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umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition)

umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition)

Titel: umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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meine Reisetasche. Wenn ich erst mal ein bisschen geschlafen habe, dann kann ich mir immer noch selbst in den Hintern treten. Alles hat seine Zeit.
    Ich umwanderte den Bereich von Bertis Kiosk weiträumig. Ich musste aufpassen, wenn ich das Versteckspiel noch dreieinhalb Tage durchhalten wollte. Ich erinnerte mich, dass Borowski ja den Swimmingpool von Van der Baack an diesem Wochenende auf Vordermann bringen sollte. Damit sollte er beschäftigt sein. Wie es Herrmanns wohl ging? Ich hätte Helga danach fragen sollen. Hätte, wäre, wenn … Hätte ich nicht gesehen, wie der Knipser mit Gracia rumgeknutscht hat, wäre ich nicht hier. Meine innere Stimme blickte von ihrem Kreuzworträtsel auf und sagte mitleidig: Dann hättest du es trotzdem irgendwann gesehen. Vielleicht am Strand, im Hotel, in der Bar … Wäre genauso beschissen gewesen wie am Flughafen – nur bei besserem Wetter.

15
    Vor dem schmiedeeisernen Tor der Laubenkolonie ›Glück auf‹ stand eine kleine Menschenmenge. Es war eine aufgeregte Diskussion im Gange. Hatten die da etwa heute, am heiligen Sonntag, ein Gartenfest? Das würde meine Pläne, mich für ein paar Stunden in Herrmanns’ Laube aufs Ohr zu legen, empfindlich stören. Nicht nur, dass ich kaum ungesehen bis zu seiner Parzelle käme; wenn da jetzt gleich die Party abginge, würde ich kein Auge zumachen können. Ich ging auf die Gruppe zu. Das Gespräch erstarb, und die kleine Versammlung teilte sich vor mir wie das Rote Meer vor Moses.
    »Tach«, sagte ich, ging durch das Tor und lief weiter auf dem Weg in die Schrebergartenanlage hinein. Hinter mir wurde die Diskussion wieder aufgenommen. Aus dem Stimmengewirr hörte ich den Namen ›Herrmanns‹. Er war doch wohl hoffentlich nicht gestorben und die Kleingärtner stritten schon um die Vergabe seines Grundstücks? Unschlüssig blieb ich auf dem schmalen Weg stehen. Eine heftige Windböe fegte mir beinahe die Mütze vom Kopf. Ich band die pelzigen Ohrenklappen unterm Kinn fest und bog in den Gartenweg zu Herrmanns’ Laube ein.
    Aber da, wo mal sein Heim gestanden hatte, war nur noch ein verkohlter Haufen Schutt, aus dem Rauch aufstieg. Stechender Brandgeruch hing in der Luft. Ich blieb mitten auf dem Weg stehen und stellte meine Tasche ab. So viel zu meiner Karriere als Hausbesetzerin. Benommen setzte ich mich auf den Kosmetikkoffer und drehte mir mit klammen Fingern eine Zigarette. Ich war mit meinem Latein definitiv am Ende.
    Allerdings hatte, bedingt durch plötzliche Funkstille in meinem Hirn, ein völlig neuer Gedanke eine Chance bekommen, auf sich aufmerksam zu machen: Herrmanns im Koma, sein Koffer weg, der Flachmann weg, und jetzt auch noch seine Gartenhütte in Schutt und Asche. Für meine Begriffe, und auch nach zwölf Stunden Taxi und bei völliger Übermüdung, blieb das eine sehr unwahrscheinliche Bilanz von Zufällen. Würde die Familie Churchill so weit gehen, einem alten Mann die Bleibe über dem Kopf anzuzünden? Um Beweismaterial zu vernichten? Nein, Maggie, spring jetzt bloß nicht auf diesen irrsinnigen Zug auf. Verschwörungstheorien führen auf direktem Weg in die Klapse. Es reicht, wenn Borowski und Herrmanns spinnen. Fang du nicht auch noch damit an. Aber dass es zu viele Zufälle waren, das war nicht von der Hand zu weisen. Was war denn bloß mit Herrmanns los, dass sich plötzlich alle Welt auf seine Besitztümer stürzte? Und, nicht zu vergessen, vielleicht auch auf sein Leben?
    Kaum hatte ich meinen dürftigen Gedankenfaden zu Ende gesponnen, kam ein Mann auf mich zu. Hinter ihm trottete steifbeinig ein zotteliger alter Schäferhund. Der stramme Rentner hielt eine Schaufel in der Hand und baute sich breitbeinig vor mir auf. »Hier gibt’s nix mehr zu sehen.«
    Der Schäferhund blieb wie angewurzelt hinter Herrchen stehen.
    »Was?«
    »Was glotzen Sie denn so? Hier hat es gebrannt. Und hier gibt’s nix mehr zu sehen.«
    Ich ignorierte den Rauswurf und inhalierte tief. Dem Mann schienen die Worte ausgegangen zu sein, denn keine Reaktion auf seinen Marschbefehl hatte er wohl nicht erwartet. Ich musterte ihn mit müdem Blick von oben bis unten und wieder zurück. Er trug Gummistiefel, ein wattiertes Hemd, das sich fest über seinem Bauch spannte, Arbeitshosen und eben eine Schaufel.
    »Und wer sind Sie, wenn ich fragen darf?«, trat ich die Flucht nach vorn an.
    »Alfons Wieczorek, Vereinsvorsitzender Schrebergarten ›Glück auf‹.«
    Wieczorek starrte mich sekundenlang an, dann huschte ein Lächeln über

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