Und abends etwas Liebe
uns vorzustellen, und sehr galant forderte der Kapitänleutnant uns auf, Platz zu nehmen, gemeinsam zu frühstücken und ein bißchen miteinander zu plaudern. Warum überhaupt weggehen? Er hatte schließlich Platz genug. Zwei reizende junge Damen, die einem alten Burschen Gesellschaft leisten würden...
Es war ein wirklich lustiges Frühstück. Der Kapitänleutnant kam immer wieder auf die angenehme Überraschung zurück, die wir ihm bereitet hatten. Und wir vermieden geflissentlich, ihn daran zu erinnern, daß anfangs alles anders als angenehm ausgesehen hatte. Auch er war nicht gerade freundlich gewesen. Wir erzähltem ihm von dem Wochenende, das wir uns praktisch erkämpft hatten, unserem Ärger mit dem Wagen (»ein guter, strammer Kerl«, meinte Saunders darauf eifrig, offensichtlich, um uns den Ausdruck »Kiste« vergessen zu machen). Mit verzweifelter Aufrichtigkeit meinte ich dann: »Ich glaube, ich war ziemlich durcheinander, denn im Rechnen war ich immer schon schwach, obwohl ich allgemein durchaus bis neun zählen kann.«
Er war anderer Meinung. In seiner Vorstellung sollten junge, charmante Damen sich sowieso um andere Dinge als Zahlen kümmern. Wir fragten ihn, ob er die Anstruthers gut kenne. »Ich kannte Patty, als sie so groß war«, er hielt seine Hand in Kniehöhe. »Wir waren Nachbarn in Hertford. Vor zehn Jahren habe ich sie zum letztenmal gesehen. Die beiden verbrachten eine Nacht hier. Reizende Frau.«
Larry sagte mir später, in diesem Augenblick sei bei ihr der Groschen gefallen und der Grundstein zu der Verschwörung gelegt worden. Die unmittelbare Auswirkung war die, daß Larry auf gefährliche Art einen besonderen Charme entwickelte. Es sei wirklich so nett von ihm, uns einen Aufenthalt in seinem Haus anzubieten, aber das sei natürlich einfach undenkbar. Wir würden schnell das Geschirr abwaschen und dann sofort nach nebenan verschwinden. »Und herzlichen Dank dafür, daß Sie so verständnisvoll waren und uns außerdem so ein herrliches Frühstück gemacht haben.«
Es war absolut nicht Larrys Art zu übertreiben, meist war das ein sehr schlechtes Zeichen. Ich wußte sofort, daß sich irgend etwas zusammenbraute, und als sie sich - und mich dazu, obwohl ich gar nicht erst gefragt wurde — überreden ließ, als Gast in dem Haus von Saunders zu bleiben, da war ich überrascht und gleichzeitig etwas ärgerlich.
Sobald wir im Schlafzimmer allein waren und anstatt zu packen, unsere Sachen auspackten, sagte ich zu ihr: »Warum eigentlich? Larry, bist du verrückt? Wir kennen den Mann doch gar nicht. Wir wollten ganz unter uns sein, uns frei bewegen und faulenzen. Ich mag einfach nicht in dem Haus eines völlig fremden Mannes wohnen!«
Larry dämpfte ihre Stimme und setzte eine scheinheilige Miene auf, die nicht im geringsten zu ihr paßte. »Susan, es gibt Zeiten im Leben, in denen man sich für seine Freunde opfern muß. Was zählt schon unser kurzlebiger Spaß gegen Julians Lebensglück? Diese lächerlichen drei Tage Ferien zählen im Vergleich zu Alisons Zukunft einfach nicht!«
Und in diesem Augenblick wußte ich natürlich, was Larry im Schilde führte. Für kurze Zeit war ich unfähig, vor unterdrücktem Lachen irgend etwas zu sagen, und Larry schloß sich dem versteckten Kichern an, das ja unbedingt notwendig war, da sich der Gastgeber in den Räumen direkt über uns aufhielt. Dann meinte ich: »Aber warum nimmst du an, sie gefalle ihm? Er hat sie doch zehn Jahre lang nicht zu Gesicht bekommen.«
»Meine liebe Susan, ist dir das Zittern in seiner Stimme nicht aufgefallen, als er den Namen Patty aussprach? Direkt pathetisch.«
»Du hast wohl gar keine Skrupel? Er ist ein netter Mann. Er hat ein besseres Leben als das mit einem Bulldozer verdient.«
»Ach, Unsinn. Er ist der geradezu ideale Partner für sie. Ein Mann, der es fertigbringt, zwei Frauen so anzubrüllen, wie er uns angebrüllt hat, der wird auch mit einer Patty fertig werden. Ach, wenn ich doch nur schon früher gewußt hätte, daß das ihr Name ist. Ehrlich, Susan, das alles ist Schicksal... Schicksal, daß wir hierherkamen, uns im Haus irrten und auf diese Weise im Bett überrascht wurden.« Wenn Larry von Schicksal spricht und dabei wie die heilige Johanna ausschaut, dann vermeide ich möglichst jede Auseinandersetzung mit ihr. Sie hat ein zu stark ausgeprägtes Gefühl für große Aufgaben. Also packte ich meinen Koffer aus und fügte mich in mein Schicksal, drei Tage bei einem mir absolut fremden Mann zu
Weitere Kostenlose Bücher