Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel
zugezogen hat – er war Matrose auf einem Panzerschiff –, läßt ihn die schrecklichen Ereignisse nie vergessen. In Hans Werner Richters Buch über die Gruppe 47 26 , an deren Treffen Lenz teilnahm, in dem all die großen Literaten ihr Fett abkriegen, fehlt eine Charakteristik über Siegfried Lenz. Ob das daran liegt, daß er sich nicht unliebsam
machte? Wenn das der Grund wäre, daß man ihn eines Tages weniger häufig erwähnt, dann wäre das sehr typisch für den Zustand unserer Gesellschaft. Nur wer um sich schlägt, bleibt in Erinnerung.
Doris Lessing
Lessing zu heißen mag ein Kreuz sein. Im Lexikon geht man da leicht fehl. Der große mit den schönen Vornamen Gotthold Ephraim und der kleine, den Thomas Mann einen benachteiligten Zwerg nannte, Theodor Lessing, 1933 von den Nazis in Marienbad erschossen. Und Doris, die Dame mit dem zusammengesteckten Dutt.
Geboren wurde sie in Persien als Tochter eines Kolonialoffiziers und einer Krankenschwester. Aufgewachsen ist sie in Rhodesien, wo ihr Vater Buschland gekauft hatte und eine Farm betrieb. Ihre Kindheit war weniger glücklich – strenge Erziehung, Missionsschule. Sie wollte Schriftstellerin werden, und das paßte wohl nicht in das Bild, das man sich zu damaliger Zeit von seiner Tochter machte: Aus London ließ sie sich Bücher kommen, von Dickens, Scott, Stendhal und Tolstoi. Im Alter von fünfzehn Jahren rückte sie aus und nahm eine Arbeit als Kindermädchen an. Der Hausherr versorgte sie mit politischer Lektüre, und dessen Schwager stieg des Nachts zu ihr ins Bett. In dieser Zeit begann sie zu schreiben, heiratete
mit neunzehn, verließ aber ihren Mann und die zwei Kinder schon wenige Jahre später, um sich einer Gruppe linker Intellektueller anzuschließen. Ihr zweiter Ehemann war ein deutscher Emigrant, der später eine Karriere als DDR-Diplomat machte.
Afrika — Sonnenuntergang über der Schirmakazie im Breitwandformat, auf dem Pferd sitzen und dem fernen Grollen des Löwen lauschen –, aaahh, waren das Zeiten – die Zikaden lassen wir mal beiseite –, brachte auch ihr, der jungen Kommunistin, der weißgekleidete Boy den Whisky?
In den fünfziger Jahren begann Doris Lessings schriftstellerische Karriere in London, wo sie als sogenannte alleinerziehende Mutter mit einem Sohn aus zweiter Ehe lebte. In ihren Büchern spielten immer wieder die prägenden Eindrücke ihrer Jugend eine Rolle, die Probleme des afrikanischen Kontinents mit der Kolonialherrschaft, mit kulturellen Differenzen und Rassendiskriminierung. In Rhodesien und Südafrika wurde sie schließlich zur unerwünschten Person erklärt Und von zwei Polizisten in Kapstadt ins Flugzeug gesetzt. Heute wird sie in Südafrika gefeiert.
Den Somerset-Maugham-Preis hat sie bekommen und den französischen Prix Médicis, den österreichischen Staatspreis für europäische Literatur und den deutschen Shakespeare-Preis, den italienischen Mondello-Preis und den Los-Angeles-Times-Buchpreis. Nur der Nobelpreis
fehlt ihr noch. 27 Vor einigen Jahren ist er bereits einmal haarscharf an ihr vorbeigegangen. Auf der Frankfurter Buchmesse raunte es schon die Gänge hinauf und hinunter. Der Verlag putzte seinen Stand heraus. Und dann kriegte ihn doch ein anderer.
Sinclair Lewis
Sinclair Lewis war der erste amerikanische Literaturnobelpreisträger. Ein Foto gibt es, kurz nach der Preisverleihung 1930, das ihn auf dem Balkon des Hotel Adlon zeigt (wo er ständiger Gast war): sein ausgemergeltes Gesicht, Tweedanzug mit ebensolcher Weste. Damals müssen Romanciers noch gut verdient haben.
Lewis wurde 1885 in einer Präriestadt des Mittleren Westens als Sohn eines Landarztes geboren, studierte in Yale und arbeitete als Reporter in Iowa und San Francisco, später in New York.
Im Sommer 1915 hatte er einen ersten kleinen Erfolg mit einer Kurzgeschichte, die er in wenigen Tagen, mehr zum eigenen Vergnügen, geschrieben hatte: Die Zeitung sandte ihm einen Scheck über fünfhundert Dollar. Lewis konnte den Winter mit seiner Frau in Florida verbringen, in einem winzigen Bungalow.
Sein Roman »Main Street« brachte ihm 1920 den Durchbruch, auch bei der Kritik. Bis Ende der dreißiger Jahre veröffentlichte er einen Roman nach dem andern, wurde
Mitglied des National Institute of Arts and Letters und der American Academy of Arts and Letters. Den begehrten Pulitzerpreis aber lehnte er ab.
Sinclair Lewis war immer unterwegs, reiste von Spanien bis Rußland und von Schweden bis Griechenland durch ganz Europa,
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