Und am Ende siegt die Liebe
im
Leben gebraucht wurde und sich nicht dauernd vorwerfen mußte, sie fiele anderen zur Last.
»Bitte, Regan«, bettelte David, »leg das Buch ein Weilchen beiseite und unterhalte dich mit mir.« Er schob den gebrochenen Arm auf das Kissen — eine Geste, die seine Hilflosigkeit betonen sollte.
»Worüber möchtest du denn mit mir reden? Haben wir nicht schon jedes Thema erschöpft?« fragte sie.
»Du weißt, wir haben ausschließlich über mich geredet. Aber über dich weiß ich so gut wie nichts. Wer sind deine Eltern? Wo hast du in Liverpool gewohnt, und wie hast du diesen Amerikaner kennengelernt?«
Regan klappte das Buch zu und stand auf. »Vielleicht sollten wir lieber einen kleinen Spaziergang auf Deck machen. Das Wetter ist herrlich, und etwas Bewegung täte uns beiden gut.«
Mit einem feinen Lächeln stellte David die Füße auf die Dielen und wartete geduldig, bis Regan ihm beim Aufstehen half. »Meine mysteriöse Lady«, meinte er neckend, doch schien es ihm nicht unlieb zu sein, wenn der Schleier des Geheimnisses über ihr vergangenes Leben gebreitet blieb.
Als sie an Deck kamen — er seinen Arm um ihre Schultern, sie ihren Arm stützend um seine Taille gelegt — war Travis der erste, der ihnen begegnete. Regan konnte nicht umhin, Vergleiche zu ziehen zwischen diesem schlanken, blonden Mann in seinem makellosen Aufzug an ihrer Seite und Travis in seinem verschwitzten Baumwollhemd und mit seinen wirren Haaren, die nach Seewasser rochen.
»Ein bißchen frische Luft schöpfen?« meinte Travis höflich, aber mit einem spöttischen Augenzwinkern für Regan. Wainwright beantwortete seine Frage mit einem kurzen, fast schroffen Nicken.
Als sie ein paar Schritte weitergegangen waren, sagte David: »Wie konntest du nur so einen Mann heiraten! Wenn ich mir vorstelle, daß du, die zarteste, feinfühligste Frau der Welt, mit diesem primitiven, ungeschlachten Kolonisten
Zusammenleben mußt, könnte ich auf der Stelle wieder krank werden.«
»Travis ist nicht gefühllos«, entgegnete Regan hastig. »Travis ist. . .«
»Was ist er?« fragte er ungeduldig.
Darauf konnte sie ihm keine Antwort geben. Sie wandte sich ab, lehnte sich über die Reling, starrte ins Wasser und versuchte, sich darüber klar zu werden, was Travis ihr bedeutete. Abends sorgte er immer dafür, daß sie ein heißes Bad nehmen konnte; nachts brachte er sie vor Glück zum Weinen; morgens erwachte sie in dem Gefühl, seine Gefangene zu sein . . .
»Was ist, Regan?« fragte David besorgt. »Warum antwortest du nicht? Ist dir nicht gut? Hast du dich übernommen? Ich weiß ja, wie anstrengend es ist, so einen schwierigen Patienten wie mich zu pflegen! Willst du in deine Kajüte zurückgehen?«
»Nein«, sagte sie lächelnd. Sie hatte sich dieses Klagelied schon öfter anhören müssen. »Du weißt doch, wie gern ich mit dir zusammen bin. Wollen wir uns nicht eine Weile hierhersetzen?«
Während sie den Rest des Nachmittags mit ihm verbrachte, war sie doch oft mit ihren Gedanken woanders, hörte ihm nicht zu oder blickte von ihm fort zu Travis, wenn er behende die Wanten hinaufkletterte oder schwere Trossen aufwickelte. Ein paarmal blinkerte er ihr zu, als wüßte er immer, wann sie ihn beobachtete.
An diesem Abend war sie seit vielen Wochen mal wieder vor ihm in der Kabine, und als er hereinkam und sie auf der Fensterbank sitzen sah, strahlten seine Augen vor Glück.
Überhaupt, dachte sie, war er in den letzten Wochen viel hübscher geworden. Das Arbeiten in der Sonne war ihm gut bekommen, und seine Muskeln zeichneten sich unter der braunen Haut noch deutlicher ab.
»Was für ein willkommener Anblick nach einem anstrengenden Tag!« rief er. »Gibst du mir einen Kuß zur Begrüßung, oder hast du sie schon alle an den jungen Wainwright verschenkt?«
Das wirkte auf sie wie eine kalte Dusche. »Erwartest du, daß ich mir das gefallen lasse? Glaubst du, alle Männer könnten mich wie du zu einer illegitimen Beziehung zwingen oder trügen sich mit solchen Gedanken?«
Travis wandte sich von ihr ab, zog sich das Hemd aus und begann sich zu waschen. »Freut mich, zu wissen, daß dieser Grünling nicht versucht hat, mein Eigentum zu stehlen. Was nicht heißt, daß es ihm gelänge. Aber ich lasse mir das gern von dir bestätigen.«
»Unfaßbar, wie anmaßend du bist! Ich bin nicht dein Eigentum.«
»Soll ich dir das Gegenteil beweisen?« antwortete Travis mit einem selbstbewußten Grinsen.
»Ich gehöre dir nicht«, wiederholte sie. »Und
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