Und am Ende siegt die Liebe
Vielleicht könntest du Sarah Trumbull dazu überreden, wenn du weißt, wo sie steckt. Ich habe sie seit Tagen nicht mehr gesehen.«
»Sarah ist beschäftigt«, sagte er knapp. »Aber bei deinen anderen Problemen kann ich dir vermutlich helfen.«
Damit war ihr eine große Last von den Schultern genommen, denn bisher hatte Travis sein Versprechen immer gehalten.
»Wenn du mich noch länger so anschaust«, warnte er sie, »säge ich die Masten ab und baue daraus Einzelkabinen für deine Passagiere.«
Sie lachte und ging mit einem viel besseren Gefühl wieder an die Arbeit.
Fünf Minuten später tauchte Travis mit einer Kiste voller Tischlerwerkzeuge in der Tür des Schlafsaals für ledige Frauen auf. Es gab schrille Proteste von einigen der Passagiere, die nur mit Unterwäsche bekleidet waren; doch Travis gelang es, sie rasch an seine Gegenwart zu gewöhnen. Er scherzte mit ihnen und sagte, die Männer würden sich freuen, wenn sie so an Deck kämen; denn die sähen den ganzen Tag nur Wasser, und das machte auf die Dauer melancholisch. Und obwohl er für solche Dienstleistungen nicht zu haben sei, wie er vorher Regan versichert hatte, hielt er den Kopf einer seekranken Frau über das Nachtgeschirr und wischte ihr danach auch den Mund ab. Während er die Lattenroste für die beiden Kojen wieder zusammennagelte, legte er nebenbei noch zwei Babys trocken und stapelte die schweren Koffer und Kisten in den Durchgängen übereinander, damit man bequemer daran vorbeikam. Anschließend überprüfte er den Zustand der übrigen Kojen, reparierte wackelige Bettpfosten und tauschte morsche Bretter gegen frische aus. Als er den Schlafsaal wieder verließ, sahen ihm die meisten Frauen mit einem dankbaren Lächeln nach, während es Regan zumute war, als habe ein Wirbelwind den muffigen Gestank aus dem Zwischendeck vertrieben.
»O mei«, meinte eine Frau seufzend, derem Baby Travis die Windeln gewechselt hatte, »wem gehört denn dieses großartige Mannsbild?«
»Es gehört mir!« rief Regan so laut, daß die Frauen lachten und Regan einen roten Kopf bekam.
»Für den mußt du dich nicht schämen, Süße«, rief eine, »sondern solltest deinem Schöpfer danken für seine Güte!«
»Vielleicht hat sie nachts etwas anderes vor als zu beten«, rief eine andere Frau.
Regan hätte eine dritte Frau fast umarmt, als diese zu stöhnen begann und sie ihr die Bettschüssel Vorhalten mußte. Doch dann regte sich der Zorn in ihr. Travis hatte es gewagt, vor ihren Augen mit all diesen Frauen zu flirten! Vermutlich sonnte er sich nun in dem Gefühl, daß sie ihm alle schöne Augen gemacht hatten, nur weil er der einzige Mann war, der den Schlafsaal für Jungfern betreten durfte. Durfte er das? Ein Mann wie Travis Stanford fragte nicht lange, sondern tat, was ihm gefiel.
Wütend knallte sie eine Wasserkanne auf einen Nachttisch. Warum sollte Travis sie behandeln wie eine Lady? Dazu hatte er keinen Anlaß. Er kannte sie ja nur als Bettgenossin. Dieser ungehobelte amerikanische Muskelprotz hatte ja keine Ahnung, daß Frauen noch mehr sein konnten als Lustobjekte. Er machte keinen Unterschied zwischen Frauen, die krank im Bett lagen oder in Samt und Seide an seiner Seite gingen; sie schienen ihm alle nur dazu erschaffen, ihm seine Wünsche zu erfüllen.
Kurz vor Sonnenuntergang ging sie an Deck, um die Bettschüsseln auszuwaschen. Dort waren Travis und zwei Matrosen von den Kindern der Zwischendeckpassagiere umlagert, denen sie zeigten, wie man Schifferknoten spleißt. Ein Knirps von etwa zwei Jahren saß auf Travis’ Schoß und sah andächtig zu, wie er zwei Tauenden zu einer komplizierten Schleife verband, während ein halbwüchsiges Mädchen vor ihm kniete und versuchte, zwei Stoffstreifen nach dem gleichen Muster zusammenzuknüpfen. Travis sah auf und winkte ihr lächelnd zu, um dann dem Mädchen zu zeigen, wie es den Knoten schürzen mußte.
Regan reckte hochmütig die Nase in die Luft, nahm ihre Schüsseln und ging wieder in das stickige Zwischendeck zurück. Sie mußte sich, wenn auch zähneknirschend, damit abfinden, daß selbst die Kinder ihn unwiderstehlich fanden. Er gehöre ihr, hatte sie den Frauen gesagt. Doch jetzt sah sie ein, daß sie keine Macht über ihn besaß. Sie war nichts als ein Spielzeug für ihn, welches er, sobald sie Amerika erreicht hatten, so rasch wie möglich wegwerfen würde, um sich ein neues zu besorgen, das nicht so abgenützt war wie sie. Mißtrauisch fing sie an, die unverheirateten Frauen im
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