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Uncharted - Das vierte Labyrinth

Uncharted - Das vierte Labyrinth

Titel: Uncharted - Das vierte Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Golden
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haben würde.
    An jedem anderen Tag hätte die Langeweile der Befragung Drake zum Schreien gebracht. Doch angesichts der Tatsache, dass er vor zwei Stunden fast im Alleingang einen Jet heruntergebracht hatte – die Fluglotsen, die ihm sagen sollten, was er tun musste, hatten ihre Englischkenntnisse leider nur aus Tom-Cruise-Filmen – , war es ihm egal. Er wollte jetzt nur noch ein Bier. Nicht, dass er den Fluglotsen Vorwürfe machte, weil sie seine Sprache nicht beherrschten; er war schließlich in ihrem Land. Doch als einer von ihnen begonnen hatte, ihn „Maverick“ zu nennen, da war er absolut sicher gewesen, dass er sterben würde.
    Dass er noch lebte, war also an sich schon genug, um den Tag zu retten.
    Sie waren kurz nach acht Uhr abends in Santorini gestartet – um zwei Uhr nachts nach Nanjing-Zeit – , und trotz des unerfreulichen Mord-/Selbstmord-Intermezzos hatte der Flug nur knapp zwölf Stunden gedauert. Als er jetzt durch das Fenster des Flughafensicherheitsbüros blickte, konnte er beobachten, wie die Schatten länger wurden und das Tageslicht einen nachmittäglichen Goldhauch annahm. Laut der Uhr an der Wand war es jetzt ein paar Minuten nach fünf.
    Jada hatte sich auf einem Sofa zusammengerollt und war eingeschlafen – Adrenalin-Hangover, vermutete er. Corelli saß Drake gegenüber auf einem ungemütlich aussehenden Stuhl, der halb aus Plastik, halb aus Metall war. So, wie er dahockte und die Hände in den Schoß gelegt hatte, sah er aus wie die Wachsfigur eines Filmgangsters von anno 1940: Jimmy Cagneys stämmigerer Bruder. Es bestand aber auch eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Roboter, der auf den nächsten Befehl wartete.
    Durch eine gläserne Trennwand konnte Drake auch Henriksen und Olivia sehen. Die beiden standen schweigend da, während Beamte der Polizei von Nanjing und der Flughafenpolizei sowie ein Vertreter der chinesischen Regierung in einem dunklen Anzug mit den Gesandten der norwegischen und amerikanischen Botschaften diskutierten. Der Kopilot sei ein Auftragskiller oder ein Terrorist gewesen, erklärten die Diplomaten, und er hatte versucht, einen prominenten, wohlhabenden Geschäftsmann zu ermorden. Dass Henriksen und seine Begleiter noch lebten, sei pures Glück, und man sollte sie nicht behandeln wie Verdächtige, sondern wie die Opfer, die sie waren.
    Das war jedenfalls die Geschichte, die Drake sich aus den Brocken zusammengereimt hatte, die er durch die Scheibe und – wann immer ein Beamter den Raum betrat oder verließ – auch durch die Tür aufgeschnappt hatte. Die Chinesen schienen damit auch kein Problem zu haben. Der eigentliche Streit drehte sich vielmehr um die Waffen, die man an Bord der Maschine gefunden hatte. Während Drake versucht hatte, das Flugzeug nicht senkrecht in den Boden zu rammen, hatte Corelli alle Waffen aus ihren Taschen genommen, die Fingerabdrücke abgewischt und sie in einem der Lebensmittelschränke versteckt. Nun konnten Henriksen und Olivia behaupten, dass sie nichts von irgendwelchen verborgenen Pistolen wussten und dass die Waffen wohl dem Attentäter gehört haben mussten. Die chinesischen Behörden schienen sich aber nicht mit dem Gedanken anfreunden zu können, dass ein einzelner Killer ein halbes Dutzend Knarren brauchte. Darum verstärkten die Leute von der norwegischen und der US -Botschaft nun den Druck. Drake hatte das Gefühl, dass es nicht mehr lange dauern konnte, bis man sie gehen ließ. Die Regierung würde natürlich jemanden auf sie ansetzen, der sie im Auge behalten sollte. Der interessante Abschluss eines ereignisreichen Tages.
    Er stand auf und ging zur Tür hinüber. Corelli zog die Stirn in Falten, wodurch das Bild des Roboters zerstört wurde, und folgte seinen Bewegungen mit den Augen. Eine Glasscheibe war in die Metalltür eingesetzt, sodass Drake die beiden Wachen draußen auf dem Korridor sehen konnte. Der Sicherheitsdirektor und die Polizeiermittler hatten sich ihnen gegenüber höflich verhalten, auch wenn diese Höflichkeit von eisigen Blicken Lügen gestraft wurde; doch ob nun höflich oder nicht, niemand konnte schönreden, dass sie sich hier in einer besseren Zelle befanden. Drake hatte zwar nicht gehört, dass irgendjemand das Wort Haft benutzt hatte, aber solange man sie hier festhielt, war das für ihn ein Knast.
    Seine Gedanken kehrten immer wieder zu Sully zurück. Wo war er, während sie hier eingesperrt waren und auf die Schmeicheleien und Lügen der Diplomaten vertrauen mussten? Drake klammerte sich

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