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Umzug ins Glück

Umzug ins Glück

Titel: Umzug ins Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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ich aber froh. Ich habe sie schon sehr lange, es war ein
     Geschenk meiner verstorbenen Frau.« Er schien darin herumzukramen. »Was für ein Glücksfall, dass Sie die auch noch mit in
     Ihr Büro genommen haben! Was wollten Sie hier denn damit?«
    Übertreib es nicht, dachte ich nervös.
    »Och«, murmelte Horst, »ich wollte   … das ist eher Zufall, ich hatte sie noch im Auto, und da   … Ich dachte, ich räume sie erst mal aus und werfe die benutzten Produkte weg. Aber so weit bin ich noch nicht gekommen.«
    »Zum Glück!«, sagte Herr Mäderle. »Obwohl ich mir schon neue Zahnpasta gekauft hatte. Aber macht nichts. Jetzt sagen Sie mir
     doch bitte, was Sie dafür bezahlt haben, das möchte ich Ihnen selbstverständlich erstatten.«
    »Siebenundzwanzig Euro«, sagte Horst spontan.
    Und jetzt hätte ich mich fast verraten. Im letzten Moment schaffte ich es, mir meinen Protest zu verkneifen. Siebenundzwanzig
     Euro hatte er für alles zusammen bezahlt, aber die Fotos von Onkel Rudolf wollte er ja diesem Herrn Mäderle wohl nicht auch
     berechnen?
    Der schien auch überrascht zu sein. »Ein stolzer Preis«, sagte er. »Für einen Flohmarkt.«
    »Nun ja«, sagte Horst aalglatt, »es sind schließlich silberne Toilettensachen drin   … und da war noch jemand anderes, der auch Interesse hatte   …«
    Du schwarzes Schwein!, schrie ich innerlich. Aber ich konnte ja jetzt schlecht ins Zimmer stürzen und dem falschen und doch
     echten Herrn Mäderle zurufen: ›Betrug! Der Kerl zieht Sie über den Tisch!‹
    Der Herr Mäderle wusste das ja selbst nur zu gut, hatte er ihm als Jan Hörnum doch höchstpersönlich das Geld abgenommen. Aber
     er trug es mit Fassung. »Ach, ich bin einfach froh, dass ich die Tasche wiederhabe«, sagte er. »Damit sind so viele Erinnerungen
     verbunden. Kommen Sie, ich gebe Ihnen dreißig. Der Rest ist für Ihre Mühe.«
    Welche Mühe?? »Vielen Dank«, hörte ich Horst sagen, und dann war es höchste Zeit, an meinen Schreibtisch zurückzukehren. Doris
     verfolgte kopfschüttelnd, wie ich lautlos dorthin schlich.
    Die Tür zu Horsts Zelle öffnete sich, und er begleitete seinen Besucher hinaus. »Auf Wiedersehen«, sagte er und schüttelte
     dem Herrn Mäderle die Hand. »Und vielen Dank für Ihre Tipps zum Gmb H-Recht .«
    »Da nicht für«, sagte Herr Mäderle im bestem Hamburgerisch und schwenkte eine Plastiktüte. »Ihnen auch herzlichen Dank. Auf
     Wiedersehen, die Damen.«
    Im letzten Moment erkannte ich, dass er mir zuzwinkerte. Dann schloss sich die Tür. Horst Adler, auf gewisse Weise ein gebrochener
     Mann, ging mit hängendem Kopf in sein Büro zurück.
    Doris starrte ihm nach, bis er seine Tür zugemacht hatte. »Heute ist aber ein merkwürdiger Tag«, bemerkte sie. »Ganz abgesehen
     von deinem Verhalten, für das du mir eine Erklärung schuldig bist, was ist denn mit ihm los? Heute Morgen wirkt er total aufgekratzt,
     und jetzt hängt er in seinem Anzug wie ein Baguette vom Vortag.«
    Ich grübelte bereits darüber nach, wie und was ich ihr erklären sollte. »Sei nachsichtig mit ihm«, sagte ich. »Er hat gerade
     seinen Vater verloren.«
     
    Ich hatte die dreißig Euro schon griffbereit, als ich nach Hause kam, aber Jan Hörnum wollte sie nicht haben.
    »Ich möchte die Tasche behalten«, erklärte er mir,»und das ist sie mir wert.« Ich war mir nicht sicher, ob sich dieser Wert eher auf den tatsächlichen Gegenstand bezog oder
     auf den schauspielerischen Triumph, den er symbolisierte. Jedenfalls stand Jan Hörnum bereits in der Küche und hatte sämtliche
     Einzelteile aus der Tasche auf dem Tisch ausgebreitet, dazu eine Sammlung von Lappen und Reinigungsmitteln von der Silberputzpaste
     bis zu Sagrotan.
    Ich verkniff mir den Gedanken daran, wie viele meiner Schränke er dafür durchsucht hatte. Heute war er mein Held. Und weil
     er gerade damit beschäftigt war, die besagte Bürste einer Grundreinigung zu unterziehen, würden auch bald alle genetischen
     Spuren beseitigt sein.
    »Sie waren großartig«, sagte ich, nahm mir einen Kaffee und rutschte auf die Eckbank. »Allein die Verkleidung. Ich hätte Sie
     fast nicht erkannt. Sie hätten wirklich einen Oscar verdient.«
    »Da, wo ich herkomme, zählt der Ifflandring mehr«, sagte er etwas pompös. Aber ich sah, wie er über mein Kompliment strahlte.
     Außerdem sah ich, dass er sich sehr steifbeinig bewegte.
    »Was ist mit Ihnen los?«, fragte ich erschrocken. »Hat ten Sie einen Unfall?«
    »Nein, nein«, wehrte er

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