Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unbeugsam

Unbeugsam

Titel: Unbeugsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Hillenbrand
Vom Netzwerk:
eine Information, die er noch auf Oahu erhalten hatte, dass nämlich während eines Luftkampfs eine B-24 D auf einem Riff abgestürzt und von den Japanern geborgen worden war.
Green Hornet
war ein D-Modell. Da er wusste, dass die Japaner dieses Modell schon kannten, beschloss Louie, |215| nicht zu lügen, und gab an, es sei eine D gewesen. Sie gaben ihm Bleistift und Papier und forderten ihn auf, eine Skizze des Flugzeugs anzufertigen. Als er damit fertig war, hielten die verhörenden Offiziere das Foto eines D-Modells daneben. Sie hatten ihn auf die Probe gestellt.
    Was wusste er vom E-Modell der B-24? Nichts, antwortete Louie. Das war nun eine Lüge;
Super Man
gehörte zwar offiziell zur D-Serie, doch waren etliche Verbesserungen daran vorgenommen worden, die die Maschine faktisch zu einem E-Modell machten. Wo befindet sich das Radarsystem? Die Lage des Radarsystems hatte auf seine Funktionsweise keinen Einfluss, Louie konnte also die Wahrheit sagen. Wie wird es bedient? Louie kannte die Antwort, erwiderte aber, dass er als Bombenschütze das nicht wusste. Die Offiziere forderten ihn auf, das Radarsystem zu skizzieren. Louie erfand ein Phantasiesystem und produzierte eine derart komplexe Zeichnung, dass das System, so hieß es später, »einem zerfetzten Tintenfisch« glich. 14 Die Offiziere nickten.
    Dann kamen sie auf das Norden Bombsight zu sprechen. Wie wird es bedient? Man drückt einfach zwei Knöpfe, sagte Louie. Das verstimmte die Offiziere. Louie wurde in seine Zelle zurückgeschickt.
    Louie vermutete, dass es wohl nicht bei diesem einen Verhör bleiben werde, er dachte daher gründlich über mögliche Fragen nach und legte sich sorgfältig zurecht, was er darauf antworten würde. Er erwog, welche Informationen er preisgeben konnte und welche er für sich behalten musste. Für letztere dachte er sich Lügen aus, die er einübte, bis sie ihm glatt über die Lippen kamen. Da er beim ersten Verhör teilweise auch die Wahrheit gesagt hatte, konnte er jetzt umso besser lügen.
    Auch Phil wurde zum Verhör geholt, und da auch er über die von den Japanern erbeutete B-24D Bescheid wusste, gab er offenherzig alles preis, was ihm über deren Bestandteile einfiel. 15 Die Offiziere forderten ihn auf, die amerikanische Kriegsstrategie zu beschreiben. Er antwortete, die Amerikaner würden wohl mit Angriffen auf die entlegeneren eroberten Territorien beginnen und sich dann ihren Weg in Richtung Japan vorarbeiten, bis sie schließlich Japan selbst besiegen würden. Die Fragensteller brachen in lautes Gelächter aus. Auf Phil wirkte die Heiterkeit verzwungen. Diese Männer, so sein Eindruck, waren insgeheim alles andere als sicher, dass Japan den Krieg gewinnen würde.
     
    Louie saß in seiner Zelle, als ein neuer Wachtposten in der Tür erschien. Louie schaute hoch, sah ein Gesicht, das er nicht kannte, und böse Vorahnungen stiegen in ihm auf, musste er doch damit rechnen, dass auch diese |216| neue Wache wieder als erstes an ihm ein Exempel ihrer Macht statuieren werde.
    »Du Christ?«, fragte der Wachsoldat.
    Louie, dessen Eltern immerhin versucht hatten, ihn katholisch zu erziehen, hatte keine Kirche mehr von innen gesehen seit einem Sonntag in seiner Kindheit, als ein Priester ihn für sein Zuspätkommen bestrafte, indem er ihn am Ohr packte und vor die Tür zerrte. Trotz der argen Schmerzen, die ihm das bereitet hatte, war in Louie noch ein Rest Religion übrig geblieben. Er sagte Ja. Der Wachsoldat lächelte.
    »Ich Christ.«
    Der Soldat nannte seinen Namen, den Louie später, ohne sich ganz präzise zu erinnern, mit Kawamura wiedergab. 16 Er begann, Louie auf Englisch anzusprechen, das allerdings so gebrochen war, dass Louie lediglich etwas von kanadischen Missionaren und einer Bekehrung verstand. Der Wachmann schob Louie zwei Bonbons in die Hand, dann ging er zu Phils Zelle und gab ihm auch zwei. Eine Freundschaft war geboren.
    Kawamura brachte einen Bleistift und Papier und fing an, Zeichnungen von Dingen anzufertigen, über die er gern sprechen wollte. Er ging mit seinen Zeichnungen von irgendwelchen Gegenständen – einem Auto, einem Flugzeug, einer Eistüte – zwischen den beiden Zellen hin und her, sprach die jeweils dazugehörigen japanischen Wörter aus und schrieb sie nieder. Louie und Phil schrieben und nannten die entsprechenden englischen Wörter. Die Gefangenen verstanden fast nichts von dem, was Kawamura sagte, doch sein guter Wille brauchte keine Übersetzung. Kawamura konnte nichts tun, um die

Weitere Kostenlose Bücher