Unbescholten: Thriller (German Edition)
den Kühlschrank. Die Kälte, die ihm entgegenschlug, war angenehm. Er stand eine Weile davor, wie lange, wusste er nicht. Das Telefon klingelte wieder, es klang lauter als zuvor. Er stand da und lauschte, wie das Kühlaggregat knackte.
Dann hörte er sich selbst laut schreien, einen wütenden Schrei ausstoßen, der tief aus seinem Inneren kam.
»Ja?«
»Lars, was ist gestern passiert?«
Das war Gunillas Stimme.
»Gestern? Nichts, soweit ich weiß.«
»Dein Auto ist ausgebrannt.«
»Mein Auto?«
»Der Saab draußen in Stocksund, er ist heute Nacht ausgebrannt.«
»Wie denn das?«
»Das wissen wir auch nicht. Laut Zeugen ist er explodiert. Wann bist du nach Hause gefahren?«
»Gegen elf.«
»Und die Ausrüstung?«
»War noch im Saab. Wo ist das Auto jetzt?«
»Das wurde abgeschleppt und steht draußen auf dem Sammelplatz bei der Polizei von Täby. Sie werden ihn untersuchen, aber du weißt ja, wie lange so etwas dauert.«
Nein, das wusste er nicht.
»Wer könnte das getan haben, Lars?«
»Ich weiß es nicht, Gunilla.«
»Wie viel von den Aufnahmen haben wir verloren?«
»Nichts von Bedeutung, ich habe dir ja alles aufgeschrieben.«
Gunilla blieb noch eine Weile in der Leitung, sagte aber nichts mehr, dann legte sie auf.
––––––––
Jens wollte weiterschlafen, aber das Telefon hörte einfach nicht auf zu klingeln. Er schlug die Augen auf. Nach dem Licht zu urteilen, musste es schon Mittag sein.
»Ja?«
»Habe ich dich geweckt?«
»Nein, nein, ich war schon wach.«
»Können wir reden?«
Jens versuchte, die Gedanken in seinem Kopf zu ordnen. »Rufst du von dem Handy aus an, das ich dir gegeben habe?«
»Ja.«
»Leg auf, ich rufe dich zurück.«
Er schlug die Daunendecke zur Seite und stellte seine Füße auf den weichen Teppichboden. Sein Schlafzimmer war hell wie das Innere einer Kumuluswolke. Alles war weiß, bis auf ein Bild in dunklen Rottönen: eine Mark-Rothko-Kopie, die er sehr mochte. Jens streckte sich, stand auf und ging aus dem Zimmer. Er war nur mit weißen Baumwollboxershorts bekleidet, handgenäht in der Türkei. Er hatte dem Schneider zwanzig Stück davon abgekauft. Es waren die besten Kleidungsstücke, die er je besessen hatte.
Jens ging in die Küche, öffnete eine Schublade und nahm eine neue SIM-Karte heraus, entfernte die Folie und steckte die Karte in sein Handy, dann rief er Sophie zurück.
»Hier ist heute Nacht ein Auto abgebrannt«, sagte sie.
Jens war noch nicht ganz wach und ein wenig langsam.
»Abgebrannt?«
»Ich bin gegen halb eins von einer Explosion aufgewacht. Albert und ich sind rausgegangen, da stand ein Auto in Flammen, ein Saab. Dann kam die Feuerwehr.«
»Ein Saab?«
»Ja.«
»Seltsam.«
»Das kann man wohl sagen … Hast du etwas damit zu tun?«
»Nein.«
Jens dachte an den vergangenen Abend.
»Aber ich war ein paar Stunden vorher da. Das weißt du ja. Da saß ein Mann in dem Saab, ein Polizist. Ich wollte ihn heimlich fotografieren.«
»Aber?«
»Dann habe ich Hector in deiner Küche gesehen und Aron, der durch das Viertel spazierte. Er ging genau auf den Mann im Saab zu.«
Sophie schwieg.
»Also musste ich den Polizisten da wegschaffen. Wenn Aron Verdacht gegen ihn geschöpft und die Ausrüstung in seinem Kofferraum gefunden hätte, dann wäre das alles eskaliert.«
»Und dann?«
»Ich bin in den Saab gesprungen und habe den Typen gezwungen wegzufahren.«
»Und weiter?«
»Ich bin ein paar Straßen weiter ausgestiegen und mit meinem Wagen wieder in die Stadt gefahren.«
»Einfach so?«
»Ja, einfach so. Ich habe seinen Namen«, sagte Jens.
»Wie heißt er?«
»Lars Vinge.«
»Wie sieht er aus?«
»Warte …«
Jens holte Lars Vinges Führerschein, fotografierte ihn mit dem Handy und schickte das Bild an Sophie.
Er hörte ihren Atem, dann piepte es in ihrem Handy. Sie nahm es kurz vom Ohr.
»Das ist er. Ich habe ihn gestern gesehen, er stand unter den Leuten, die schauten, wie das Auto brannte.«
Diese Antwort überraschte ihn. »Bist du sicher?«
»Ja. Und er war es auch, der an dem Abend, an dem Hector gekidnappt wurde, den Volvo fuhr. Ich habe ihn auch noch woanders gesehen, ich glaube, im Djurgården. Hat er dich gesehen?«
»Nein, ich saß hinter ihm auf der Rückbank.« Jens überlegte. »Er muss das Auto selbst angezündet haben.«
»Aber warum?«
»Vielleicht hat er sich enttarnt gefühlt, nachdem ich ihm seine Sachen weggenommen hatte.«
»Was hast du ihm denn abgenommen?«
»Handy,
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