Unbescholten: Thriller (German Edition)
stand alles über Hector und Adalberto Guzmans Geschäfte, es gab genügend Beweise, um diesen Mann vor Gericht zu bringen.
Gunilla hatte mit einem Füller Summen an den Rand geschrieben, hohe achtstellige Summen, als hätte sie etwas ausgerechnet. Er legte den Ordner zur Seite und nahm noch einmal das Notizbuch zur Hand.
Er las, was sie zu Sophie geschrieben hatte. Gunilla fragte sich, ob Sophie der Schlüssel sei. Gunilla schätzte Sophie ganz falsch ein, sie wusste ja nicht, wer Sophie wirklich war. Dann entdeckte er ein paar Zeilen über sich: Er ist formbar. Er war ein Nichts für Gunilla, das begriff Lars jetzt endgültig, und ihm sollte auch die Schuld in die Schuhe geschoben werden, wenn der Plan schiefging. Lars’ Wut wuchs.
Er atmete tief durch. Tommy ahnt, dass ich nicht weiterweiß. Tommy? Tommy Jansson vom Reichskriminalamt?
Er notierte sich Janssons Namen. Dann schaltete er die Abhöranlage ein, setzte die Kopfhörer auf und drehte den Ton herunter. Es waren nur leise kratzende Geräusche zu hören. Er wartete, lauschte und wippte dabei ungeduldig mit dem rechten Fuß. Er hörte, wie die Tür zu ihrem Büro aufging. Er schaute auf die Zeitanzeige des Geräts – das musste vor vier Stunden gewesen sein. Er hörte Schritte und Stimmen, die er kannte. Es waren Gunilla, Anders und Hasse, und er hörte, wie sie sich Stühle heranzogen. Gunillas Stimme klang angestrengt, sie sprach von dem Einbruch. Dann hörte er Hasse murmeln. Lars konzentrierte sich. Es ging um das Trasten, Hasse hatte dort auf eine Gelegenheit gewartet hineinzugehen. Doch dann war Sophie mit einem unbekannten Mann aufgetaucht. Drei weitere Unbekannte waren kurz darauf erschienen und ihnen in das Restaurant gefolgt.
Der Ton war schlecht, vielleicht lag das an der Lüftung. Lars drückte die Kopfhörer an seine Ohren, konnte aber nicht genau verstehen, was Hasse sagte.
»Und dann?« Das war Gunillas Stimme.
Hasse: »Zwei Männer lagen tot auf dem Boden, als wir hereinkamen. Im Restaurant befanden sich außerdem noch der Deutsche aus dem Krankenhaus und der große Russe.«
»Und Sophie?«
»Saß neben Guzman.«
»Und Alfonse Ramirez hat inzwischen das Land verlassen, nehme ich an?«
»Ja.«
Lars hörte Gunilla seufzen.
»Und was ist mit der Geldübergabe?«
Einen Moment blieb es ganz still. Dann räusperte Anders sich und sagte: »Hector weigerte sich zu zahlen. Er sagte, die Dinge hätten sich angesichts der Toten geändert …«
»Und was ist mit Lundwall?«
»Keine Ahnung« , sagte Anders.
»Was wissen Antonia Miller und Tommy?«
»Nichts« , antwortete Hasse. »Wir haben jedenfalls nichts gesagt, zu niemandem.«
Lars drückte die Pause-Taste, stand vom Bett auf und ging zu seinem Laptop an den Schreibtisch. Er loggte sich ins Internet ein und gab die Adresse von Dagens Nyheter ein. Gleich erschien ein großformatiges Foto vom Trasten. Er las, fand aber nichts Interessantes, »die Polizei hüllt sich in Schweigen. Nach unbestätigten Aussagen gab es mindestens drei Tote.« Lars wechselte zu Expressen . »Gemetzel«, lautete die Überschrift dort, »Abrechnung in der Unterwelt«. Auch hier gab es keine näheren Informationen.
Lars klappte den Laptop wieder zu. Natürlich würden sie versuchen, auch ihn umzubringen. Seine Panik verstärkte den Wunsch nach Medikamenten.
Er stand auf und holte sich eine Tafel Schokolade aus der Minibar, dann ging er im Zimmer auf und ab. Die Schokolade schmeckte nicht nach Schokolade, sondern nach Zucker und Fett. Er aß sie dennoch auf, der Zucker half wenigstens für ein paar Momente gegen die Entzugserscheinungen.
Lars blieb am Fenster stehen und schaute über das Wasser des Nybroviken. Er sah die Bank, auf der Sophie und Jens gesessen und sich unterhalten hatten. Es kam ihm vor wie eine Szene aus einem anderen Leben. Ein Vaxholm-Dampfer tutete dreimal und legte vom Kai ab. Lars ging zum Bett zurück und begann noch einmal ganz von vorn: Er nahm sich Gunillas Notizen vor.
Vor fünf Jahren hatte sie mit Bleistift Uppsala Handelsbank, drei Millionen Kronen geschrieben. Christer Ekström und mehrere Summen in Millionenhöhe. Ein paar Seiten weiter stand Zdenko , der Traberkönig … Jeder Polizist wusste, wer Zdenko war, der vor fünf Jahren in Malmö auf der Trabrennbahn erschossen worden war. Lars fand weitere Namen und weitere Summen.
Das war die Antwort auf alle Fragen, die sich gestellt hatten, seit er die ersten Zeilen auf die Tapete seines Arbeitszimmers geschrieben
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