umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition)
ein Lächeln. Der Pudel guckte besorgt zu ihr hoch.
»Soll ich dich bis zur Wohnungstür bringen?« Ohne ihre Antwort abzuwarten, schloss ich die Haustür auf und machte Licht im Flur.
»Nee. Schon gut … Schon gut.«
»Wie du meinst.«
»Ne, und immer dran denken, Prinzesschen – nache Hochzeit Blaskonzert nur noch, wennze wat brauchs. Hör auf Elli.« Ihr Lachen klang gequält. Sie drehte sich um und zerrte den Pudel hinter sich her, der ängstlich fiepte und seinen Schwanz zwischen die Hinterbeine geklemmt hatte. Elli murmelte im Weggehen: »Ich bin zu alt für sonne Scheiße. 35 Jahre blasen … ich kann gaar nich’ so viel essen, wie ich kotzen möchte …«
Ich drückte ihr den Wohnungsschlüssel in die Hand und ließ die Haustür zufallen. Als ich auf den Wagen zuging, wurde in der ersten Etage ein Fenster geöffnet, und eine sehr kaputte Stimme sang:
… be careful not to gamble
on a guy with a suitcase
and a ticket gettin’ out of here
it’s a tired bus station
and an old pair of shoes
but it ain’t nothing but an
invitation to the blues …
Der Knipser hatte Recht – für mich war es allerhöchste Zeit, von hier zu verschwinden. Ich guckte in den Himmel und versuchte, irgendeinen Stern auszumachen, auf dem meine Oma selig sitzen könnte. Ich fand, sie hätte durchaus mal was zu alldem sagen können. Aber der Himmel war bewölkt.
09
Da von Raoul derzeit keine Nahrungsmittelspenden zu erwarten waren, hatte ich mir für meine Mitternachtspause eine Pizza von Tonis Koppheisterbude in der Brüderstraße geholt und mich damit an den Halteplatz vorm Schauspielhaus verkrümelt. Seit über einer halben Stunde war es still auf Bochums Straßen. Der Regen hatte alle Leute in ihre Wohnungen gespült. Wer jetzt noch den Hund ausführen musste oder einen Schnaps brauchte, war arm dran. Es hatte zwar endlich aufgehört, wie aus Kübeln zu schütten, aber es regnete immer noch. Ich verriegelte die Türen, aß meine Pizza aus der Pappschachtel und machte mir Notizen, was ich vor meinem Abflug noch alles zu erledigen hätte.
1. Souterrain kündigen.
Anruf bei Vermieter sollte genügen. Der wunderte sich bestimmt sowieso schon, warum ich ihm noch keinen Anwalt auf den Hals gehetzt hatte. Aber gegen Schimmel und gebrochene Wasserrohre kann auch ein Dr. Dr. Herzig nichts ausrichten. Und gegen sechsfingrige Mutantenhandwerker auch nicht. Die stehen bestimmt unter Artenschutz.
2. Reisepass nicht vergessen
3. Matti anrufen
4. Bikini kaufen
Ein Blick auf die Pizza, und Punkt 4 wurde von der Liste gestrichen. Kein Bikini. Nicht mit den Speckrollen. Nicht vor den versammelten Beach-Beautys. Nicht im direkten Vergleich. Schon gar nicht vor den Augen des Knipsers – was weiß ich denn, wie blind Liebe wirklich macht? Stattdessen notierte ich:
4. Seidenpyjama – Rundungen umspielend. Dessous-Ensemble (teuer)
5. Stadtexpress-Ticket zum Flughafen kaufen
6. Mit Raoul über die Versorgung von Dr. Thoma reden!
Das Handy meldete sich: eine SMS vom Knipser: Ich freue mich auf Freitag. Bis dahin viel zu tun. Wir sehen uns um 12 am Flughafen. Gute Nacht.
Ich schrieb zurück: Ich freue mich auch. Ist das alles wahr?
Keine halbe Minute später piepste das Handy wieder: Kein Zweifel.
Okay, dann wird es wohl wahr sein. Ich machte das Radio an. Es hatte angefangen zu hageln.
Außen/Tag Paradise Island
-Strahlender Sonnenschein. Eine weiße Stretchlimousine fährt vor.
-Maggie Abendroth entsteigt elegant dem Wagen. Sie trägt ein blendend weißes Leinen-Ensemble von Armani, das ihre perfekte Figur umspielt. Um ihren zarten Teint zu schützen, setzt sie ihre Gucci-Sonnenbrille auf und zieht sich das weiße Golfkäppi tiefer ins Gesicht. Ein Hotelpage eilt herbei, um ihr Louis-Vuitton-Gepäck aus dem Kofferraum zu holen.
Sie betritt die kühle Lobby des Hotels. Alle Augen sind auf sie gerichtet. Der Hotelmanager überreicht ihr mit einem Lächeln den Schlüssel für die Präsidentensuite.
Hotelmanager
Madame Abendroth. Wie schön, Sie wieder als Gast bei uns begrüßen zu dürfen. Ihr Gatte bittet Sie, an der Bar auf ihn zu warten.
Maggie
Sind meine Tennisschläger da?
Hotelmanager
Naturellement, Madame. Der Bespanner wartet auf Ihre Anweisungen. Ich soll Ihnen das hier überreichen …
Hotelmanager reicht ihr auf einem silbernen Tablett ein weißes Kistchen.
Maggie Abendroth bedeutet ihm mit einem huldvollen Kopfnicken, es zu öffnen. Der Hotelmanager klappt den Deckel auf. Sie lüpft die
Weitere Kostenlose Bücher