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Unberuehrbar

Unberuehrbar

Titel: Unberuehrbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Rubus
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groß zu sein. Das Gesicht, das sie am Fenster im ersten Stock zu sehen geglaubt hatte, fiel ihr wieder ein. Hatte sie sich das wirklich nur eingebildet?
    In diesem Moment drang ein Klicken an ihre Ohren, so fein, dass es kaum zu hören war. Und im gleichen Augenblick spürte Frei, wie ein Adrenalinstoß durch ihren Körper jagte. Sie machte einen Satz zur Seite und war wieder auf den Füßen, ehe ihr klar wurde, wie ihre Muskeln sich spannten und sie in einem einzigen Sprung bis auf die Galerie katapultierten. Für einen Moment hing sie auf Augenhöhe mit dem Kronleuchterin der Luft, die Hände fest um das glatte Holz des Galeriegeländers geschlossen. Unter sich hörte sie ein Krachen und Bersten, wo sie eben noch gestanden hatte – und kurz darauf explodierte das Geländer unter ihren Fingern. Mit einem gellenden Schrei fiel Frei zurück in die Tiefe und fühlte, wie mehrere ihrer Rippen unter dem Aufprall brachen. Vor Schmerz und Schreck wie betäubt, versuchte sie, sich aufzurappeln – als sie eine Bewegung wahrnahm, so schnell, dass sie unmöglich menschlich sein konnte. Ein weißer Fleck in den Schatten auf der Galerie, ein weiteres Krachen – und dann zerbarst Freis Welt in grellem Licht.
     
    Als sie wieder zu Bewusstsein kam, war sie an einen Stuhl gefesselt – so fest, dass ihr nicht ein Fingerbreit Bewegungsfreiheit blieb. Diese Seile, das wusste Frei sofort, würde sie nicht zerreißen können, auch wenn sie ihre ganze Kraft einsetzte. Eher würde sie sich den Arm abschneiden, als dass die Seile nachgaben.
    Und selbst wenn sie sich irgendwie von ihren Fesseln hätte befreien können, wäre da immer noch die Vampirin gewesen, die ihr gegenüber auf einem zweiten Stuhl saß und einen Revolver auf sie gerichtet hielt. Der Lauf der Waffe glänzte matt im Mondlicht, das durchs Fenster hereinfiel und ein milchiges Rechteck auf den Teppichboden zwischen ihnen malte.
    Ein tonloses Lachen rüttelte schmerzhaft an Freis Brust. Ihre gebrochenen Knochen hatten bereits zu heilen begonnen, und was auch sonst in ihr zerstört worden war, regenerierte sich allmählich. Aber dieses spindeldürre Wesen, das kaum aussah, als sei es älter als fünfzehn, und das nach seinem staubigen Geruch zu urteilen doch etliche Jahrzehnte älter sein musste als Frei selbst, konnte sie töten. So wie Red sie hätte töten können, weil er ein Vampirjäger war.
    Er
zumindest hatte sich geweigert.
    Aber Frei war sich nicht sicher, ob diese Vampirin ähnlich entscheiden würde. Und das wirklich Absurde daran war: Frei wollte nicht sterben. In diesem Moment, wo sie die Möglichkeit hatte, diesem elenden Dasein zu entkommen, das sie so lange und inbrünstig gehasst hatte – wollte sie nicht. Es gab nur einen, von dem sie getötet werden wollte, wenn es dazu kommen musste.
    Sie hatte Red noch nicht gefunden.
    Und nicht sich selbst.
    »Schau an, wer da wach wird.« Die Stimme der Vampirin war rau, tief und kein bisschen mädchenhaft. Sie blies sich eine struppige Haarsträhne aus der Stirn. »Bist ja noch ein ganz junger Hüpfer, was?«
    Frei schwieg. Was sollte sie auch sagen?
    Das Mädchen schlug lässig die Beine übereinander und hob den Revolver ein wenig höher. »So, Schätzchen. Und jetzt spuckst du aus, wer du bist und wer dich hergeschickt hat. Aber ein bisschen plötzlich, oder ich blase dir direkt das Hirn raus.«
    Frei presste die Lippen zusammen. Sie war nicht auf diese Situation vorbereitet. Sie hatte nicht darüber nachgedacht, was sie sagen sollte, wenn sie tatsächlich jemanden in diesem Haus antreffen sollte. Jemanden, der nicht Red oder Kris war, zumindest. Die Wahrheit? Das schien ihr das Vernünftigste zu sein. Zu lügen hätte sich doch nur gelohnt, wenn sie gewusst hätte, was das Vampirmädchen von ihr hören wollte, damit sie sie laufen ließ. Oder zumindest am Leben.
    »Ich …«, brachte sie hervor – mühsam, weil das Atmen mit gebrochenen Rippen schmerzte. »Niemand hat mich geschickt. Ich suche nach Red September.«
    Eine ganze Weile geschah nichts. Das Gesicht des Mädchens blieb unverändert misstrauisch, und der Revolver bewegte sichnicht einen Millimeter. »Nach Red. Na klar. Und warum sollte eine Bluterin nach Red suchen? Raus damit. Wer zur Hölle bist du?«
    Der Atem quälte sich durch Freis Luftröhre, kaum genug, um ihre Lungen zu füllen. »Frei«, brachte sie hervor. »Ich bin …«
    Nein. Nicht Frei.
Das Bild fuhr wie ein Blitz durch ihren Kopf.
     
    Red steht vor ihr, trägt seine Wärme in ihre

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