Und am Ende siegt die Liebe
fragte er besorgt.
Travis lächelte. Der Kapitän und sein Vater waren jahrzehntelang befreundet gewesen, bis sein alter Herr an der Cholera starb. »Was verstehst du von Frauen?«
»Was versteht ein Mann schon davon?« antwortete der Kapitän mit einem leisen Lächeln, froh, daß es sich nicht um etwas Ernsthaftes handelte. »Ich bedaure, daß ich noch nicht mit deiner Frau bekannt gemacht wurde. Sie soll ja eine Schönheit sein.«
Travis studierte seine Zigarre. Es dauerte einen Moment, ehe er erwiderte: »Ja. Nur habe ich Mühe, sie zu begreifen.« Travis war ein Mann, der anderen sein Herz ausschüttete, und deshalb wechselte er lieber das Thema: »Glaubst du, ich habe meine Möbel im Laderaum sicher genug festgezurrt?«
»Ich dächte schon«, antwortete der Kapitän. »Aber ich frage mich nur, wofür du neue Möbel brauchst. Oder hast du dein Haus noch um einen Flügel erweitert?«
»Nein.« Travis lachte kurz. »Ich könnte rund fünfzig Kinder zeugen, die alle ihr eigenes Zimmer bewohnen, und erst dann müßte ich ans Anbauen denken. Nein, die Möbel sind für einen Freund bestimmt. Allerdings habe ich etwas
Land hinzugekauft. Ich will in diesem Jahr noch mehr Baumwolle anbauen.«
»Mehr«, wiederholte der Kapitän ehrfürchtig. Er deutete auf das Deck vor sich. »Das ist alles, was ich in meinem Beruf an Platz brauche. Wieviel Morgen besitzt du eigentlich inzwischen?«
»Ungefähr viertausend, über den Daumen gepeilt.«
Der Kapitän räusperte sich, als habe er nicht richtig gehört. »Hoffentlich ist deine kleine Frau eine tüchtige Hausfrau. Der Besitz forderte schon deiner Mutter ganzes Können, und seit dem Tod deines Vaters hast du den Betrieb fast ums Doppelte erweitert!«
»Sie wird schon damit fertig werden«, meinte Travis zuversichtlich. »Dann eine gute Nacht, Skipper.«
Damit zog sich Travis in seine Kabine zurück. Er legte leise seine Kleider ab, kletterte ins Bett und zog Regan an seine Brust. »Fragt sich nur, ob ich mit ihr fertig werde«, murmelte Travis, ehe er einnickte.
Regan brauchte genau vierundzwanzig Stunden, bis sie zu der Einsicht kam, daß Travis recht hatte, was die Betreuung Seekranker betraf. So schlimm hatte sie sich die Sache nicht vorgestellt. Vom frühen Morgen bis spät in die Nacht war sie fast ausschließlich damit beschäftigt, Erbrochenes von den Gesichtern der Kranken und deren Habe abzuwaschen. Die Passagiere waren zu schwach, um den Kopf über die Nachttöpfe heben zu können, die Regan ihnen vorhielt. Es war ihnen egal, wohin sie sich übergaben. Mütter lagen apathisch in ihren schmalen Kojen, ihre plärrenden Babys neben sich, während Regan und zwei weitere Frauen Schwerarbeit leisteten, um die Unterkunft einigermaßen sauber zu halten und die Kranken zu beruhigen.
Als wäre diese Last nicht schon groß genug, mußte sich Regan auch noch über die Unterbringung der Passagiere empören. Sie waren in drei Schlafsälen zusammengepfercht, nach verheirateten, ledigen Frauen und Männern getrennt, und die Schiffsbesatzung verhinderte mit unnachsichtiger
Disziplin den Kontakt zwischen den Unverheirateten beider Geschlechter. Schwestern durften nicht mit Brüdern sprechen, Väter nicht mit ihren Töchtern, und in diesen Anfangstagen der Seekrankheit und des allgemeinen Elends war die Sorge um die getrennten Familienangehörigen allgemein sehr groß.
In jedem Schlafsaal standen die Reihen der harten, schmalen Kojen so dicht, daß kaum ein Durchkommen war, zumal in den Zwischenräumen auch noch das Gepäck und die Habe der Passagiere untergebracht werden mußten: Kisten, Schachteln, Pakete, Körbe, die nicht nur die Kleider und die Geräte enthielten, die zu einem Hausstand gehörten, sondern auch den Proviant für die Reise. Schon begann einiges davon zu verderben, und der Geruch faulender Vorräte machte die Kranken nur noch kränker.
Regan und die anderen beiden Frauen, die dauernd in den Schlafsälen ein- und ausgehen mußten, hatten bei jedem Schritt irgendein Hindernis zu überwinden.
Als Regan endlich wieder in ihre eigene Unterkunft zurückkehren konnte, die ihr im Vergleich zum Zwischendeck wie ein Palast vorkam, war sie so erschöpft, wie sie das vorher kaum für möglich gehalten hätte.
Travis legte das Buch weg, in dem er gelesen hatte, und nahm sie in seine Arme. »War es so schwer, Liebes?« fragte er leise.
Sie konnte nur noch nicken an seiner Brust, froh über die Nähe eines gesunden, kräftigen Menschen, und erleichtert, endlich dem
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