Umzug ins Glück
ab. »Nur eine etwas anstrengende Reitstunde. Gut, dass die erst nach meinem Termin bei Herrn Adler
war.«
Wie sehr ihn diese Reitstunde mitgenommen hatte, erkannte ich erst eine Weile später, als ich im Wohnzimmer eine seltsame
Ansammlung von Kissen und Decken auf dem von ihm bevorzugten Fernsehsessel sah. Es war wohl schwer für ihn, sich normal hinzusetzen.
Er hatte sogar versucht, Magnus’ alten Schwimmring in die Konstruktion mit einzubeziehen, der natürlich nach fünfzehn Jahren
eine gewisse Materialermüdung aufgewiesen hatteund nun schlaff über der Sofalehne hing. Ich hatte gar nicht gewusst, dass wir den noch hatten, und ich wollte lieber auch
nicht wissen, wo Jan Hörnum ihn entdeckt hatte. Auf jeden Fall konnte ich froh sein, dass ich in meinem Haus keine Drogen
oder Hehlerware versteckt hielt, denn solange ich diesen Hausgast hatte, war kein Geheimnis sicher.
Ich stellte meine leere Kaffeetasse auf die Spüle, wo einige Silberteile aus dem Kulturbeutel auf ihre Behandlung warteten.
»Ich fahre rüber zu Paulas Haus«, verkündete ich. »Ich denke, ich werde dort mit Nick was essen.«
Jan Hörnum sah mir zu, wie ich einen Block, einen Zollstock und ein Maßband in meine Handtasche steckte. »Sie haben es wirklich
eilig damit, was?«, sagte er.
»Stimmt«, sagte ich und suchte in meiner Kramschublade nach einem funktionstüchtigen Kuli. »Ich kann es kaum erwarten, mich
da einzurichten.«
»Mit Nick«, stellte er fest. Er öffnete die Seifendose und klaubte das alte Stück heraus.
Ich nickte lächelnd. »Richtig. Es hat auch mit Nick zu tun.« Und das konnte ruhig jeder wissen.
»Er ist ein Glückspilz«, sagte er. Und dann stakste er mühsam zum Abfalleimer.
»Rufen Sie Romy an«, riet ich ihm. »Sie kann Ihnen bestimmt was zum Einreiben empfehlen.«
»Mal sehen«, sagte er. Aber er sah mich nicht an.
Ich traf Nick in Paulas Haus in Begleitung eines riesigen Muskelmanns in einem rosa Polohemd an. Nick selbst hatte ja schon
breite Schultern, aber hinter diesem Kerl konnte er sich verstecken. Ansonsten wirkten sie wie großer und kleiner Bruder,
weil sie beide diese blonden kurzgeschorenen Köpfe hatten.
»Mia, das ist Ingolf«, stellte er vor. »Er wird ab Mittwoch hier die Böden abschleifen.«
Ingolf schüttelte mir die Hand, wovor ich erst etwas Angst hatte, aber es tat nicht weh. »Grüß dich, Mia«, sagte er mit einer
Stimme, die fast eine Oktave höher war als erwartet. »Ein schönes Haus habt ihr hier.«
Okay, Nicks Freunde waren auch meine Freunde. Das schloss offensichtlich das Duzen mit ein. Sollte mir recht sein, Hauptsache,
Ingolf trieb sich hier nicht noch stundenlang herum, damit ich Nick endlich die frohe Botschaft zum Thema ausgefallener Gentest
mitteilen konnte. Leider hatten sie die obere Etage noch nicht besichtigt, und ich schlenderte geduldig hinterher.
Ich stellte mich an das Fenster in Nicks zukünftigem Wohnzimmer und sah in den Garten hinunter, während die beiden Männer
über bautechnische Details fachsimpelten. Das Gartenhäuschen musste dringend gestrichen werden, und wir brauchten neue Möbel
für die Terrasse. Aber erst mal musste der Wintergarten aufgestellt werden, der einen Teil der Terrasse wegnahm. Dafür wollten
wir sie zum Garten hin breiter machen. Der Kirschbaum musste beschnitten werden. Die Rosen brauchten unbedingt Pflege. Tante
Paula hatte in den letzten Jahren wohl nicht mehr die Kraft gehabt, sich um alles ausreichend zu kümmern.
Hier wartete eine Menge Arbeit auf uns, von meinem Haus mal ganz zu schweigen. Aber das machte mir nicht die erwartete Angst.
Ich konnte mir das Endergebnis schon so gut vorstellen, dass ich total motiviert war: ein helles, freundliches, sparsam möbliertes
Haus, und Nick und ich mittendrin.
Endlich verabschiedete Ingolf sich. »Bis Mittwoch dann!«
Wir standen in der Haustür und sahen ihm nach, wieein altes Ehepaar. »Ich muss dir unbedingt was erzählen«, sagte ich zu Nick.
»Moment«, sagte er und nahm sich erst mal die Zeit, mich ausgiebig zu küssen. »Ich hab dich so lange nicht gesehen.«
Ich musste lächeln, mir ging es ja genauso. »Bist du jetzt bereit, mir zuzuhören?«
»Schieß los.« Er fasste mich um die Taille und zog mich zur nächsten Fensterbank. Es gab nirgendwo mehr einen Sitzplatz. Aber
als ich ihm von Jan Hörnums dreistem Coup bei Horst Adler erzählte, hielt es ihn sowieso nicht mehr ruhig am Fleck.
»Er hat ihm tatsächlich die Tasche
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