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Unbefugtes Betreten

Unbefugtes Betreten

Titel: Unbefugtes Betreten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Barnes
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einen gewissen Überdruss. Doch mehr war da nicht.«
    »Deiner Meinung nach hat der Mann also nie geliebt?«
    »Allerdings.«
    »Er selbst würde das aber nicht sagen. Er würde sagen, er hat geliebt. Und zwar mehr als einmal.«
    »X-mal, würde er wohl sagen.«
    »›Ganz schön verlogen.‹«
    »Dass ich das gesagt habe, wird man mir wohl mein Leben lang unter die Nase reiben.«
    »Vielleicht reicht das ja auch.«
    »Was?«
    »Zu glauben, man habe geliebt oder man sei verliebt. Ist das nicht genauso gut?«
    »Nicht, wenn es nicht stimmt.«
    »Moooment, ich habe das ungute Gefühl, da wird jetzt die Sensibilitätskarte ausgespielt: ›Nur wir, die wir gelitten haben, haben wirklich und wahrhaftig geliebt.‹«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Nicht?«
    »Glaubst du, Frauen lieben mehr als Männer?«
    »›Mehr‹ im Sinne von ›häufiger‹ oder von ›heftiger‹?«
    »So was kann nur ein Mann fragen.«
    »Tut mir leid, das bin ich nun mal, ein armer Ficker von einem Mann.«
    »Nicht nach einem Abendessen bei Phil und Joanna. Das haben wir ja bereits festgestellt.«
    »Ach ja?«
    »Oh, Gott, du willst jetzt hoffentlich nicht, dass wir alle heimgehen und versuchen, eine Nummer zu schieben, bloß ...«
    »›Eine Nummer schieben‹ kann ich auch nicht ab.«
    »Ich erinnere mich an so eine amerikanische Fernsehshow, ihr wisst schon, so eine von der Art: Wir lösen deine sexuellen und emotionellen Probleme, indem wir dich einem Studiopublikum präsentieren und zur Schnecke machen, damit das Publikum dann mit dem guten Gefühl nach Hause gehen kann, nicht so zu sein wie du.«
    »Das ist ein extrem britischer Vorwurf, um nicht zu sagen: eine Denunziation.«
    »Ich bin nun mal Brite. Jedenfalls, da war diese Frau in der Sendung und erzählte, wieso ihre Ehe oder ihre Beziehung nicht funktionierte, und natürlich kam man sehr schnell auf das Thema ›Sex‹, und einer dieser angeblichen Experten,irgend so ein aalglatter Fernsehtherapeut oder was, fragte sie tatsächlich: ›Haben Sie große Orgasmen?‹«
    »Krawumm, direkt zum G-Punkt.«
    »Worauf sie den Therapeuten anschaute und mit sympathischer Bescheidenheit sagte: ›Also mir kommen sie jedenfalls groß vor.‹«
    »Bravo. Gut gegeben.«
    »Und was willst du damit sagen?«
    »Ich will damit sagen, wir sollten uns Pete gegenüber nicht so überlegen fühlen.«
    »Tut das jemand? Ich jedenfalls nicht. Und wenn er die Fünfzigermarke erreicht hat, ziehe ich meinen Hut.«
    »Meinst du, Pete legt so viele Frauen flach, weil er mit ihnen nicht klarkommt?«
    »Nein, ich glaube, er langweilt sich einfach schnell.«
    »Wer verliebt ist, langweilt sich nicht.«
    »Ich glaube, man kann verliebt sein und sich dennoch langweilen.«
    »Ich fürchte, da ist wieder so ein Hände-unter-den-Tisch-Moment im Anzug.«
    »Hab dich nicht so.«
    »Doch, schließlich komme ich hierher, um mich mit eurem köstlichen Essen vollzustopfen und eurem vorzüglichen Wein zu betrinken, und nicht, um mir Daumenschrauben ansetzen zu lassen.«
    »Wenn wir dich schon verköstigen, dann musst du auch was einstecken können. Denk daran: ›Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.‹«
    »Und: ›Wer nie sein Brot im Bette aß, weiß nicht, wie Krümel pieksen.‹«
    »Zur Verteidigung dieses Pete, den ich noch nie in meinem Leben gesehen habe, möchte ich eines sagen: Vielleicht hat er so heftig geliebt oder war so verliebt, wie ihm dasüberhaupt möglich ist, und warum sollten wir uns ihm nur deshalb überlegen fühlen?«
    »Es gibt Leute, die sich nicht verlieben würden, wenn sie nicht schon mal davon gelesen hätten.«
    »Verschon uns wenigstens heute Abend mit deinen Franzosenweisheiten.«
    »Können wir unsere Hände jetzt wieder gefahrlos unter dem Tisch hervorholen?«
    »Gefahrlosigkeit gibt es nicht. Darum geht es ja.«
    »Worum geht es eigentlich, wenn ich fragen darf.«
    »Dann fasse ich das mal kurz zusammen, für die, die nicht mitgekommen sind. Also, die Versammelten sind sich einig, dass die Briten das Wort ›cunt‹ viel zu häufig benutzen, dass Männer über Sex reden, weil sie nicht über Liebe reden können, dass Frauen und Franzosen mehr von der Liebe verstehen als Engländer, dass Liebe mit Leiden zu tun hat, und dass jeder Mann, der mehr Frauen als ich gehabt hat, verdammtes Schwein gehabt hat und Frauen nicht wirklich versteht.«
    »Glänzend, Dick. Wer jetzt immer noch nicht mitkommt, scheidet aus.«
    »›Scheidet aus‹? Wer bist du? Der Knotenpunkt-Direktor?«
    »Ach, hört

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