Uncharted - Das vierte Labyrinth
von Stein, der auf Stein rieb, dröhnte noch ein paar Sekunden durch die Gebetskammer, dann war der Durchgang vollends freigelegt.
Sie stellten sich um das rechteckige Loch, und Melissa leuchtete mit ihrer Taschenlampe nach unten. Da war eine Treppe und …
Drake zuckte überrascht zurück, als er das Skelett sah, das auf den Granitstufen lag.
„Das ist unglaublich“, murmelte Melissa mit heiserer Stimme. „Alan, hol deine Kamera.“
Welch stieg die ersten drei Stufen hinunter, um das Skelett zu untersuchen, das dort mit ausgestreckten Armen lag. Die Finger an beiden Händen waren abgebrochen, und von den Knochen fehlte jede Spur. Welch zog eine kleine, aber leistungsstarke Taschenlampe hervor und richtete den hellen Lichtstrahl auf die Verstümmelung.
„Die Brüche sind frisch“, erklärte er dann mit einem Stirnrunzeln. Sein Blick wanderte hoch zu Sully, und er seufzte. „Das war es, was den Altar blockierte. Dieser arme Kerl hatte seine Finger im Mechanismus. Wir haben sie abgebrochen.“
„Was bedeutet das? Hatte er seine Hände unter dem Altar eingeklemmt?“, fragte Jada.
„Ich schätze eher, dass er da unten gefangen war“, erklärte Drake. „Er starb bei dem Versuch, sich da herauszugraben. Vielleicht wollte er auch den Altar von unten verschieben, um nach oben zu gelangen.“
Jada sah Alan an. „Aber Sie haben doch einen Luftzug gespürt, und Sully sagte, das bedeutet, es muss einen anderen Ausgang geben.“
„Einen Weg für die Luft, ja“, brummte Sully. Nachdenklich strich er über seinen Schnurrbart, während er die Knochen auf der Treppe musterte. „Aber offensichtlich nicht für diesen Typen.“
Melissa starrte ihn an. „Sully? Ich dachte, Ihr Name wäre … “
„Das ist mein Spitzname“, erklärte er hastig, und bevor sie weiterfragen konnte, schob er sich an ihr vorbei auf die Treppe zu. „Was meinst du, Nate? Dieser Kerl ist doch ein bisschen zu groß für einen durchschnittlichen Ägypter, oder?“
Drake nickte eifrig. „Dasselbe habe ich mir auch gerade gedacht. Für die damalige Zeit muss er ein echter Riese gewesen sein. Ich habe noch keinen Sarkophag gesehen, der groß genug für jemanden wie ihn wäre.“
Welch schwenkte den Strahl seiner Taschenlampe über das Skelett. „Ich auch nicht. Und da ist noch etwas. Sein Schädel ist missgestaltet.“
„Was meinen Sie? So wie der Elefantenmensch?“, fragte Jada. Auch sie schob sich nun näher an die oberste Stufe der unterirdischen Treppe heran und versuchte, über Welchs gebeugten Rücken hinweg einen Blick auf das Gerippe zu werfen.
„Ich bin kein Biologe“, meinte der Doktor, dann trat er beiseite, damit die anderen sich das Skelett ansehen konnten. „Aber ja, ich glaube, es ist etwas in der Art.“
Der Schädel war ungewöhnlich groß. Er wies einen hervorstehenden Kieferknochen auf und mehrere Wulste, die rau und pockennarbig aussahen.
„Der Kerl war ein Monster“, murmelte Drake. „Seht euch nur an, wie groß er ist.“
Noch während die Worte über seine Lippen kamen, blickten er und Sully einander an.
„Moment mal“, sagte Drake. „Denkst du dasselbe wie ich?“
„Falls Sie denken, dass das hier der Minotaurus war, dann ja“, meinte Alan, obwohl Drake ihn gar nicht angesprochen hatte.
„Aber wo sind dann die Hörner?“, fragte Jada. „Vielleicht war er einfach nur groß und hässlich. Außerdem wissen wir doch gar nicht, ob er überhaupt ein Mann war. Wer sagt denn, dass wir hier nicht die Hüterin des Labyrinths vor uns haben.“
„Ich weiß nicht“, brummte Welch. „Ich weiß nicht.“
Doch keiner von ihnen konnte leugnen, dass mit diesem Skelett etwas nicht stimmte. Sie alle waren neugierig, aber Drake wusste auch, dass sie keine Zeit für Gedankenspiele hatten.
„Gehen wir weiter“, sagte er.
„Was?“, fragte Melissa kopfschüttelnd. „Das hier ist womöglich das Skelett des Mannes, der der Legende vom Minotaurus als historische Vorlage gedient hat – und Sie wollen einfach weitergehen?“
Drake zuckte mit den Schultern. „Ja.“
„Er hat recht“, sagte Welch. Er stand auf und stieg weiter die Stufen hinab, wobei er darauf achtete, das Skelett nicht zu berühren. „Wir haben schon genug Zeit verschwendet. Sehen wir uns weiter um.“
„Verschwendet?“, wiederholte Melissa, bevor sie ein ungläubiges Lachen ausstieß.
Im gleichen Moment wurden draußen im Tunnel schlurfende Schritte laut, gefolgt von einem Klacken und Schaben. Schließlich tauchte Guillermo mit
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