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umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition)

umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition)

Titel: umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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Konkretes. Aber in dem Tempo, wie die dat ausgeben, is dat bald alle – egal, wie viel dat war. Hasse den Schlitten vor der Tür gar nich gesehen?«
    »Nee.«
    »Alter Amischlitten, frisst 35 Liter auf 100, hat der Elvis erzählt.«
    »Ritchie macht ja nicht den hellsten Eindruck. Ist der Bengel überhaupt schon volljährig?«
    »Müsste. Ich seh die beiden seit Tagen nur noch abgefüllt. Bald is der Elvis seine Fleppe los. Da freut sich schon die ganze Taxizentrale drauf, wenn dat so weit is.«
    »Vorausgesetzt, dass noch was von dem Geld übrig ist.«
    »Da sachste wat.«
    Die Tür ging auf, und Marita und Ingeborg kamen polternd hereingewankt. Und die beiden sahen gar nicht mehr amüsiert aus. Ich beschloss, dass ich mein Brötchen auch unterwegs essen konnte. Höchste Zeit, hier zu verschwinden, wenn ich nicht Zeuge eines öffentlich vollzogenen Totalabsturzes der beiden Ehrenfelder Schnapsdrosseln werden wollte.
    Ich hatte die Türklinke noch nicht in der Hand, als Marita mit dem Finger auf mich zeigte und loszeterte: »Ey, Pelzmütze, bleib ma’ schön hier.«
    »Ich kann euch nicht fahren – hab’ den Wagen schon abgegeben.«
    »Wir wollen nich fahren … Wir wollen hier ma’ mit dir Klartext reden, ne, Ingeborg?«
    Ingeborg kippte sich gerade einen Bommerlunder hinter die Binde, den Helga ihr schon auf die Theke gestellt hatte, als die Tür aufgegangen war. Egal, wie nervig die Kundschaft war – für Helga hatte der Service oberste Priorität.
    »Ich hab keine Zeit. Tschüss«, sagte ich unfreundlich, wickelte das Brötchen in eine Serviette und steckte es in die Jackentasche. Ich griff meine Tasche und den Kosmetikkoffer und ging an den beiden vorbei. »Wüsste nicht, was ich mit euch beiden an Klartext zu reden hätte.«
    Ingeborg kreischte: »Ahh, keine Zeit. Wo musse denn noch hin? Bisse ambulant am Blasen? Hör dich dat an, Marita: Die Tussi meint, sie is wat Besseret wie wir … Die mit ihren Nuttenbereitschaftskoffer … Allzeit bereit … Gezz kapier ich dat auch … Wat Besseret … Deswegen wollte der von uns umsonst einen geblasen kriegen. Und der ollen Paselackenfratze hat er Kohle angeboten.« Sie zeigte mit dem Finger auf mich und guckte Zustimmung heischend Helga an.
    Helga versuchte zu beschwichtigen: »Hat er gar nicht. Dat war ein Missverständnis. Und hör mit dem blöden Gequatsche auf.« Sie winkte mit einem Bierdeckel, was bedeuten sollte, dass sie in dieser Situation nicht auf Barzahlung bestand und dass ich endlich gehen sollte.
    »Lüch mich nich an, so blau sind wir noch nich«, keifte Ingeborg. »Der hat der Kohle angeboten, hab ich doch selbs gehört! Die wildert in unsern Revier.«
    Ingeborg machte einen Schritt auf mich zu und grapschte nach meiner Kopfbedeckung. Ich schwang drohend den Schminkkoffer und sagte: »Qualität hat eben ihren Preis«, und gab Fersengeld.
    Helga lachte, und Marita brüllte hinter mir her: »Scheiß dich ein mit deine räudige Ratte auffem Kopp.«
    An der Kreuzung Hattinger Straße Ecke Bessemer musste ich an der Fußgängerampel warten. Ich konnte es drehen und wenden, wie ich wollte – ich konnte über die letzte halbe Stunde nicht lachen. Die Ampel wurde grün, und ich überquerte die Straße. Ein paar Kinder trabten an mir vorbei, zeigten auf meine Mütze und feixten: »Ist die Muschi schon lange tot?« Sie stießen sich gegenseitig an und kreischten vor Lachen. Ich hatte noch nicht mal mehr Lust, den Blagen die Köpfe zusammenzuschlagen, und ging weiter.
    Vor einem Zigarettenladen blieb ich stehen und betrachtete mich in der Fensterscheibe. Eingepackt in einen billigen Secondhand-Parka, mit Doc Martens an den Füßen und der Pelzmütze auf dem Kopf sah ich aus, als käme ich gerade aus dem Krimkrieg. Die Ohrenklappen der Mütze hingen an beiden Seiten herunter wie die Schlappohren eines Hundes. Nachbars Lumpi auf zwei Beinen – schlimmer kann es doch gar nicht mehr werden, Maggie Abendroth. Was machst du eigentlich hier? Ordne dein Leben, hol dir einen kostenlosen Stadtanzeiger, studier die Wohnungsannoncen und lass das Handy heißlaufen; vertelefonier Kieslowskis Geld mit potenziellen Vermietern, anstatt dich mit dem Abschaum der Stadt zu prügeln. Wenn meine Oma selig mich jetzt so sehen könnte … Sie würde mir in den Hintern treten. Während ich mir ausgiebig selbst leidtat, saß meine innere Stimme in einem warmen Ohrensessel, löste ein Kreuzworträtsel und pfiff zufrieden und voller Selbstgerechtigkeit vor sich hin. Ich schulterte

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