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Umzug ins Glück

Umzug ins Glück

Titel: Umzug ins Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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man das.
    »Ja, und vergangene Woche war ich im Münsterland zu einer Fortbildung«, sagte Herr Mäderle. »Über die Veränderungen im Gmb H-Recht . Da kommt was auf uns zu, verstehen Sie?«
    »Ich weiß«, sagte Horst. »Unsere Firma ist eine GmbH.«
    »Na, dann kann ich Ihnen nur raten, sich rechtzeitig mit Ihrem Steuerberater zu besprechen«, nuschelte Herr Mäderle. Ich konnte
     nur mit dem Kopf schütteln, während Doris mich immer noch ungläubig beobachtete. Sie hatte mich noch nie lauschen sehen. Und
     ich hatte noch nie ein Schauspieler-Genie live erlebt. »Auf jeden Fall war ich für eine Woche im Münsterland zu dieser Fortbildung.
     Und da hatte ich mir schon im Vorfeld überlegt, noch ein paar Tage Urlaub dranzuhängen. Wenn ichschon mal diese Strecke fahre, dachte ich mir, dann sehe ich mir noch etwas von der Gegend an.«
    Jetzt hatte er Horst so weit, dass er ihn definitiv für einen Langweiler hielt. »Herr Mäderle«, sagte Horst freundlich, aber
     bestimmt. »Vielleicht kommen wir mal zu dem Grund Ihres Besuches. Sie hatten mich dringend um einen Termin gebeten.«
    »Sofort«, sagte Herr Mäderle. »Ich hatte ja schon meinen Bruder erwähnt, der sich zurzeit hier aufhält, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte Horst geduldig. »Der Schauspieler.«
    »Genau. Und da dachte ich: Den besuchst du mal. Ich habe mich dann am Freitag mit ihm verabredet, und er hat mir angeboten,
     ich könnte die Nacht dort verbringen, weil sonst keiner im Haus war.«
    Wie realistisch er das rüberbrachte, erkennt man daran, dass ich schon ganz empört war. Jan Hörnum ließ einfach andere Leute
     in Paulas Haus übernachten? Typisch für ihn. Dann fiel mir ein, dass dies niemand anderes war als das Objekt meiner Entrüstung.
     Ich beruhigte mich und genoss den Fortgang der Vorstellung.
    »Ich bin am Samstagmorgen recht früh gefahren«, fuhr Herr Mäderle fort, »weil in dem Haus ein Flohmarkt stattfinden sollte,
     und da wollte ich nicht im Weg sein. Ich habe mir dann in Soest ein Zimmer genommen, weil ich dort noch nie war. Kennen Sie
     Soest? Eine hübsche Stadt.«
    »Ich kenne Soest«, sagte Horst mit mühsam aufrechterhaltener Geduld.
    Geschieht dir recht, dachte ich amüsiert und hoffte, dass Jan Hörnum noch einige solcher Schleifen parat hielt. Obwohl ich
     auch selbst gespannt war, was er denn nun eigentlich vorhatte. Ich sollte es bald erfahren, denn nun schloss sich der Kreis
     langsam.
    »Erst am Abend, als ich zu Bett gehen wollte, merkte ich, dass ich meinen Kulturbeutel nicht dabeihatte. Stellen Sie sich
     das vor! Samstagabend nach neun Uhr, und man hat weder eine Zahnbürste noch ein Stück Seife zur Hand. Zum Glück konnte mir
     das Hotel damit aushelfen.« Ich ahnte, was jetzt kam. »Gestern habe ich dann meinen Bruder angerufen und gefragt, ob er meinen
     Waschbeutel im Bad gefunden hat, und können Sie sich vorstellen   …« Er unterbrach sich selbst. »Ach, natürlich können Sie es sich vorstellen, Sie waren doch selber dort. Also, um es kurz
     zu machen, mein Beutel ist dort auch verkauft worden. Und nachdem mein Bruder ein wenig herumgefragt hat, deutet alles darauf
     hin, dass Sie ihn erworben haben, Herr Adler!«
    Ich war froh, dass ich gegen die Wand gelehnt stand. So konnte ich wenigstens nicht umfallen und die Aufmerksamkeit der beiden
     auf mich lenken. Mit Doris würde ich schon klarkommen. Ich hielt die Luft an, denn jetzt hatten wir eindeutig den Knackpunkt
     der Komödie erreicht. Jetzt war nur die Frage, ob Horst auf diese unglaubliche Geschichte reinfallen würde. ›Man muss ihn
     dazu bringen, das Ding freiwillig abzugeben‹, hatte Jan Hörnum gesagt. Ich verstand plötzlich, was er damit gemeint hatte.
    »Ich habe so ein Objekt gekauft«, gestand Horst zögernd. »Vielleicht können Sie mir beschreiben, wie Ihre Kulturtasche aussah,
     damit ich weiß, ob es die ist.«
    Das war natürlich kein Problem. Herr Mäderle schilderte das Objekt in allen Einzelheiten, einschließlich der Bürste mit dem
     Silbergriff. Ich hätte gern Horsts Gesicht dabei gesehen, aber man kann nicht alles haben.
    Ich hörte ihn tief seufzen. Ich konnte seine Enttäuschung nachvollziehen. Er war so kurz vor seinem Ziel gewesen, und nun
     stellte sich heraus, dass er beinahe dieHaare eines wildfremden Finanzbeamten hätte untersuchen lassen.
    »Ich habe zufällig die Tasche hier«, sagte er. Bingo! Kapitulation! »Schauen Sie mal, ist sie das?«
    Es raschelte, dann sprach Herr Mäderle. »O ja, das ist sie! Da bin

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