umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition)
… weißt du. Und jetzt dachte ich, ich mach mal für den Matti …«
»Ach. Ist der Wagen wenigstens gekauft?«
»Natürlich«, antworteten Matti und Rudi gleichzeitig.
»War’n Witz. Ich käme nie im Leben drauf, dass Herr Matti was stehlen würde.«
»Da bin ich ja beruhigt«, sagte Rudi und stieß Matti in die Seite. »Jetzt frag doch …«, flüsterte er, aber Matti fixierte stumm einen Punkt außerhalb der Stratosphäre.
»Was sollen Sie mich fragen?«
»Ach, es ist so, Frau Margret …«, druckste er.
»Uns fehlt noch ein Name, verstehst du? Das ist es, was er dir sagen will«, sagte Rudi. »Er braucht einen Namen für das Bestattungsinstitut.«
»Er hat doch einen Namen.«
Matti summte einen finnischen Tango und hatte sich aus der Konversation schon wieder verabschiedet.
»Aber Bietiniemolaiinnen kann doch keiner aussprechen«, sagte Rudi.
Ich wandte mich wieder Matti zu: »Was ist los? Haben Sie jetzt das Reden komplett aufgegeben? Soll ich mir jetzt für Sie einen Namen ausdenken? Mach ich gern.«
»Nein.« Matti fuhr mit ausgestreckter Hand über die freie Fläche unter dem Wort ›Bestattungen‹ und sagte mit fester Stimme: »Abendroth. Bestattungen Abendroth.«
»Was?«
»Bestattungen Abendroth«, sagte er noch einmal und zeigte mit beiden Händen, wo ungefähr der Schriftzug stehen würde. »In einer sehr schönen Schrift.«
»Super!«, pflichtete Rudi ihm bei. »Super. Abendrot. Toller Name. Absolut passend für das Ende des Lebens. Mann, dass ich da nicht selber drauf gekommen bin. Abendrot … Ich fang gleich mal an, was zu zeichnen. Da mach ich um die Sonne und den Mond noch so’n orange-rosa Schimmer … und so’ne schnörkelige Schrift.«
Ich konnte es schon direkt vor mir sehen und wurde auf der Stelle blind. »Wie alt bist du, Rudi?«
»Dreiundreißig.«
»Eben, und wir hatten vorhin schon besprochen, dass du noch ein bisschen älter werden willst, oder? Also, sieh dich vor. Gar nichts malst du auf das Auto, und schon gar nicht meinen Namen, und schon gar nicht in Schnörkeln.«
»Ja, ja, weil ich dann unser erster Kunde werde … verstehe. Nee, also, nee.« Rudi wollte sich vor Lachen ausschütten. Matti guckte seinen Mitarbeiter verblüfft an. Rudi boxte ihn herzhaft in die Seite und prustete: »Du hast mir echt nicht zu viel versprochen, die ist echt witzig. Echt voll witzig.«
»Frau Margret, Abendroth ist ein schöner Name. Besser als meiner«, sagte Matti ernst.
»Ihrer wäre viel besser, eben weil es Ihrer ist.«
»Den können die Leute sich nicht merken.«
»Dann schreiben Sie doch Bestattungen Matti oder … oder … Suomi oder Nurmi … Das kann sich jeder merken. Und eine einfache Telefonnummer.«
Rudi murmelte probehalber ein paarmal Bestattungen Suomi und Bestattungen Nurmi vor sich hin.
»Sie freuen sich also gar nicht?« Matti guckte mich mit seinen himmelblauen Augen erwartungsvoll an, aber die klaren finnischen Seen trübten sich bereits. Was sollte ich denn jetzt dazu sagen? Ja, Herr Matti, ich fühle mich geehrt, meinen Namen für ein Bestattungsunternehmen beizusteuern? Bundesfilmpreisträgerin Abendroth, Design & Objekt Abendroth, meinethalben auch Café Abendroth oder Modehaus Abendroth, aber doch nicht B e s t a t t u n g e n Abendroth!
Ich hatte zu lange mit der Antwort gezögert.
»Schade«, sagte Herr Matti und ging durch die Hofeinfahrt zurück zum Hintereingang.
»Schade«, sagte Rudi und rollte die Augen, »jetzt geht alles wieder von vorne los. Du hättest ihn sehr glücklich machen können.«
»Ja, aber …«, wollte ich zu einer Erklärung ansetzen, aber Rudi musterte mich von Kopf bis Fuß und schüttelte den Kopf.
»Was ist jetzt schon wieder los?«
»Ich versuche rauszufinden, was der Matti an dir so toll findet.«
»Er findet mich … toll? Im Sinne von was?«
»Rudi, hat er gesagt, diese Frau hat wirklich Mut. Und sie kann wunderbar reden – sogar ganz schnell. Und sie ist witzig. Wenn ich wieder raus bin, dann arbeite ich wieder mit ihr zusammen. Das wird schön.«
»Schön?« Schön in welchem Sinne? Im finnischen Sinne? In meinem jedenfalls nicht.
»Der Matti ist echt’n prima Kerl, ehrlich. Wie der mir gesagt hat, ›Wenn du rauskommst, komm zu mir, ich gebe dir Arbeit‹, hab ich gedacht: ja klar, Superspinner. Wenn ich rauskomme, hab ich Arbeit … Wär’ ja das Allerneueste. Die labern doch da alle … Aber er hat Wort gehalten. Ohne den wäre ich nicht hier, sondern schon längst wieder in irgendwas
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