Und am Ende siegt die Liebe
sehr seine Tochter darunter litt, daß er sie bei seiner Brautwerbung nicht berücksichtigt hatte. Vielleicht konnte sie morgen Travis’ Versäumnis wiedergutmachen. Vielleicht konnte sie noch ein paar Rosen auftreiben, die Travis bei seiner Plünderung übersehen hatte, und sie ihrer Tochter überreichen — im Namen ihres Vaters.
Morgen, dachte sie, und erschauerte fast dabei. Was konnte Travis wohl für den kommenden Tag geplant haben?
19
Jennifer weckte ihre Mutter am nächsten Morgen. Sie hielt einen kleinen Strauß Rosen in der Hand und fragte: »Glaubst du, daß Daddy mir diese Blumen geschickt hat?«
»Könnte sein«, sagte Regan, die ihre Tochter nicht belügen, aber auch nicht enttäuschen wollte. Sie hatte das kleine Bukett noch vor Sonnenaufgang Jennifer auf das Kissen gelegt.
»Sie sind nicht von Daddy«, rief das Kind verzweifelt. »Du hast sie mir heimlich ins Zimmer geschmuggelt.« Damit warf sie die Rosen quer über das Bett und rannte in ihr Zimmer zurück.
Es dauerte eine Weile, bis es Regan gelang, ihre Tochter ein wenig zu beruhigen, und dann war sie selbst den Tränen nahe. Wenn sie nur wüßte, wie sie Travis eine Botschaft zukommen lassen und ihm von Jennifers Nöten berichten konnte!
Als Mutter und Tochter — beide in ziemlich trostloser Verfassung — endlich angezogen waren, faßten sie sich bei den Händen und bereiteten sich gemeinsam auf das vor, was der Tag — und Travis — ihnen zugedacht hatte.
Die Halle und die Aufenthaltsräume waren voller Stadtleute; doch da sich am Morgen nichts Aufregendes ereignet hatte, war zumeist nur ein Vertreter von jeder Familie erschienen. Zugeknöpft wehrte Regan deren Fragen ab und behielt Jennifer immer an ihrer Seite, während sie ihren Kontrollgang durch das Hotel machte und versuchte, ihrer normalen Arbeit nachzugehen. Sie hatte es satt, von jedermann angegafft und angesprochen zu werden.
Als es Mittag wurde und sich immer noch nichts Spekta-kuläres ereignet hatte, begannen die Stadtleute ernüchtert das Hotel zu räumen. Der Speisesaal war voll, aber nicht überfüllt, und Regan bemerkte, daß Margo und Farrell an einem Tisch saßen, die Köpfe zusammensteckten und über ihre Teller hinweg miteinander tuschelten. Stirnrunzelnd überlegte sie, was die beiden sich wohl einander zu sagen hätten.
Doch sie vermochte diesen Gedanken nicht weiterzuverfolgen, weil der Lärm, der aus der Halle in den Speisesaal drang, an Stärke und Umfang zunahm.
Den Blick zur Decke richtend, hätte sie fast aus Verzweiflung losgeweint. »Was hat er jetzt wieder angestellt?« fragte sie leise.
Jennifer griff nach der Hand ihrer Mutter. »Glaubst du, daß Daddy nach Hause gekommen ist?«
»Ich bin sicher, das kommt von ihm«, sagte Regan und ging durch den Flur in die Halle.
Sobald sie den Speisesaal verlassen hatten, hörten sie Musik, das Getrappel von Pferden und das Rollen von Wagenrädern. Alles wurde immer lauter und schien sich auf das Hotel zuzubewegen.
»Was ist das?« fragte Jennifer, während ihre Augen immer größer wurden.
»Ich habe keine Ahnung«, antwortete Regan.
Die Veranda war vollgepackt mit Leuten, und in den sechs Fenstern, die auf die Straße hinausgingen, hingen sie wie die Trauben.
»Jennifer!« rief jemand draußen, und auf der Veranda erfolgte ein lebhafter Widerhall:
»Es ist ein Zirkus!«
»Und eine Menagerie! So etwas habe ich mal in Philadelphia gesehen!«
Jennifers Name wurde ein paarmal wiederholt, ehe Regan auf der Veranda für sich und ihre Tochter Platz schaffen konnte.
In diesem Moment kamen drei Männer mit bemalten
Gesichtern um die Ecke des Schulhauses. Sie trugen Seidenkostüme mit bunten Streifen und Punkten und schlugen Räder und Purzelbäume auf der Straße.
Zu dem Muster auf der Vorderseite ihrer Kostüme schienen auch Buchstaben zu gehören, und wegen der akrobatischen Kunststücke, die die Clowns vorführten, gelang es Regan nur mit Mühe, die Buchstaben zu entziffern.
»Jennifer«, sagte Regan, »sie tragen deinen Namen auf dem Kostüm!«
Lachend hob Regan ihre Tochter auf den Arm. »Das ist für dich! Das sind Clowns, und auf ihren Kleidern steht dein Name geschrieben.«
»Sie wollen zu mir?«
»Ja doch, ja! Dein Daddy schickt dir einen ganzen Zirkus, und wie ich Travis kenne, ist es gewiß kein kleiner Zirkus. Schau nur! Da kommen Männer, die Saltos auf ihren Pferden machen!«
Mit großen, staunenden Augen sah Jennifer nun auf die Männer, die auf herrlichen, goldfarbenen Pferden
Weitere Kostenlose Bücher