Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Umarme mich, aber rühr mich nicht an - Die Körpersprache der Beziehungen. Von Nähe und Distanz

Umarme mich, aber rühr mich nicht an - Die Körpersprache der Beziehungen. Von Nähe und Distanz

Titel: Umarme mich, aber rühr mich nicht an - Die Körpersprache der Beziehungen. Von Nähe und Distanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samy Molcho
Vom Netzwerk:
stets unter dem großen Dach der gemeinsamen Erlebnisse und Gefühle gehalten werden, denn dieses gemeinsame Dach schützt und erhält das ganze System.
    Dass bei vielen Paaren die erotische Beziehung im Lauf der Jahre nachlässt, ist kein Geheimnis und vor allem nicht überraschend. Diese Entwicklung
ist etwas sehr Natürliches, denn was uns anregt, ist stets die Neugier und das Entdecken des Neuen. Das ist ein sehr starker Trieb in uns, der uns stimuliert und der auf Befriedigung drängt. Nach vielen Jahren der Zusammengehörigkeit kann sich bei einem von zwei Partnern der Gedanke festsetzen, es gäbe am anderen nichts mehr zu entdecken, und das Erotische erschöpfe sich in Gewohnheiten, die zwar als angenehm empfunden werden, ihn jedoch nicht mehr erregen, weil der Reiz des Neuen fehlt, es nichts Neues mehr zu entdecken gibt. Dieses Gefühl senkt die jeder Partnerschaft zugrunde liegende Spannung spürbar. Vielen Paaren gelingt es, die Spannung des Zusammenseins durch andere, neue Aktivitäten wieder zu erhöhen, und wieder spielt das gemeinsame Erleben neuer Welten die entscheidende Rolle. Das können intellektuelle Welten sein oder die Entdeckung neuer realer Räume auf Reisen und Expeditionen. Andere suchen den schwächelnden Eros durch gemeinsame ungewohnte erotische Erfahrungen zu stärken, indem sie sich der Swingerszene nähern oder einen Partnertausch in Betracht ziehen. Der Wunsch nach bisher nie gekannten gemeinsamen Erlebnissen ist der Ausgangspunkt und die Möglichkeit, am eigenen Partner etwas Neues zu entdecken, und zwar an dessen Verhalten im Austausch mit einem anderen Partner. Wenn beide Partner sich solchen Erlebnissen freiwillig zuwenden, scheint der springende Punkt darin zu liegen, dass sie sich gemeinsam dem Lustversprechen frei und ohne Eifersucht oder Besitzansprüche überlassen können. Für manche Paare liegt darin eine Stimulierung ihrer Partnerschaft, weil sie hier wieder gemeinsam etwas Neues erleben, gemeinsam Seite an Seite etwas zu entdecken haben. Bei anderen ist das Gegenteil der Fall. Die Unterschiede zwischen den Partnern werden noch deutlicher als zuvor, und die Erfahrung, dass ein anderer den eigenen Partner zur Belebung seiner erotischen Vitalität stimuliert, was mir selbst nicht mehr gelingen will, schafft tiefe Frustration. Eifersucht und die Verletzung des eigenen Besitzanspruchs tun ein Übriges. Diese Gefühle führen unvermeidlich zu einer psychischen Verengung, deren Lösung oft nur Trennung heißen kann.

Signale der Entfremdung
    Die kleinen Signale unseres Körpers und unseres Gefühls, die sich lange vor der Entfremdung einstellen, können sehr leicht übersehen werden. Erst nach und nach bemerken wir, dass unser Partner sich häufiger als gewohnt von uns abwendet, sich schneller von anderen Interessen ablenken lässt, vor allem aber deutlicher erkennen lässt, dass er Zeit für sich selbst braucht. Unübersehbar markiert wird dieses Verlangen dadurch, dass er sich ganz real in ein anderes Zimmer zurückzieht und die Tür hinter sich schließt.
    In sehr vielen Partnerschaften fällt es dem einen schwer, es nicht persönlich zu nehmen, wenn der andere einmal allein sein möchte. Sofort, wir sprachen schon davon, stellen sich Gedanken ein, die fragen: »Warum spricht er nicht mit mir über die Dinge, die ihn beschäftigen? Bin ich nicht gerade deshalb sein Partner, damit er seine Probleme mit mir teilen kann?«
    In vielen Alltagsmomenten zeichnen sich die Unterschiede zwischen den Geschlechtern beispielhaft ab. Männer ziehen sich in problematischen Situationen gern zurück und brüten für sich allein über einer Lösung. Finden sie keine, kommen sie frustriert aus ihrer Klausur zurück und suchen auch dann nur höchst selten das Gespräch. Frauen sprechen lieber über Probleme.
    Jede Frau weiß ein Lied davon zu singen, wie Männer reagieren, wenn sie beim Autofahren eine Adresse nicht auf Anhieb finden können. Sagt sie: »Warum machst du nicht einfach das Fenster auf und fragst jemanden?«, so antwortet er: »Nein, ich kenne mich jetzt schon aus!«, und dreht erfolglos wieder eine Runde. Hält er schließlich an, heißt es aus seinem Munde: »Frag du doch mal!«
    Frauen sind da ganz anders. Sie denken oft noch, während sie schon reden. Sie brauchen, oder sagen wir besser, sie lieben das Gespräch, um ein Problem von allen Seiten zu beleuchten und alle seine Aspekte zu klären. Und manchmal können sie überhaupt nicht verstehen, dass es auch anders gehen

Weitere Kostenlose Bücher