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Umwege zum Glück

Umwege zum Glück

Titel: Umwege zum Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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verstehe ich auch. Arme Kleine, was haben Sie für Aufregungen durchgemacht! Dann zum Schluß diese Geschichte mit Ihrem betrügerischen Bekannten…“
    „Den betrügerischen Bekannten segne ich im Augenblick“, sagte ich. „Von ihm habe ich heut eine nützliche Lehre erhalten, und außerdem – ohne ihn wäre, ich nicht hierhergekommen und hätte meinen Ohrring nicht zurückgekriegt.“
    Doktor Ingwart schmunzelte. „Na, das hätten Sie wohl, ich hätte ihn ja früher oder später gefunden.“
    „Ich bin aber doch froh über die ganze Geschichte“, erwiderte ich. „Sie hat mir die Augen geöffnet, und ich bin viel klüger geworden. Was für ein Genuß war es, Klaus Jährner rauszuschmeißen!“
    Mutter und Sohn lachten, und ehe ich mich’s versah, hatte ich alles über Klaus erzählt, über seine Kommentare zu der Tatsache, daß eine Mulattin meine gute Freundin war, und zu der Möglichkeit, daß ich einen Bruder bekäme.
    „Ach nein!“ lächelte Frau Ingwart. „Dabei kann Ihre Frau Mutter ja nicht die jüngste sein!“
    „Sie ist zweiundvierzig“, klärte ich sie auf.
    „Ich war auch genau zweiundvierzig, als mein Jüngster geboren wurde – der da!“ Sie nickte verschmitzt zu ihrem Sohn hinüber. „Meine beiden ersten Kinder starben früh. Das Tropenklima wurde ihnen zuviel – aber dieser hier, der war zäh, das hat er von mir!“
    „Sind Sie zäh, gnädige Frau?“
    „Und wie!“ rief der Sohn. „Muttchen ist jetzt achtundsechzig und benimmt sich, als wäre sie vierzig! Sieht aus, als könnte sie jeden Augenblick zusammenbrechen, und dabei – “
    „Dabei bricht sie gar nicht zusammen, es sei denn vor Verzweiflung, wenn ihr Sohn unbedingt eine Patientin aus ihr machen will! Ein bißchen Schnupfen, und ich werde in Decken eingepackt und darf mich nicht rühren. Ein kleines Wehwehchen im Rücken, und ich darf nicht einen Eimer heben, ja kaum zum Kaufmann gehen!“
    „Eine Viertelstunde bergab, und dann zurück mit schweren Taschen“, unterbrach der Sohn. „Meine Mutter ist ein lieber Kerl, aber was sie sich zumutet, geht auf keine Kuhhaut! Aber daß du zäh bist, Muttchen, das stimmt schon, wenn du auch wie eine Porzellanfigur aussiehst.“
    Ich nickte.
    „Ja, Meißner Porzellan! Da hat Ihr Sohn recht!“
    „So, hat er das? Und wie sehen Sie aus?“
    „Ich? Wie eine Keramikfigur nach einer mißglückten Brennung“, sagte ich lachend und zeigte auf meine Sommersprossen.
    Dann lachten wir alle drei und tranken die zweite Tasse Tee in allerbester Stimmung.
    Als ich aufbrechen wollte, kam Doktor Ingwart und legte mir ein großes Kuvert hin.
    „So, Kleines. Hier sind die Autopapiere, hier die Schlüssel. Nun steigen Sie in Ihren Theodor und fahren hübsch im eigenen Auto nach Hause.“
    „Aber – aber Herr Doktor – “
    „Ach, lassen Sie den Doktor, wir sind doch Kollegen! Das Geld bringen Sie mir dann, oder ich hole es.“
    „Ich habe es bei mir! Das heißt das, was Herr Jährner mir brachte. Es fehlen zweihundertvierzig Mark und 30 Pfennig – für das dicke Öl und dann das dünne Öl, das ich mitgebracht habe, und dann seine Provision und die Taxe zurück in die Stadt – “
    „Die hat er auch berechnet, der Geizkragen?“ platzte Frau Ingwart heraus.
    „Aber ich habe etwas Geld zu Hause, ich bringe es Ihnen morgen, ganz bestimmt! Und wenn es nicht genug ist, rufe ich Vati an. Aber kann ich dies überhaupt annehmen? Sie haben ja ein Recht auf Theodor!“
    Empört widersprach Manfred Ingwart: „Hören Sie mal, was denken Sie von mir! Ich bin doch kein Ungeheuer! Die Bundesrepublik ist voll Gebrauchtwagen, ich werde mal sehen, ob ich nächste Woche einen in Hamburg finde. Sollte ich da ausgerechnet darauf bestehen, Ihren geliebten Theodor zu behalten?“
    Seine Augen hatten denselben Ausdruck wie vorher, draußen, als er mir die Tränen abwischte.
    Und mit einemmal fühlte ich mich so glücklich – so glücklich, wie ich nie in meinem Leben gewesen war!
    Kurz darauf saß ich in meinen geliebten Vehikel. Sein guter alter Motor war ein bißchen laut, er lief mit meinem Herzen um die Wette.
    Und morgen – morgen würde ich wieder hinfahren! Morgen würde ich Manfred Ingwart wiedersehen!
    Vielleicht hatte ich nicht das ganze Geld. Dann mußte ich noch einmal hin!
    Ja. Bei mir hatte tatsächlich der Blitz eingeschlagen!
    Als ich alles zusammenkratzte, das Geld für zwei teure neue Lehrbücher, das Geld für Naschen und neue Strumpfhosen und Friseur und was ich sonst für den Rest

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