Und am Ende siegt die Liebe
abgelesen. »In Amerika sind die Frauen aus etwas irdischerem Stoff gemacht; sie lieben ihre Männer und fürchten sich nicht, das auch zu zeigen.«
Sie schenkte ihm ihr süßestes, unaufrichtigstes Lächeln. »Warum geht Ihr dann nicht zurück nach Amerika und zu den Frauen, die dort leben?«
Travis’ Gelächter brachte die Schüsseldeckel zum Klirren, und er drückte ihr einen herzhaften Kuß auf die Wange.
»Jetzt muß ich ein paar Briefe schreiben, mein Kleines, also kannst du dich inzwischen in die Kissen kuscheln und auf mich warten, oder . . .«
»Oder Euch vielleicht verlassen.«
»Hartnäckig bist du, das muß man dir lassen.«
Und du bist ein Dickschädel, dachte sie, während sie ihm zusah, wie er Schüsseln und Teller auf das Tablett zurückstellte und dieses vor die Tür trug. Später, als sie in ihrem neuen Nachthemd wieder in dem großen Bett lag, betrachtete sie seinen Rücken und verfolgte, wie seine Hand mit dem Federkiel über das Papier flog, das vor ihm lag. Sie war neugierig, was er wohl zu schreiben hatte, wollte ihn aber keinesfalls danach fragen. Sie wollte um keinen Preis, daß ihre Beziehung noch persönlicher wurde, als sie schon war.
Als Travis etwas später zu ihr ins Bett schlüpfte, tat sie so, als schliefe sie, doch er zog sie nur an sich, nahm ihr Ohrläppchen zwischen die Lippen, legte dann die Hand auf ihren Leib und lehnte den Kopf ins Kissen zurück. Es war eigenartig, doch sie hatte das Gefühl, daß sie erst jetzt richtig einschlafen konnte.
Am Morgen war sie dann allein in dem großen Zimmer.
Als sie erwachte, schloß das Dienstmädchen gerade die Tür auf. »Oh, ich bitte um Entschuldigung, Miss. Ich dachte,
Ihr würdet noch schlafen. Mr. Travis sagte, ich sollte Euch ein Bad richten, wenn Ihr es wünscht.«
Regan gab dem Mädchen Anweisung, ihr einen Zuber und heißes Wasser zu bringen. Und wider Erwarten genoß sie das Bad. Es war fast ein Trost für sie, daß sie etwas für sich tun konnte. Bisher hatte eine Zofe alles für sie erledigt, sie angezogen, ihr die Haare gewaschen, und ihr Onkel hatte die Garderobe — billige Kinderkleider — für sie ausgesucht.
Nach dem Bad frottierte sie ihre Haare, frühstückte ausgiebig und zog das blaue Seidenkleid an. Ein dünner Schal, der mit Blumen in verschiedenen Blautönen bestickt war,
bedeckte den tiefen Ausschnitt.
Es war ein langer Tag, und da sie nichts zu tun hatte, wurde sie bald von Langeweile geplagt. Es war kühl im Zimmer, aber da es über keinen Kamin verfügte, ging sie auf und ab und rieb sich die Arme. Die frühe Frühlingssonne hatte noch keine Kraft, doch war es am Fenster immer noch am wärmsten. Sie zog einen Stuhl heran, starrte geistesabwesend durch die Scheibe und überließ sich ihren Träumen.
Als die Sonne unterging und Regan eine Stimme hörte, die nur Travis gehören konnte, bekam sie Herzklopfen. Es kostete sie Mühe, nicht zu lächeln, als er ins Zimmer kam.
Seine großen braunen Augen verschlagen sie förmlich, als er sie lächelnd begrüßte. »Das Kleid steht dir gut«, sagte er, nahm seinen Hut ab und zog dann sein Jackett aus. Mit einem tiefen Seufzer ließ er sich in einen Sessel fallen. »Hätte ich den ganzen Tag auf meinen Feldern gearbeitet, wäre das weniger anstrengend gewesen«, sagte er. »Deine Landsleute sind eine Horde engstirniger Snobs. Ich konnte kaum jemanden dazu bringen, sich meine Fragen anzuhören, geschweige denn, sie zu beantworten.«
Regan versuchte, ihre Neugierde zu verbergen, indem sie mit dem Finger am Tischrand entlangfuhr. »Vielleicht gefielen ihnen Eure Fragen nicht«, sagte sie leichthin.
Travis ließ sich durch ihr Manöver nicht täuschen. »Ich wollte nur feststellen, ob jemand eine hübsche, aber unvernünftige junge Dame vermißt.«
Regan öffnete den Mund zu einer Erwiderung, schloß ihn aber wieder, als sie erkannte, daß er sie mit dieser Bemerkung nur ködern wollte. »Und hat jemand eine junge Dame vermißt?«
Travis runzelte die Stirn. Offenbar war ihm das Ergebnis seiner Nachforschungen unbegreiflich. »Ich konnte niemanden finden, der ein Mädchen wie dich schon einmal gesehen hätte.«
Darauf wußte Regan nichts zu erwidern. Nie war ein Besucher über die Schwelle von Weston Manor gekommen. Das Leben draußen kannte sie nur aus den Geschichten ihrer Zofen und Gouvernanten, die ihr von Liebe und Männern erzählten, von der Welt, die draußen vor dem Zaun des Gartens lag. Natürlich gab es niemanden hier am Ort, der sie
Weitere Kostenlose Bücher