
    von Metzler: Nein, wir haben gesagt, wir reden nicht darüber. Wissen Sie, vielen Menschen passiert schlimmes Leid, da sind wir auch keine Ausnahme. Man muss es tragen. Ich habe inzwischen viele Eltern getroffen, die ein Kind verloren haben. Man darf sich da selbst nicht zu wichtig nehmen.
    (aus: »Charakter, darum geht es«. Interview von Thomas Leinkauf und Joachim Arntz mit Friedrich von Metzler, Berliner Zeitung , 18.12.2004)
    Am Tag der Urteilsverkündung, dem 20. Dezember 2004, erklärte der damalige Innenminister Bouffier gegenüber den Medien, er werde sich »in Kürze« mit dem Frankfurter Polizeivizepräsidenten und mir zusammensetzen, um zu besprechen, »an welchen Stellen sie angemessen eingesetzt werden können«. Für die Beamten sei er »froh«, dass das Gerichtsverfahren nunmehr abgeschlossen sei, es sei für beide eine große Belastung gewesen. Das beamtenrechtliche Verfahren werde jetzt ebenfalls »zügig« zum Abschluss gebracht werden. Zum Urteil schwieg der Minister, der an erster Stelle nicht nur für die Sicherheit der Bürger in Hessen, sondern auch für deren Menschenrechte verantwortlich

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