Uncharted - Das vierte Labyrinth
wartete draußen auf sie. Mehrere Gepäckträger luden ihre Taschen in den Kofferraum, bevor Corelli ihn zuschlug. Drake und Jada kletterten hinter Olivia in den Fond, während Henriksen sich noch kurz mit den Männern von der norwegischen und der amerikanischen Botschaft unterhielt. Corelli stellte sich dabei hinter ihn und übernahm so einmal mehr die Funktion des Bodyguards. Keiner von ihnen hatte noch eine Waffe – sie hatten sie ja wohl kaum zurückverlangen können, nachdem sie zwei Stunden lang abgestritten hatten, dass sie ihnen gehörten – , aber Corelli sah aus, als wüsste er, wie man Leuten auch ohne Kugeln Schmerzen zufügte. Drake vermutete, dass die Unterhaltung sich darum drehte, wie dankbar Henriksen den Diplomaten für ihr Einschreiten war und in welcher Form er diese Dankbarkeit ausdrücken würde. Vermutlich mit Bargeld.
Schließlich öffnete Henriksen die Beifahrertür und blickte zu ihrem Chauffeur hinüber.
„Steigen Sie aus.“
„Mr. Henriksen“, sagte der blonde Mann, dessen norwegischer Akzent viel deutlicher als der von Henriksen zu hören war. „Die Botschaft schickt mich. Ich soll Sie hinbringen, wohin immer Sie möchten.“
Henriksen warf den Diplomaten am Straßenrand einen kurzen Blick zu, bevor er sich wieder dem Chauffeur widmete.
„Ich habe meinen eigenen Fahrer. Aber keine Sorge, man wird Sie trotzdem bezahlen.“
Während er sprach, öffnete Corelli die Fahrertür und bedeutete dem Blondschopf auszusteigen. Der Mann zögerte noch kurz, dann zuckte er mit den Achseln und schälte sich aus seinem Sitz, ohne den Motor abzustellen. Über das Dach der Limousine hinweg rief er dem Vertreter der Botschaft anschließend auf Norwegisch etwas zu, und als der Diplomat mit einem knappen Nicken antwortete, warf er die Hände hoch und machte den Weg frei, sodass Corelli sich hinter das Steuer setzen konnte.
Der Fahrer stand noch immer verwirrt neben dem Auto, als Corelli die Tür zuknallte. Nur wenige Sekunden später – nachdem Henriksen zu Olivia, Jada und Drake in den Fond gestiegen war und auch die hintere Tür geschlossen hatte – fädelte die Limousine sich auch schon in den Verkehr ein, der vom Flughafen in die Stadt rollte. Jada und Drake tauschten einen kurzen Blick.
„Kennen Sie sich in Nanjing aus?“, wollte Jada von Corelli wissen.
„Ich war noch nie in China“, erklärte er. Corelli nickte in Richtung Armaturenbrett. „Wir haben ein Navi. Was soll schon schiefgehen?“
„Geben Sie mir das“, verlangte Henriksen.
Corelli reichte das Navigationsgerät durch das offene Fenster zwischen dem Vordersitz und dem luxuriösen Fahrgastbereich nach hinten. Henriksen tippte auf den Touchscreen, wechselte die Sprache und gab eine Adresse ein. Dann drückte er das Gerät dem Fahrer wieder in die Hand.
„Danke, Boss“, sagte Corelli.
„Wohin fahren wir denn?“, fragte Jada.
Olivia streckte die Beine aus, und der Ledersitz quietschte unter ihr. Drake konnte nicht umhin zu bemerken, wie wohlgeformt diese Beine waren, und er überlegte, ob sie sich noch bewusst so lasziv reckte, um Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, oder ob das nach den Jahrzehnten der Geltungssucht schon ganz automatisch geschah.
„Zum Hotel“, erklärte sie.
Drake runzelte die Stirn und verschob seine Grübeleien über sie auf später. „Das glaube ich nicht. Diese Ninja-Mistkerle haben Sully. Ich werde ganz sicher nicht in irgendeiner Hotelsuite herumsitzen, während sie Gott weiß was mit ihm anstellen.“
„Ninjas kommen aus Japan“, teilte Corelli mit. Während das Navigationsgerät ihm mit sanfter Frauenstimme Anweisungen gab, blickte er immer wieder in den Rückspiegel, um der Unterhaltung im Fond zu folgen.
„Klappe da vorne“, schnappte Drake. „Glaubst du, ich weiß nicht, dass … ach, vergiss es.“ Er wandte sich wieder Henriksen zu. „Hören Sie, ich habe überlegt, wo das Labyrinth sein könnte. Wir müssen herausfinden, wo das Tor Chinas ist. Und wir brauchen eine U-Bahn-Karte.“
Er erklärte die Gründe dafür, und Henriksen hörte ihm schweigend zu. Jada nickte bekräftigend, doch Olivia starrte nur durch die getönte Fensterscheibe nach draußen auf die Lichter von Nanjing, die umso bunter und heller leuchteten, je dunkler es draußen wurde. Die Stadtlandschaft war eine merkwürdige Mischung aus modernen, stahlglänzenden Bürotürmen und alten, pagodenartigen Gebäuden. Autos, Busse und Fahrräder huschten an ihnen vorbei. Die Stadt strotzte nur so vor Leben.
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