Unbescholten: Thriller (German Edition)
um mich kümmern?«
Es dauerte einen Augenblick, bevor Hector antwortete: »Auch du musst für eine Weile untertauchen, bis sich die Dinge geklärt haben. Mein Vater wird dir dabei helfen.«
»Aber ich muss so schnell wie möglich wieder nach Hause …«
Hector legte den Kopf gegen die Scheibe, er wich ihr aus, das spürte sie. Natürlich fragte er sich, ob er ihr vertrauen konnte. Sie fragte sich ja selbst, wo sie stand und warum sie der Polizistin Informationen gegeben hatte. Von Jens ganz zu schweigen. Wie es ihm wohl jetzt ging?
Sie sah Hector an. Er schaute immer noch aus dem Fenster. Ob er ihre Gedanken lesen konnte? Sie hatte diesen Gesichtsausdruck schon oft an ihm gesehen, Konzentriertheit, ein Eingeschlossensein in sich selbst. Dieser Ausdruck war schon auf dem Bild des kleinen Jungen in seinem Fotoalbum zu sehen gewesen. War das sein wahres Gesicht, war das der echte Hector?
Ihn zu lieben würde gefährlich sein, das hatte Sophie begriffen, denn spätestens seit heute kannte sie auch den Blick, aus dem ein anderer Hector sprach. Wohin führte das alles?
Tommy Jansson stand mitten im Restaurant, zwei Leichen vor sich, eine weitere in der Küche, überall war Blut. Es war ein richtiges Schlachtfeld, die Spurensicherung hatte alle Hände voll zu tun.
Der Kollege Anders Ask und ein groß gewachsener Mann saßen stumm auf ihren Stühlen. Tommy hatte ihnen befohlen, sich zur Verfügung zu halten. Sie weigerten sich, etwas zu sagen, kein Wort bekam er aus ihnen heraus. Was, um Himmels willen, hatte Anders Ask hier zu suchen?
Tommy rieb sich mit dem Fingerknöchel das Ohr.
»Wer war zuerst vor Ort?«, fragte er in den Raum hinein.
Kriminalinspekteurin Antonia Miller, die gerade etwas in ihr Notizbuch schrieb, schaute auf. »Wie bitte?«
»Wer war zuerst hier?«
Antonia zeigte ihm deutlich, dass er sie bei der Arbeit störte. »Eine Streife, ich habe sie vor einer halben Stunde gehen lassen«, sagte sie.
»Und die Beamten haben diese beiden da gefunden?«, fragte er und zeigte auf Ask und seinen Kollegen.
»Ja, im Büro hinter der Küche, sie waren an einen Heizkörper gebunden.«
»Und was ist passiert?«
Miller seufzte, schlug ihr Notizbuch zu und klickte die Spitze ihres Kugelschreibers zurück. »Es gab einen Notruf aus dem Haus, jemand hat wiederholt Schüsse gehört. Die Streife kam, fand die Leichen hier im Restaurant, rief uns an und sicherte den Tatort.«
»Und?«
»Sie haben noch eine Leiche in der Küche gefunden und die beiden da«, erklärte Antonia Miller, »der Große ist ein Kollege. Er heißt Hans Berglund und hat der Streife seinen Dienstausweis gezeigt, die ihn über die Landeskommunikationszentrale abgeglichen hat. Der andere hat keinen Ausweis bei sich.«
Tommy Jansson sah sich im Lokal um, als Anders Asks Handy klingelte. Nach einem kurzen Blick auf das Display ließ er es einfach klingeln. Doch Tommy ging zu ihm, nahm es ihm aus der Hand und drückte die grüne Taste.
»Ja?«
»Was ist los, warum höre ich nichts von euch?«
Tommy erkannte Gunillas Stimme, sie klang gehetzt.
»Hallo, Gunilla.«
Es herrschte einen Moment lang Stille.
»Tommy?«
»Was ist hier los, Gunilla?«
»Das frage ich mich auch.«
»Ich möchte, dass du in das Restaurant Trasten in Vasastan kommst, ich glaube, du weißt, wo das ist.«
Er beendete das Gespräch und steckte sich das Handy in die Jackentasche, dabei schaute er Anders Ask an und zuckte mit den Schultern. Dann sah er sich das Lokal näher an. Ein bärtiger Techniker saß neben einer der Leichen.
»Hallo, Classe«, sagte Tommy.
Der Techniker blickte auf und nickte ihm zu.
Tommy inspizierte die Einschusslöcher und sah die Patronenhülsen auf dem Boden – alles war von der Spurensicherung markiert worden. Die umgestürzten Möbel deuteten darauf hin, dass sich einige Leute in großer Eile davongemacht hatten. Und mitten in dem Chaos saßen Berglund und Ask und schwiegen?
Tommy schaute die beiden an, er konnte sich nicht helfen und musste an Laurel und Hardy denken.
»Ihr zwei seid ziemliche Idioten, wisst ihr das?«, sagte er. »Ihr solltet schleunigst den Mund aufmachen.«
Die beiden reagierten nicht. Tommy schüttelte den Kopf und ging nach hinten in die Küche.
Auf einem Stuhl mitten im Raum saß ein blutüberströmter Mann mit einem Tranchiermesser in der Brust. Er hatte keine Zähne mehr, sein Gesicht war heftig bearbeitet worden. Selbst für einen so erfahrenen Polizisten wie Tommy Jansson kein schöner Anblick.
Eine
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