Unbeugsam
Ergebnis geblieben. Sämtliche Mitglieder von Phils Crew wurden nun offiziell für vermisst erklärt, und in Washington wurde die Prozedur der Benachrichtigung der Familien in Gang gesetzt. Die Männer der
Daisy Mae
erhielten die Weisung, ihr Flugzeug von Palmyra nach Oahu zurückzufliegen. Die Suche wurde abgebrochen. 14 Die Crew war niedergeschlagen – alle wollten weitersuchen. Als sie nach Oahu zurückflogen, sprachen sie über die Vermissten.
Leutnant Jack Krey betrat das Cottage in Kualoa, er hatte die traurige Pflicht, die Habseligkeiten der Drei aufzusammeln und an ihre Familien zurückzuschicken. 15 Louies Zimmer sah noch fast genauso aus wie an jenem Donnerstagmorgen, als er es verlassen hatte: Seine Kleidungsstücke, eine Truhe, ein Tagebuch, in dem als Letztes ein paar Zeilen über einen Rettungseinsatz geschrieben standen, ein Poster von der Schauspielerin Esther Williams an der Wand. Der Zettel, den Louie auf die Truhe gelegt hatte, war verschwunden, der Schnaps auch. Krey fand unter Louies Sachen auch Fotos, die Louie im Flugzeug geknipst hatte. Bei einigen hatte er offensichtlich vergessen, dass er das Norden Bombsight-Visier nicht fotografieren durfte, diese Bilder musste Krey konfiszieren. Der Rest von Louies Habe wurde in seine Truhe gepackt und für den Versand nach Torrance vorbereitet.
Am Abend des 4. Juni 1943, einem Freitag, war Phils Mutter Kelsey in Princeton, Indiana. Da ihr Mann und ihr Sohn nicht mehr bei ihr wohnten, hatte sie das Haus der Familie in Terre Haute verkauft und war nach Princeton gezogen, in größere Nähe zu ihrer Tochter Martha und ihrer zukünftigen Schwiegertochter Cecy, die ihr eine gute Freundin geworden war. An diesem Abend, an dem Kelsey sich zu einem Besuch bei Martha aufhielt, bekam sie ein Telegramm: 16
|163| ICH BEDAURE IHNEN MITTEILEN ZU MÜSSEN, DASS DER OBERKOMMANDANT DER PAZIFIKREGION IHREN SOHN – OBERLEUTNANT RUSSELL A PHILLIPS – ALS SEIT DEM SIEBENUNDZWANZIGSTEN MAI VERMISST GEMELDET HAT. SOLLTEN WEITERE DETAILS ODER ANDERSLAUTENDE INFORMATIONEN ZU SEINEM STATUS BEKANNTWERDEN, WERDEN SIE UMGEHEND DAVON IN KENNTNIS GESETZT.
Am selben Abend erhielten auch die Zamperinis ein solches Telegramm. 17 Louise rief Sylvia an, die kürzlich den Feuerwehrmann Harvey Flammer geheiratet hatte und jetzt mit ihm in einem Vorort in der Nähe wohnte. Als Sylvia hörte, dass ihr Bruder vermisst wurde, bekam sie einen hysterischen Anfall; sie schluchzte so laut, dass ihre Nachbarin herüberkam. Sie fragte, was passiert war, aber Sylvia war derartig außer sich, dass sie nicht antworten konnte. Irgendwann hatte sie sich dann so weit wieder gefangen, dass sie Harvey bei der Feuerwehrzentrale anrufen konnte. Er riet ihr, zu ihrer Mutter zu fahren. Sylvia legte den Telefonhörer auf und verließ umgehend das Haus.
Während der 45 Minuten dauernden Autofahrt weinte sie ununterbrochen. Wochen zuvor, unmittelbar nach dem Angriff auf Nauru, war ihr beim Hereinholen der Tageszeitung auf der Titelseite ein Bild von Louie ins Auge gefallen: Er blickte durch ein gähnendes Loch in der Seitenwand von
Super Man
nach draußen und sah völlig fertig aus. Das Bild hatte sie fürchterlich schockiert. Als sie jetzt mit der Nachricht konfrontiert war, dass Louie vermisst wurde, schaffte sie es nicht, dieses Bild aus ihren Gedanken zu verdrängen. Als sie vor dem Haus ihrer Eltern anhielt, musste sie sich erst sammeln, bevor sie eintrat.
Ihr Vater war gefasst und still, die Mutter außer sich vor Angst. Sylvia, die ebenso wie die anderen Familienmitglieder annahm, Louie sei über dem Pazifik abgestürzt, sagte zu ihrer Mutter, sie solle sich keine Sorgen machen. »Mit all den vielen Inseln dort«, so ihre Worte, »wird er wohl irgendwo jemandem Hula beibringen.« Auch Pete aus San Diego kam nach Hause. »Wenn er eine Zahnbürste und ein Taschenmesser hat und auf Land stößt«, versicherte er seiner Mutter, »dann wird er es schaffen.«
Vielleicht an diesem Tag, vielleicht auch später fiel Louise der kleine Schnappschuss in die Hände, der am Nachmittag von Louies Aufbruch entstanden war: ihr Sohn neben ihr auf der Vordertreppe, sein Arm um ihre Hüfte gelegt. Auf die Rückseite des Fotos schrieb Louise:
Louis als vermisst gemeldet – 27. Mai 1943.
|164| Die Nachricht von Louies Verschwinden erschien als Schlagzeile auf der ersten Seite der kalifornischen Zeitungen und war am 5. Juni Thema Nummer Eins im Radio. Der
Los Angeles Evening Herald and Express
brachte
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