umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition)
und eine Lache breitete sich darauf aus. Dann richtete er sich auf und kratzte darauf herum, guckte mich triumphierend an und stolzierte steifbeinig mit hoch erhobenem Schwanz an mir vorbei in die Küche, setzte sich aufs Fensterbrett, mitten in meine Gratiskuponsammlung, machte einen steifen Rücken und starrte hinaus auf die Straße.
Ich flog regelrecht aus dem Bett, stellte mich neben ihn und hielt ihm das Flugticket provozierend unter die Nase. Er starrte demonstrativ daran vorbei.
»Also, pass mal auf, Dr. Thoma. Deine kalkulierte Inkontinenz will ich dir diesmal noch verzeihen, aber das hier, das ist eine Sache zwischen Menschen. Kapiert?!«
Sein Rücken wurde noch steifer.
»Ich komme ja wieder, und dann nehme ich dich mit nach Köln. Und wenn ich wieder Drehbücher schreibe, dann sitzt du auf meinem Schreibtisch und darfst mit Papier spielen, so viel du willst. Hm?«
Zwei seiner Schnurrhaare zuckten. Ich versuchte ihm über den Kopf zu streicheln, aber er schlug sofort mit ausgefahrenen Krallen nach mir.
»Okay, wenn du nicht mitkommen willst – okay! Weißt du, ich habe lange genug abgelitten und gebüßt. Und wenn das alles nur dazu gut war, dass zwischen mir und dem Knipser endlich wieder alles in Ordnung kommt, dann war es das wert. Und es ist mir zehnmal lieber, mit dem verfluchten Kerl zusammen auf dem Weg nach Nassau mit dem Flieger abzustürzen, als hier einsam und allein von einem irren Fahrgast mitten in der Nacht aufgeschlitzt zu werden.«
Dr. Thoma drehte sich zu mir um und ließ ein lang gezogenes »Maooo« hören.
»Ja, wenn ich zurück bin, gibt es jeden Tag Sheba für dich. Versprochen.«
»Maooo.«
»250 Quadratmeter, inklusive Fotostudio. Reicht das als kleines Königreich für dich? Und jede Menge nette Miezen, die dich bestimmt ganz toll finden.«
Der Kater reckte und streckte sich und stupste mich endlich mit dem Kopf an. Na also, alles wieder im Lot. Bestechung ist alles.
»Und weißt du, die Models, die essen nie alles auf – da bleibt genug für dich übrig. Magerjoghurt und Schinken ohne Fettrand.«
Er sprang von der Fensterbank, ging ins Schlafzimmer und versetzte dem eingepinkelten Notizbuch fauchend einen ordentlich Uppercut. Hatte ich irgendwas Falsches gesagt?
Mit spitzen Fingern hob ich das Notizbuch auf, spülte es mit Wasser ab, öffnete das Küchenfenster und legte es zum Trocknen und Auslüften auf die Fensterbank. Vielleicht war es ja noch zu retten. Und falls nicht, dann lass ich mir vom Knipser eben ein neues kaufen.
06
Bevor ich mich meinen bunten Reisekatalogträumen widmen wollte, schrieb ich dem Knipser eine SMS: Ich überlege es mir. Warum so plötzlich?
Zwei Minuten später piepste das Handy wieder. Seine Antwort: 15 Jahre wirft man doch nicht einfach weg. Sag ja.
Ich warf das Handy aufs Bett und zündete mir eine Zigarette an. War es denn zu fassen? Nein, war es definitiv nicht, aber was war schon normal in meinem Leben? Wenn man es genau nahm, seit Weihnachten letzten Jahres so gut wie gar nichts mehr. Also, warum sollte ich diese Wendung des Schicksals nicht einfach mit offenen Armen und freudestrahlend entgegennehmen?
Weil du dich damit als dümmste Nuss unter der Sonne outest, Maggie Abendroth.
Das Handy piepste wieder: Wenn ich bis 24 Uhr keine Nachricht von Dir habe, komme ich vorbei und hole sie mir persönlich ab.
Das nenne ich doch mal eine Ansage. Das wird besser als das Warten aufs Christkind. Zu meiner inneren Stimme sagte ich: Da können wir gleich die Probe aufs Exempel machen. Wenn er kommt, fahre ich – wenn er nicht kommt, dann war’s das. Zufrieden?
Nicht wirklich.
Das immer lauter werdende Schrillen des Handys, das direkt neben meinem Ohr lag, katapultierte mich aus den blauen, warmen Fluten der Karibik direkt wieder zurück nach Bochum. Ich brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass hier nicht Nassau/Bahamas war. Es regnete in Strömen, welchen Beweis hätte ich sonst noch gebraucht?
Es war noch lange nicht Mitternacht, aber vielleicht wollte der Knipser seine Antwort doch etwas früher? »Finde ich ja schön, dass du es kaum erwarten kannst«, flötete ich ins Handy.
»Mit wem redes’ du?«, kam es schnarrend aus dem kleinen Gerät zurück.
»Ähh … mit dem Kater, Berti. Was ist los?«
»Bis du nich im Taxi?«
»Nee, hab mir freigenommen.«
»Dat is gut. Ich bin in fünf Minuten vor deine Tür.«
»Warum denn?«
Berti hatte mich noch nie besucht – ich war alarmiert.
»Herrmanns!«
Mit einem Ruck
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