Unbefugtes Betreten
doch auf, Jungs. Das war eine ausgesprochen männliche Zusammenfassung.«
»Möchtest du uns jetzt mit einer weiblichen beglücken?«
»Eher nicht.«
»Willst du damit andeuten, Dinge zusammenzufassen sei eine unangenehm männliche Angewohnheit?«
»Gar nicht mal. Doch könnte in meiner Zusammenfassung erwähnt werden, dass Männer zu passiv aggressivem Verhalten tendieren, wenn sie von Dingen reden, die sie unsicher machen.«
»›Passivaggressiv‹. Ich hasse dieses Wort oder diesen Ausdruck oder was immer das sein soll. Ich schätze, der wird zu 90 bis 95 Prozent von Frauen verwendet. Ich weiß ehrlich nicht, was der heißt oder heißen soll.«
»Was haben wir denn gesagt, bevor wir ›passiv aggressiv‹ gesagt haben?«
»Wie wäre es mit ›wohlerzogen‹?«
»›Passiv aggressiv‹ bezeichnet einen psychischen Zustand.«
»›Wohlerzogen‹ auch. Und zwar einen durchaus erfreulichen.«
»Glaubt von den Anwesenden denn jemand allen Ernstes, dass – würde nun metaphorischer Portwein aufgetischt und zögen sich die Damen in einen anderen Raum zurück –, dass sie dann über Liebe reden würden und wir über Sex?«
»Als Junge, als ich von Mädchen noch keine Ahnung hatte, habe ich mich auf beides gleich gefreut.«
»Wie, auf Jungen und Mädchen?«
»Arschloch. Nein, auf Liebe und auf Sex.«
»Nicht so laut. Leiser bitte.«
»Gibt es im Bereich des menschlichen Strebens irgendetwas, was dem an Intensität gleichkäme? Der Sehnsucht nach Sex und Liebe, wenn du beides noch nie erlebt hast?«
»Ich erinnere mich nur zu gut daran. Das Leben kam mir völlig … unmöglich vor. Das war echtes Leiden.«
»Und dennoch ist das Ergebnis nicht so schlecht. Wir alle haben Liebe und Sex gehabt, manchmal sogar gleichzeitig.«
»Und jetzt ziehen wir unsere Mäntel an und gehen nach Hause in der Hoffnung auf eines von beidem, und das nächste Mal heißt es dann: Hand hoch, wer noch eine Nummer geschoben hat!«
»UndKopf hoch für die andern.«
»Interessant, dass Männer auch in fortgeschrittenem Alter Kindsköpfe bleiben, nicht?«
»Gilt das jetzt als passiv aggressiv?«
»Ich kann auch aktiv aggressiv sein, wenn dir das lieber ist.«
»Lass das, Liebling.«
»Wisst ihr was: Das ist so ein Abend, an dem ich nicht als Erster gehen möchte.«
»Dann gehen wir jetzt alle zusammen, und dann können Phil und Joanna uns durchhecheln, während sie aufräumen.«
»Tun wir aber nicht.«
»Nicht?«
»Nein, wir haben ein Ritual. Phil räumt ab, ich räume den Geschirrspüler ein. Wir legen Musik auf. Ich spüle die Dinge, die nicht in den Geschirrspüler kommen, Phil trocknet ab. Durchgehechelt wird niemand.«
»Was für charmante Gastgeber. Ein veritabler Trimalchio und eine wahre Frau Hurtig.«
»Jo will damit sagen: Wir sind dann leergequatscht. Durchhecheln werden wir euch morgen beim Frühstück. Und beim Mittagessen. Und in diesem Fall wahrscheinlich auch beim Abendessen.«
»Du bist ein Schwein, Phil.«
»Ich hoffe, niemand fährt jetzt noch?«
»Das hoffe ich auch. Ich kann auf der Straße keine Konkurrenten brauchen.«
»Willst du wirklich noch fahren?«
»Ich bin doch nicht bescheuert. Wir gehen alle zu Fuß oder nehmen ein Taxi.«
»Mit anderen Worten: Wir werden noch ein Weilchen hier vor dem Haus stehen und euch beide durchhecheln.«
»Wardas wirklich Zunge?«
»Natürlich.«
»Aber Zunge mag ich doch gar nicht.«
Nachdem er die Haustür geschlossen hatte, legte Phil eine CD von Madeleine Peyroux auf, küsste seine Frau im Bereich des Schürzenbändels auf den Nacken, ging hoch ins dunkle Schlafzimmer, näherte sich vorsichtig dem Fenster, sah die anderen draußen auf dem Gehsteig stehen und schaute ihnen zu, bis sie sich zerstreuten.
UnbefugtesBetreten
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Nach der Trennung von Cath spielte er mit dem Gedanken, dem Wanderverein beizutreten, doch das kam ihm dann zu absehbar traurig vor. Er konnte sich die Gespräche vorstellen:
»Tag, Geoff. Tut mir leid wegen Cath und dir. Wie geht’s dir denn?«
»Oh, gut, danke. Ich bin jetzt im Wanderverein.«
»Gut gemacht.«
Er sah auch den Rest vor sich: Das Vereinsblatt erhalten, die »Einladung an alle« studieren – »Sa 12., 10:30 Uhr, Parkplatz SO Methodistenkirche« –, am Vorabend die Schuhe putzen, ein zusätzliches Sandwich machen – wer weiß –, vielleicht auch noch eine zusätzliche Mandarine einstecken und dann (all seinen Warnungen an sich selbst zum Trotz) mit hoffnungsvollem Herzen zum Parkplatz fahren. Einem
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