Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel
Teufels«, »Das Fräulein von Scuderi« – eine jener Doppelbegabungen, die sich zur Verwunderung des Publikums ab und zu einstellen: Goethe, Heine, Keller, Kokoschka, Barlach … und nicht zuletzt auch Günter Grass.
Hoffmann konnte nicht unflott malen, und er komponierte, Instrumentalwerke und eine Sinfonie mit dem Titel
»Teutschlands Triumph in der Schlacht bei Leipzig«, auch Messen und große Opern. Seine »Undine«, zu einem Libretto von Friedrich de la Motte Fouqué, wurde 1816 im Königlichen Schauspielhaus zu Berlin uraufgeführt.
Hoffmann, der seine Jugend in Königsberg verlebte und dort auch die Rechte studierte, gab schon als Student Klavierunterricht. Er wurde zunächst preußischer Staatsdiener in der Provinz, an seinem Lebensende merkwürdigerweise Mitglied einer Kommission zur Ermittlung hochverräterischer Umtriebe in Berlin, dazwischen aber Kapellmeister in Bamberg, Leipzig und Dresden. Er verliebte sich in eine Klavierschülerin, die erst vierzehnjährige, ahnungslose Julia Marc – oh, wie unsere Gedankenpolizei wohl aufheulen würde. Julia verlobte sich bald mit einem Hamburger Kaufmann. Hoffmann kam darüber hinweg. In seine Werke ist diese Leidenschaft dafür um so nachhaltiger eingegangen.
Eigenes Erleben und Dichtung durchdringen, ja verwirren sich in Hoffmanns Novellen, Märchen, Phantasiestücken und Spukgeschichten, die, wie ich finde, auch heute trotz Comicstorys und Fernsehhorror ihre Wirkung nicht verfehlen. Sie stießen in ihrer Zeit allerdings auch auf einiges Unverständnis. Walter Scott erschienen sie als Einbildungen, wie sie »ein unmäßiger Gebrauch des Opiums« hervorbringe, und der alte Goethe warnte vor den »krankhaften Werken jenes leidenden Mannes«. »Gespenster-Hoffmann« hat man ihn auch genannt.
Der Extrakt seiner collageartig Dichtung und Wahrheit verquickenden Episoden hat dafür andere genährt: Balzac, Baudelaire, aber auch die großen russischen Schriftsteller wie Puschkin, Gogol und Dostojewski.
Ob es der Alkohol war, an dem er zugrunde ging? In seinen letzten Lebensjahren war der Erkrankte an den Lehnstuhl gefesselt. Ärzte vergällten ihm das Ende, unterzogen ihn schrecklichen Martern: Mit glühenden Eisen schlitzte man ihm den Rücken auf, in der Absicht, seinen Lähmungen beizukommen! Besucher fragte er jedoch unverdrossen: »Riechen Sie den Bratengeruch?« und diktierte in den letzten Wochen seines Lebens noch drei Novellen. Im Juni 1822 wurde der Sechsundvierzigjährige von Rückenmarkschwindsucht hinweggerafft.
Victor Hugo
Im Alter sah er aus wie Karl Marx. An einer Lungenentzündung ist er, dreiundachtzigjährig, gestorben. Eines seiner letzten Worte war: »Ich sehe schwarzes Licht.« Die Aufnahmen von seinem Begräbniszug ähneln ein wenig denen von Verdis Leichenbegängnis. Zwei Millionen Menschen säumten die Straßen von Paris. Im Panthéon hat man ihn bestattet.
Ein Dichter wie Victor Hugo ist in der Literaturgeschichte ohne Beispiel, ein Nationalheros, dessen Ruf sich aus dem Politischen her begründete und dessen umfangreiche Bücher gleichzeitig auch noch auf hohem Niveau spannend sind. Abgesehen von »Die Elenden« ist in Deutschland »Der Glöckner von Notre-Dame« besonders bekanntgeworden, nicht zuletzt durch Verfilmungen, zwölf gibt es insgesamt. Wer denkt nicht sofort an Gina Lollobrigida als Esmeralda und Anthony Quinn als Quasimodo? Welch eine grandiose Kulisse, was für Einfälle: Ein Mißgestaltener turnt im Gebälk von Notre-Dame herum.
Victor Hugos Lyrik aber wird in Deutschland nicht gelesen,
seine zahlreichen Theaterstücke werden auf keiner Bühne aufgeführt, und seine Tagebücher sind nicht übersetzt. Sonderbar eigentlich, aber die Franzosen lesen ja auch Theodor Fontane nicht; nach einer »Effi Briest«-Ausgabe zum Beispiel sucht man in den Pariser Buchhandlungen vergebens. Liegt die Abneigung deutscher Verleger daran, daß Victor Hugo ein Vielschreiber war? Jeden Vormittag soll er zwanzig Seiten Prosa oder hundert Verse zu Papier gebracht haben. Geschäftstüchtig war er außerdem. Für die Druckrechte an seinen bis dahin erschienenen Werken zahlte im 1838 ein Verlag dreihunderttausend Francs!
Es ist nun mal so, daß Menschheit selten in heilen Familienverhältnissen aufwächst. Es sind gerade die Frühkatastrophen, die das Außerordentliche provozieren. Hugos Vater, ein tüchtiger Offizier, der unter Napoleon Bonaparte zum General aufstieg und sogar geadelt wurde, und dessen Karriere nach 1815 abrupt endete,
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