Unbescholten: Thriller (German Edition)
Bademantel aus, während eine Haushaltshilfe mit seinen Kleidern hereinkam. Ungeniert zog er sich vor Leszek um.
»Ich mache mir Sorgen um die Kinder«, sagte Adalberto und stieg in seine beigefarbene Hose. »Hector und Aron kommen schon zurecht, aber kümmere dich bitte um eine Bewachung für Eduardo und Inez. Sie werden sich beschweren, aber na ja, sie werden sich daran gewöhnen müssen.«
Eduardo und Inez lebten ihr eigenes Leben. Er hatte kaum Kontakt zu ihnen, schickte seinen Enkelkindern jedoch zum Geburtstag immer viel zu große und viel zu teure Geschenke. Inez hatte ihn gebeten, damit aufzuhören, aber Adalberto war auf diesem Ohr taub.
Hector, sein Ältester, war dagegen immer an seiner Seite gewesen. Mit fünfzehn Jahren hatte er angefangen, sich in die Geschäfte einzuarbeiten. Er hatte den Heroinhandel zwischen Nordafrika und Spanien abgewickelt, weil die Polizei ihre Bemühungen intensiviert hatte, den Drogenhandel zu stoppen. Stattdessen setzte er auf den Aufbau einer Geldwäscheorganisation. Sie wusch Geld aus dem Drogenhandel, Waffenschmuggel, Veruntreuungen und was sonst noch einer Verschleierung bedurfte. Als dann Amerika in den Neunzigerjahren mit der Drogenbekämpfung tatsächlich ernst machte und der Kokainpreis auf ein Allzeithoch stieg, konnten sie nicht einfach nur danebenstehen und zusehen.
Also besuchten sie gemeinsam Don Ignacio im Valle del Cauca in Kolumbien, um die Möglichkeiten zu erörtern, eine eigene Route nach Europa zu organisieren. Es war eine schwierige, teure und riskante Arbeit gewesen. Schließlich testeten sie eine Verbindung zwischen Paraguay und Rotterdam, die sich als sicher erwies. Bis diese drei Deutschen auftauchten, und Adalberto musste zugeben, dass sie ihn kalt erwischt hatten. Es war nicht seine erste Begegnung mit dem Deutschen Ralph Hanke. Er hatte indirekt ein paar Jahre zuvor bei einer Verhandlung über den Bau eines Viaduktes in Brüssel mit ihm zu tun gehabt. Hanke hatte versucht, die Bauherren zu bestechen. Er wollte um jeden Preis den Zuschlag bekommen. Aber Adalberto bekam den Auftrag, Hanke war auf der Ziellinie gestolpert, und das hatte ihm nicht verziehen. Dabei war es an sich keine große Sache. Und Adalberto wusste, dass er es mit einem schlechten Verlierer zu tun hatte, als Hanke ihm die Kokainpipeline abnahm.
Die Verbindung zwischen Paraguay und Rotterdam aufzubauen und zu erhalten war harte Arbeit gewesen; es hatte sie zudem Unmengen an Schmiergeld gekostet. Aber das Geld an sich war nicht das größte Problem, viel schwieriger war es, die richtigen Personen zu finden, die bereit waren, sich schmieren zu lassen. Doch mit der Zeit hatten sie gute Leute gefunden, die taten, wofür sie bezahlt wurden. Zollbeamte, Packer und ein vietnamesischer Kapitän, der ein eigenes Schiff besaß, und eine Mannschaft, für die er die Hand ins Feuer legte. Alles lief glatt, und vielleicht war auch das ein Grund dafür, dass Ralph Hanke eines Tages aufgetaucht war und das Geschäft an sich gerissen hatte. Er hatte höhere Schmiergelder angeboten, die Kuriere bedroht, in Rotterdam die Ware beschlagnahmt und sich seiner eigenen Kanäle bedient, um das Kokain nach Europa zu bringen.
Adalberto Guzman selbst hatte einen handgeschriebenen Brief bekommen, wohlformuliert, höflich und formell, auf kostbarem Papier. Doch die Botschaft war alles andere als höflich, denn sie lautete, dass jedem Konfrontationsversuch mit Gewalt begegnet werden würde. Er schickte ebenfalls eine handgeschriebene Antwort zurück, weniger förmlich und auf etwas einfacherem Papier. Darin gab er den Hankes zu verstehen, dass er den Verdienstausfall zurückforderte, und zwar mit Zinsen. Daraufhin war Hector an einem Fußgängerüberweg in Stockholm von einem Unbekannten überfahren worden.
Adalberto glaubte nicht an Zufälle und reagierte sofort. Er schickte Leszek nach München, um Hankes Sohn zu töten. Aber es war nicht nach Plan gelaufen. Vielleicht war das auch ganz gut so, denn jetzt waren sie quitt.
Wenn es weiterhin ruhig blieb mit den Hankes, konnte er sich wieder darauf konzentrieren, seine Handelslinie zurückzubekommen, denn das würde er, dessen war er sich sicher.
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Der Abend war immer noch mild, die Zikaden zirpten, und aus einem Fernseher irgendwo in der Nähe dröhnte eine TV-Show auf Guaraní.
Jens brachte seine Kisten in einen alten Lagerraum. Er hatte die Maschinengewehre auseinandergeschraubt und die Endstücke in eine Kiste mit Stahlrohren
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