Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel
Großwildjäger Nashörner und Antilopen abknallen und arme Fische mit Angelhaken folternd aus dem Wasser ziehen, obwohl sie’s doch nicht nötig hätten. Irgend jemand hat behauptet, Hemingway sei wahrscheinlich impotent gewesen. Abgesehen davon, daß er eine hübsche Tochter hatte und viermal verheiratet war, scheint mir das keine Erklärung für solch martialisches Männertum zu sein.
Zur großen Welt gehörte der Nobelpreisträger, und die zeigte sich gern mit ihm. In den Verfilmungen seiner Romane spielten stets Stars wie Gary Cooper, Humphrey Bogart, Ingrid Bergman und Ava Gardner die Hauptrollen. Immer auf der Suche nach dem gefährlichen Leben, nach der Begegnung mit dem Tod, ist er mehrmals mit dem Flugzeug abgestürzt, überlebte Autounfälle und Kriege. 1918 zog er als Sanitätsfreiwilliger an die italienisch-österreichische Front und kehrte als Leutnant der Infanterie zurück. Im Spanischen Bürgerkrieg hat der Reporter auf seiten der Kommunisten auch mal ein Gewehr zur Hand genommen, in einem kleinen Madrider Hotelzimmer im Feuer deutscher Batterien an seinen Artikeln geschrieben und den Kombattanten im übrigen von seinem Vermögen vierzigtausend Dollar abgegeben. Ab 1942 kreuzte er mit seiner Segelyacht vor Kuba, als Kommandant einer kleinen Mannschaft auf der Jagd nach deutschen Unterseebooten. Im befreiten Paris kam er als einer der ersten an, im Jeep plus Fahrer und einem Vorrat an altem Armagnac.
Als sich Hemingway mit einer doppelläufigen Flinte erschoß, 1961, ohne Hoffnung auf die Rückkehr der abhandengekommenen schriftstellerischen Schaffenskraft und von gravierenden gesundheitlichen Sorgen geängstigt, ging er nicht ins Freie, wie das umsichtige Menschen tun.
Seine Frau fand ihn morgens kurz nach sieben.
In Deutschland hat man ihn nach dem Krieg wie rasend gekauft. Eine ganze Generation von Schriftstellern wurde
durch ihn ruiniert, verfiel in Short-Story-Manie und journalistischen Tonfall. In unseren Schulen wurden beileibe nicht länger »antiquierte« Novellen oder Erzählungen gelesen, Stakkatostil und die Wiedergabe von Fakten galten als fortschrittlich.
Hermann Hesse
Ich kann nicht gerade sagen, daß ich ein Foto von Hesse auf meinem Schreibtisch stehen haben möchte, obwohl er alles getan hat, um der Welt zu gefallen, an Kriegsgefangene Bücher verschickt, jedweden Brief freundlich beantwortet. Sein Äußeres hat wenig Anheimelndes. Anders als das Bild Thomas Manns, das auf mich erwärmend wirkt, oder Fontane mit seinem unappetitlichen Schnurrbart, hat Hesses Physiognomie so etwas von Jugendbewegtheit und Volksschullehrer an sich, das mich nicht wenig befremdet, auch seine Humorlosigkeit – den Hemdkragen überm Jackett!
Es irritiert mich, daß seine Familienverhältnisse unübersichtlich sind, mal hat er vier Söhne, dann ist er dreimal verheiratet, man weiß gar nicht so richtig, wo er wohnt, mal in einer schloßartigen Villa, dann kriegt er ein Haus geschenkt.
Ist es eine Anekdote oder vielmehr wahr, daß unter seinem Türschild »Besuch verbeten« eines Tages zu lesen stand: »Schade. Ihr Thomas Mann«?
Was ich übrigens höchst bedauerlich finde, ist, daß er kein Tagebuch geschrieben hat, aber was wäre das für ein Tagebuch geworden?
Die handlichen himmelblauen Hesse-Romane sind mir seit meiner Kindheit erinnerlich, denn meine Mutter las sie nachmittags zu Kanarienvogelgetriller, gleichzeitig Kaffee trinkend und häkelnd. In meiner Pubertätszeit empfahl sie mir den »Demian«, den ich allerdings bald wieder weglegte. »Roßhalde« hingegen hat mich so sehr bewegt, daß ich den Inhalt im Zuchthaus Bautzen meinen Mithäftlingen in einem abendfüllenden Vortrag nahebrachte. Später dann kaufte ich einige Hesse-Romane im älteren Gewande.
E. T. A. Hoffmann
Wenn meine Familie nicht wäre, die irgendwie von mir zum Jahreswechsel ein starkes Wort erwartet, ginge ich Silvester am liebsten frühzeitig ins Bett. Viel sinnvoller wäre es doch, das Jahr mit dem Totensonntag zu endigen, still und einigermaßen bedeppert. Daß ich gar wie der »reisende Enthusiast« in E. T. A. Hoffmanns »Die Abenteuer der Sylvester-Nacht« durch die Gegend zöge, das kann man von mir nicht verlangen, auch wenn mir dabei vielleicht ähnlich spannende Erlebnisse entgehen sollten.
Ernst Theodor Amadeus Hoffmann, das ist der Mann mit den schönen Vornamen, dem so schöne Titel einfielen für seine Dichtungen wie: »Lebensansichten des Kater Murr«, »Der goldne Topf«, »Die Elixiere des
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