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umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition)

umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition)

Titel: umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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Sonnenbrille. Eine Porzellantasse mit dem Gesicht von Prince Charles …
    »Ey! He! Mach’se gezz ma endlich die Schotten auf!«
    Meine Tasse, verflucht noch mal. Ich hatte mich so erschreckt, dass dem Hotelmanager in meinem SAT1-FilmFilm ›Maggie Abendroth und die Liebe unter Palmen‹ das Silbertablett aus der Hand gerutscht und die Tasse klirrend auf dem Marmorfußboden zerschellt war.
    Ich sammelte hektisch meinen Block und meinen Stift aus dem Fußraum ein und stieß mir den Kopf am Lenkrad. Der Hagel prasselte auf das Dach des Wagens. An der Beifahrertür machte sich eine Gestalt zu schaffen.
    »Ey, machse gezz ma auf! Ich bin schon klatschnass«, fluchte eine Männerstimme.
    Ohne den Mann aus den Augen zu lassen, öffnete ich die Klappe vom Handschuhfach und nahm ein Pfefferspray heraus. Sicher ist sicher. Wenn ich jetzt noch wüsste, wie man das Ding benutzt. Aber Abschreckung hilft ja auch. Dann öffnete ich die Zentralverriegelung. Der wütende Mann riss die Tür auf und stieg ein.
    »Pass doch mal auf. Du machst mir den ganzen Wagen nass.«
    »Ja, Mann. Et reechnet wohl, ne?! Und ich steh da schon seit Tagen, und du wirss nich wach.«
    »Borowski«, sagte ich erleichtert. »Wozu brauchst du ein Taxi, du wohnst doch da vorne.« Ich warf die Spraydose zurück ins Handschuhfach und knallte die Klappe zu.
    »Ich will ja auch eigentlich gar keinen Wagen. Ich brauch dich.«
    »Aha.«
    »Ich muss wat mit dir besprechen. Et geht um den Herrmanns.«
    »Aha?!«
    »Du warss doch ma’ beim Fernsehen. Und dat mit dem Herrmanns muss an die Öffentlichkeit.«
    »Na gut. Und was genau muss an die Öffentlichkeit? Dass dein Kumpel vors Auto gelaufen ist?« Genau genommen hatte Herrmanns seine berühmten fünf Minuten ja schon bei Radio Bochum 98,5 gehabt.
    »Eine Verschwörung …«, presste Borowski hervor, als bereite ihm das Wort Magenschmerzen.
    Ich hielt die Luft an und machte dicke Backen, denn was mir als Antwort auf der Zunge lag, war nicht druckreif. Bei mir löst das Wort ›Verschwörungstheorie‹ nämlich auf der Stelle eine kataleptische Starre aus. Eine Verschwörungstheorie ist die neurotische Reaktion eines Journalisten auf eine Recherche, die nicht das gewünschte Ergebnis bringt.
    »Bisse baff, ne?«
    »Wie viel hast du intus, Borowski?«
    »Ich bin nich blau. Aber wennze nich willz. Geh ich nache BILD-Zeitung, eben.«
    Na gut, es war eh nichts los auf Bochums Straßen, und Borowski machte mir den Eindruck, kurz vorm Herzinfarkt zu stehen. Wenn er was loszuwerden hatte, dann bitte schön. War ja egal, womit ich mir die Zeit vertrieb, bis jemand endlich meine Transportdienste in Anspruch nehmen wollte. Oder bis endlich Feierabend war. Außerdem würde Oma Berti mir die Hölle heißmachen, wenn Borowski petzt, dass ich ihm meine Hilfe verweigert habe.
    »Nein, jetzt bleib sitzen. Du bist also nicht betrunken. Gut. Herrmanns ist doch wohl nicht gestorben?«
    »Nein. Aber er hat immer zu mir gesacht: ›Borowski, wenn mir wat passiert, dann muss du dat an die Öffentlichkeit bringen‹. Ich musste schwören.«
    »Und warum kommst du mir erst jetzt damit? Hab ich dich nicht gestern schon gefragt?«
    »Weil du übermorgen wech bis, sagt die Berti. Deswegen hab ich dich doch überall gesucht. Glaubse, dat macht mir Spass, hier im Regen rumzurennen?!«
    »Ja gut, aber warum erzählst du das alles nicht der Polizei?«
    »Weil die glauben, dat ich einen anne Kirsche hab. Verstehsse?!«
    Und was machte Borowski so sicher, dass ich nicht dasselbe dachte? Er schaute mich ernst an, als wollte er überprüfen, ob ich nicht vielleicht doch die falsche Person für seine Sensation war.
    Ich musste davon ausgehen, dass der alte Mann, wie jeder ›Auserwählte‹, wirklich glaubte, was er sagte. Was die ganze Sache nur noch schlimmer machte, obwohl ich noch gar nicht wusste, worum es ging. Ich trommelte mit den Fingern auf dem Lenkrad herum.
    Borowskis Haare, aus denen immer noch das Wasser troff, klebten auf seiner Stirn. Sein alter Wollmantel roch muffig nach nassem Köter. Ich hatte den Eindruck, von einem Extraklasse-Primetime-Movie mit Happy-End-Garantie unter Palmen in ein französisches Nouvelle-Vague-Drama in Schwarz-Weiß katapultiert worden zu sein. Jetzt könnte mich eigentlich nur noch ein Filmriss retten. Ich sollte die Dinge lieber beschleunigen, sonst würde ich im Morgengrauen immer noch hier sitzen – totgewartet.
    »Und was sagt Berti dazu? Hat sie dir gesagt, dass du damit zu mir kommen

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