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Unbeugsam

Unbeugsam

Titel: Unbeugsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Hillenbrand
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Männer in Rettungsbooten übersehen hatte.
    Allerdings war jetzt die Rettungschance mit den wahrscheinlich besten Aussichten auf Erfolg vertan. Mit jeder Stunde trieben sie weiter Richtung Westen, entfernten sich also von den Flugrouten. Wenn sie nicht gefunden wurden, konnten sie nur dann überleben, wenn sie an Land trieben. Aber in |159| Richtung Westen gab es über eine Strecke von 3000 Kilometern nicht eine einzige Insel. 17* Wenn sie wundersamerweise tatsächlich so weit treiben und noch am Leben sein würden, könnten sie die Marshall-Inseln erreichen. Wenn sie etwas weiter nach Süden trieben, würden sie möglicherweise auf den Gilbert-Inseln ankommen. Wenn sie es allerdings tatsächlich schafften, auf eine dieser Inseln zu stoßen statt sie zu verpassen und weiter in den offenen Pazifik hinauszutreiben, dann würde ihre Lage womöglich noch problematischer werden. Beide Inselgruppen waren in der Hand der Japaner. Mit sehr gemischten Gefühlen schaute Louie hinter der immer kleiner werdenden
Daisy Mae
her.
     
    Während die Schiffbrüchigen zuschauten, wie ihre Möchtegern-Retter hinter dem Horizont verschwanden, lenkte George »Smitty« Smith, der in der Nacht vor dem Absturz mit Phil zusammengesessen und über Cecy geplaudert hatte, seine B-24 über den Ozean und suchte nach Spuren der verschollenen Männer. Ungefähr 80 Meilen vor Barbers Point, einem Stützpunkt an der Leeseite von Oahu, meldeten seine Männer, sie hätten etwas gesichtet. Smitty zog daraufhin seine Maschine herunter und sah mehrere gelbe Boxen, die auf dem Wasser trieben. Große Fische umkreisten sie. 8
    Die Boxen stammten nicht von der
Green Hornet
. Sie trieben in zu großer Nähe zu Oahu, und der Abstand zur Absturzstelle von
Green Hornet
war viel zu weit; ganz davon abgesehen, dass die Meeresströmung sie sonst in die andere Richtung getrieben hätte. Aber wahrscheinlich war Corpenings Flugzeug irgendwo entlang der nord-südlichen Flugroute, über der Smitty seine Suche durchführte, abgestürzt. Die Boxen waren möglicherweise die letzten Überreste der Maschine von Corpening und deren Besatzung.
    Die Boxen waren nicht das Einzige, was Smitty an jenem Tag auffiel. In der Gegend, wo die
Green Hornet
abgestürzt war, bemerkte er ein grellgelbes Objekt, das auf der Wasseroberfläche schaukelte. Er zog seinen Bomber herunter. Es schien sich um eine Vorratsbox zu handeln, ähnlich der, wie sie an Bord von B-24-Bombern üblich war, allerdings war er sich nicht sicher. Smitty flog eine Viertelstunde lang Runden um die Box herum. Doch in der Nähe fand sich nichts: keine Trümmer, keine Boote, keine Menschen. Smitty nahm wohl an, dass er ein Überbleibsel von Phils Flugzeug vor sich hatte, und ziemlich sicher hatte er damit recht. Auf seinem Rückflug nach Oahu |160| dachte er an seine Freundin Cecy und an ihren Schmerz, wenn sie erfuhr, dass Phil, ihr Verlobter, vermisst war.
    Auf Oahu gaben die Männer des 42. Geschwaders die Hoffnung allmählich auf. »Cuppernell, Phillips, Zamperini (der Olympia-Mann) und Mitchell verschwanden auf ihrem Weg nach Palmyra«, schrieb ein Mann vom Bodenpersonal in sein Tagebuch. »Es fällt mir schwer, mich an so etwas zu gewöhnen. Erst gestern habe ich sie alle nach Kahuku und in der Gegend herumgefahren – wir haben uns miteinander amüsiert und Witze gemacht, und jetzt sind sie wahrscheinlich tot! Die anderen Piloten verhalten sich, als wäre gar nichts passiert, und reden davon, die Kleidung der Vermissten in die Heimat zu schicken, als wäre es das Normalste von der Welt. So muss man wohl damit umgehen, denn so ist es nun mal – es ist tatsächlich das Normalste von der Welt!« 9
     
    Die Abgestürzten bauten körperlich ab. Keiner von ihnen hatte seit dem zeitigen Frühstück vor ihrem letzten Flug – abgesehen von der Schokoladenriegelorgie von Mac – mehr etwas zu sich genommen. Hunger und Durst waren jetzt fast unerträglich. Auf den Tag, an dem sie die B-24 gesichtet hatten, folgte eine weitere eiskalte Nacht, dann ein langer vierter Tag – ohne Flugzeuge, ohne U-Boote. Jeder trank die letzten Tropfen seines Wassers.
    Irgendwann am fünften Tag drehte Mac durch. 10 Tagelang hatte er fast nichts gesagt, jetzt fing er plötzlich zu schreien an, dass sie sterben würden. Mit wildem Entsetzen in den Augen tobte und brüllte er und war außerstande aufzuhören. Louie schlug ihn ins Gesicht. Mac wurde sofort still und legte sich hin, er war offensichtlich auf eine verquere Art zufriedengestellt.

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