Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unbeugsam

Unbeugsam

Titel: Unbeugsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Hillenbrand
Vom Netzwerk:
Nauru.
    Louie ging zu
Super Man;
wie sein Flugzeug machte auch er einen stark mitgenommenen Eindruck. Er steckte seinen Kopf durch eines der Kanonenlöcher und sah die durchtrennten Kabel des rechten Ruders, die er erst gestern notdürftig miteinander verbunden hatte. Mit der Hand fuhr er über die Risse im Rumpf von
Super Man
. Das Flugzeug hatte ihn und seine ganze Crew bis auf einen gerettet. Er behielt
Super Man
immer als treuen Begleiter in Erinnerung.
    Zusammen mit Phil, Cuppernell, Mitchell und dem bandagierten Glassman bestieg Louie ein anderes Flugzeug, das sie nach Hawaii zurückbringen sollte. Pillsbury, Lambert und Douglas waren zu schwer verletzt, als dass sie hätten mitfliegen können. In wenigen Tagen sollten sie nach Samoa gebracht werden, wo ein Arzt nach einem Blick auf Pillsburys Bein von »Hackfleisch« sprach. 14 Lambert verbrachte fünf Monate im Krankenhaus. 16* |135| 15 Als ein General ihm den Orden »Purple Heart« überreichte, konnte er sich nicht einmal aufrichten, und der General machte die Medaille an seinem Betttuch fest. Für Douglas war der Krieg vorbei. Und Brooks lag in einem Grab auf dem Friedhof des Marinecorps von Funafuti.
    Die Crew war definitiv aufgelöst. Ihr Flugzeug
Super Man
sollten die Männer nie wiedersehen.
     
    Louie spürte, wie sich beim Abflug von Funafuti ein schweres Gewicht auf seine Seele senkte. Er und seine Crewkollegen legten einen Zwischenstopp in Kanton ein, dann flogen alle zum Palmyra-Atoll weiter, wo Louie sich unter die heiße Dusche stellte und im Kino des Stützpunkts den Film
Sein letztes Kommando (They Died with Their Boots On)
anschaute: den Film, in dem er als Statist mitgewirkt hatte, damals, bei Kriegsbeginn, zu einer Zeit, die bereits eine halbe Ewigkeit zurückzuliegen schien.
    Nach der Rückkehr nach Hawaii versank er in lähmende Trägheit. Er war sehr reizbar und zog sich ganz in sich selbst zurück. Auch Phil hatte seine Gelassenheit verloren, oft trank er mehr, als ihm gut tat, und war nur mehr ein Schatten seiner selbst. Da nicht nur ihr Flugzeug, sondern auch ihre Crew nicht mehr existierte, wurden die Männer auch nicht mehr zu Einsätzen eingeteilt; sie saßen in Honolulu herum und schlugen die Zeit tot. Als einmal ein betrunkener Hitzkopf einen Streit vom Zaun brechen wollte, starrte ihn Phil nur ausdruckslos an, Louie dagegen tat ihm den Gefallen. Die beiden gingen vor die Tür, um die Sache auszutragen, der Herausforderer machte dann aber doch lieber einen Rückzieher. Louie schaffte es beim Bier mit seinen Freunden nicht mehr, sich auf die allgemeine kumpelhafte Geselligkeit einzulassen. Er verkroch sich in sein Zimmer, hörte Musik und tröstete sich mit dem Laufen: Bis zur Erschöpfung drehte er seine Runden auf dem sandigen Boden um das Rollfeld von Kahuku, dachte an die Olympischen Spiele im Jahr 1944 und versuchte mit aller Macht, den flehentlichen Gesichtsausdruck von Harry Brooks zu vergessen.
    Am 24. Mai wurden Louie, Phil und die anderen Veteranen von
Super Man
in das 42. Geschwader der 11. Bombergruppe versetzt. Es sollte an der Ostküste von Oahu stationiert werden, am grandiosen Strand von Kualoa. 16 Sechs neue Männer sollten die ausgefallenen Mitglieder der ehemaligen
Super Man
-Crew ersetzen. Louie und Phil begegneten den Neuen mit Skepsis. »Die Vorstellung gefällt mir überhaupt nicht«, schrieb Louie in sein |136| Tagebuch. »Wenn sie eine Crew neu zusammensetzen, geht das doch jedes Mal in die Hose.« Das einzig Bemerkenswerte an den Neuzugängen war für die
Super Man
-Veteranen der extrem ausgeprägte Hang zu Süßigkeiten beim Heckschützen Francis McNamara, einem Sergeanten aus Cleveland, der sich fast ausschließlich von Desserts ernährte. Die Männer nannten ihn »Mac«. 17
    Noch hatten sie kein Flugzeug. Liberator-Maschinen, die für die 11. Bombergruppe bestimmt waren, wurden aus anderen Kampfgebieten eingeflogen; die ersten fünf, übersät mit Einschusslöchern, waren gerade eingetroffen. Eine der Maschinen,
Green Hornet,
machte einen völlig heruntergekommenen Eindruck: An den Seiten war sie bespritzt mit irgendeiner schwarzen Masse, die Farbe an den Motoren war völlig abgeblättert, und selbst ohne Bombenladung und mit vier funktionierenden Motoren war es nur schwer möglich, sie in der Luft zu halten. Das Heck hing beim Fliegen chronisch niedriger als der Rumpf, ein Phänomen, das in Fliegerkreisen »mushing« genannt wurde, weil man beim Steuern das unangenehme Gefühl hatte, ein nicht präzis

Weitere Kostenlose Bücher