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Unbeugsam

Unbeugsam

Titel: Unbeugsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Hillenbrand
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sich um Phil herum in den linken Sitz, und Phil rutschte nach rechts. Jetzt steuerte Cuppernell das Flugzeug. 9
    Einige Minuten später fiel jemandem auf, dass die Motoren auf der einen Seite mehr Treibstoff verbrauchten als die auf der anderen Seite, wodurch die eine Seite ständig leichter wurde. Die Männer begannen daher, Treibstoff |141| von der einen Seite auf die andere zu transportieren, um die Last auszugleichen.
    Plötzlich ging ein Zittern durch die Maschine. Louie schaute auf den Tachometer und sah, dass die Drehzahlen von Motor 1 – des Motors links außen – abfielen. Er schaute zum Fenster hinaus. Der Motor wackelte bedenklich. Dann setzte er aus. Der Bomber kippte nach links und begann schnell zu sinken.
    Zur Rettung des Flugzeugs blieben Phil und Cuppernell nur Sekunden. Fieberhaft begannen sie zu arbeiten, allerdings hatte Louie den Eindruck, dass sie wegen ihres Platztauschs etwas konfus waren. Um den Luftwiderstand des nicht mehr funktionierenden ersten Motors zu reduzieren, mussten sie ihn »federn«: Die Blätter des toten Propellers mussten parallel zum Wind gestellt und die Propellerrotation musste gestoppt werden. Das wäre eigentlich Cuppernells Aufgabe gewesen, der aber jetzt auf dem Pilotensitz saß. Cuppernell rief nach dem neuen Ingenieur, er solle ins Cockpit kommen und den Motor federn. Es ist nicht rekonstruierbar, ob er oder sonst jemand genau angab, welcher Motor gefedert werden musste. Das aber war eine entscheidende Information: Da der Propeller an einem ausgefallenen Motor sich weiterhin im Wind dreht, kann er durchaus den Eindruck erwecken, der Motor funktioniere noch.
    Auf dem Steuerpult gab es vier Federungstasten, eine für jeden Motor, sie waren mit einer Plastikblende abgedeckt. Der Ingenieur lehnte sich zwischen Cuppernell und Phil nach vorn, klappte die Blende auf und drückte auf eine Taste. Sofort machte
Green Hornet
einen Satz und sackte nach links ab. Der Ingenieur hatte den Knopf für Nr. 2, nicht für Nr. 1 gedrückt. Jetzt liefen beide linken Motoren nicht mehr, und nach wie vor war Nr. 1 nicht gefedert. 10
    Phil gab auf die beiden laufenden Motoren Vollgas, er versuchte, das Flugzeug so lange oben zu halten, dass er den funktionierenden linken Motor wieder starten konnte. Durch die hochgedrehten rechten Motoren, die einen starken Zug gegen die antriebslose, absackende Seite entwickelten, drehte sich das Flugzeug auf seine linke Seite, und es entstand eine Spiralbewegung. Der Motor war nicht mehr aktivierbar. Das Flugzeug stürzte weiter ab.
    Green Hornet
war dem Untergang geweiht. Das Einzige, was Phil noch tun konnte, war, das Flugzeug aus der Schräglage zu holen und so vielleicht noch eine Notwasserung zu schaffen. Er knurrte drei Wörter in die Sprechanlage:
    »Vorbereiten zum Absturz.« 11

    |142| Green Hornet
, die Unglücksmaschine, in der die Crew von Phil am 27. Mai 1943 im Pazifik abstürzte.
    Louie stürzte aus dem Cockpit und forderte alle laut auf, sich zu ihren Absturzplätzen zu begeben. Er holte das zusätzliche Rettungsboot heraus und kletterte dann zu seinem Absturzplatz beim rechten Rumpffenster. Er sah Mac, den neuen Heckschützen, der die Proviantkiste umklammert hielt. Andere streiften sich in panischer Eile ihre Rettungswesten über. Flüchtig bemerkte Louie, dass Mitchell nicht aus seiner Kabine im Bug herausgekommen war. Mitchell hatte in Notfallsituationen wie dieser die Aufgabe, die Position des Flugzeugs zu berechnen und an den Funker weiterzugeben, sodass dieser einen Notruf losschicken konnte; außerdem musste Mitchell sich den Sextanten und die Ausrüstung für die Astronavigation an den Körper schnallen. Aber so wie das Flugzeug jetzt kopfüber nach unten trudelte und bei dem engen Fluchtweg konnte der Navigator sich womöglich nicht mehr aus seiner Kabine befreien.
    Während nun die Männer hinter dem Cockpit in die relative Sicherheit von Rumpf und Heck des Flugzeugs flohen, muss ein Mann – sehr wahrscheinlich |143| der Ingenieur, der die falsche Federungstaste gedrückt hatte – vorn geblieben sein. Da Rettungsboote sich bei einem Absturz nicht von allein auslösen, war es Aufgabe des Ingenieurs, hinter dem Cockpit zu bleiben, um den Hebel zur Boots-Entriegelung zu ziehen. Um sicherzustellen, dass die Boote so nah beim Flugzeug blieben, dass Überlebende sie schwimmend schnell erreichen konnten, musste er mit dem Ziehen des Hebels bis unmittelbar vor dem Absturz warten. Er hatte also, wenn überhaupt, nur eine sehr geringe

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