Uncharted - Das vierte Labyrinth
hinüber, um sich die Kluft genauer anzusehen. Sein Magen zog sich noch fester zusammen.
„Hört ihr das?“, fragte Sully.
Sie alle hielten inne und lauschten. Jada hatte ihre Suche hinter dem Fass inzwischen aufgegeben und stand nun kerzengerade da. Drake konnte zunächst nichts wahrnehmen. In dem Keller der verlassenen Festung klang jedes Geräusch gedämpft und weit entfernt, und er erwartete, das Pfeifen des Windes, einen leisen Schrei oder vielleicht Schritte im Korridor zu hören. Aber nichts dergleichen drang an seine Ohren, und erst nach einer Weile wurde ihm klar, dass das Geräusch, das Sully meinte, von einer anderen Ebene zu ihnen drang. Es war ein tiefes Brummen, und er hatte das Gefühl, als würde es direkt in seinem Schädel erklingen.
Nein. Nicht in meinem Schädel. Es kommt durch mich nach oben .
Genauso war es. Der brummende, knirschende Laut kam aus dem Boden, und er ließ Drakes Knochen von seinen Beinen bis zu seinem Kopf unmerklich vibrieren.
Er starrte mit wachsendem Unbehagen auf seine Füße hinab, aber dann fiel ihm etwas auf, das seine Beunruhigung fast augenblicklich wieder vergessen machte. Die Weinfässer in der Nische rechts von ihm hatten ihren Inhalt schon längst über den Boden vergossen, und ein Rinnsal aus Wein musste damals über den Boden geflossen sein, denn es hatte beim Trocknen eine dunkle, blutige Spur im Stein hinterlassen. Drake folgte diesem Zickzack mit den Augen, bis er an der hinteren Wand verschwand.
„Sully, gib mir mal deine Taschenlampe“, bat er.
„Nate, wir müssen weg“, drängte Sully.
„Ich bin gleich fertig.“
Sully gab ihm die Lampe, und Drake leuchtete damit auf die Weinflecken hinab. Der Boden war nicht ganz eben, und das war wohl auch schon so gewesen, als die Fässer leck gegangen waren. Doch es existierte kein großer Fleck in der Nähe der Wand, wo die verschüttete Flüssigkeit sich eigentlich in einer Lache hätte sammeln müssen. Das ergab keinen Sinn.
Drake ließ sich auf ein Knie sinken und folgte der Spur im Schein der Taschenlampe, bis er entdeckte, wohin all der Wein verschwunden war. Obwohl der Großteil des Kellers aus dem Fels des Hügels herausgehauen war, gab es hier einen Riss, wo Boden und Wände aufeinandertrafen. Der Wein hatte sich nicht sammeln können, weil er durch diesen Spalt tiefer ins Innere des Hügels hinabgeflossen war.
„Seht euch das an“, rief er.
„Nate“, sagte Jada beunruhigt. Sie blickte zu den Rissen hoch, die Sully an der Decke entdeckt hatte.
„Dauert nur einen Moment“, beharrte Drake. „Der Wein ist dort versickert. Ich weiß, es könnte nur ein Spalt sein, und es bedeutet noch lange nicht, dass Luka recht hatte, als er behauptete, das Labyrinth wäre hier, aber … “
„Natürlich hatte er recht“, schnappte Jada. „Ich meine, klar, Väter glauben, sie haben in allem recht. Aber was seine Forschung betraf, da begnügte meiner sich nicht mit Vermutungen. Wenn er in sein Tagebuch geschrieben hat, dass es hier ist, dann können wir davon ausgehen, dass er noch andere Hinweise und Informationsschnipsel gesammelt hat, von denen wir nichts wissen. Vielleicht steht noch viel mehr in dem Tagebuch, als wir vermuten. Vielleicht können wir es nur nicht entschlüsseln.“
Sully versteifte sich. Eine Sekunde später spürte auch Drake das Beben, das seinen Freund so erschreckt hatte.
„Weißt du was?“, murmelte er. „Falls es einen Weg nach unten gibt, ist er vermutlich nicht hier. Ich schlage vor, wir gehen wieder … “
Das Knacken war so laut, dass es den Rest des Satzes verschluckte. Der ganze Raum begann zu erzittern, und Drake wusste, dass sie nicht mehr viel Zeit hatten.
„Lauft!“, schrie er und schob Jada vor sich her auf den Ausgang zu.
Dicht hinter Sully hasteten sie durch den Weinkeller. Jada leuchtete mit ihrer Taschenlampe immer wieder nach oben, und Drake konnte nicht umhin, die Risse zu sehen, die sich in rasantem Tempo über die jahrhundertealten Steine an der Decke zogen und weiter und weiter auseinanderklafften, je länger sie wurden.
Der Lärm wurde so ohrenbetäubend, dass er selbst Drakes Gedanken übertönte, und gerade, als er Sully zurufen wollte, er solle sich beeilen, begann vor ihnen die Decke einzustürzen. Ein Trümmerteil fiel auf seine Schulter, und noch einmal stieß er Jada an, dieses Mal sehr viel fester. Sie stolperte nach vorne, prallte gegen Sully, und dann fielen sie beide durch die offene Tür und landeten der Länge nach auf dem
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