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Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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sie Stimmen. Aber beim Anblick der
Knochen hatten wir nur die Stimme von der Rosl gehört und sonst nichts.
    Â»Aber es hätt so sein können«, war sich der Troidl sicher. »Und dann
wärn wir schon einmal auf der sicheren Seite.«
    Auf der sicheren Seite? Waren die jetzt alle verrückt geworden?
    Ich knallte die Haustür hinter mir zu. Für heute reichte es mit der Kommunikation
mit Dorfbewohnern.
    Großmutter sah nicht einmal auf, als ich in die Küche kam. Sie
war Gott sei Dank nicht auf die Idee gekommen zu kochen.
    Â»Die Langsdorferin meint, glaub ich, ich sollte mich mehr
einbringen«, erklärte ich statt eines Grußes und fügte gedanklich noch hinzu:
Und der Schmalzlwirt meint, dass die Knochen orange geschimmert haben, der Depp
der. Das sollte ich Großmutter besser nicht erzählen.
    Sie machte nur ihr Tststs und schüttelte den Kopf.
    Â»In das Gemeindeleben«, erklärte ich und ließ mich auf den Stuhl
gegenüber von Großmutter fallen. »Glaubst du, ich kann Kuchen backen?«
    Als sie aufblickte, hatte sie eine steile Falte auf der Stirn. Okay.
Der letzte Kuchen hatte die Konsistenz eines Pflastersteins gehabt. Vielleicht
war es doch keine so gute Idee.
    Â»Was ist?«, fragte ich nach und stützte mein Kinn auf die rechte
Hand.
    Â»Früh kommst heim«, sagte sie und sah mich weiter mit gerunzelter
Stirn an. »Ich hab noch gar ned zum Kochen ang’fangen.«
    Gott sei Dank.
    Â»Sommerzeit, Oma«, sagte ich nur und deutete auf die Uhr.
»Vielleicht solltest mal die Uhr umstellen.«
    Natürlich würde sie das nicht machen. Erstens, weil sie die
Sommerzeit sowieso ablehnte, und zweitens, weil die Uhr dann nicht wieder
richtig in Gang kam.
    Â»Jedes Jahr kommt die Sommerzeit früher. Mich würd’s nicht wundern,
wenn’s nächste Mal die Sommerzeit schon an Weihnachten anfangt«, sagte
Großmutter stattdessen und sah dann wieder in die Bedienungsanleitung, die vor
ihr lag. »Ich wollt dir grad was erzählen, aber diese blöde Sommerzeit, die
macht einen noch ganz stocknarrisch.«
    Â»Die Langsdorferin jedenfalls hat gesagt, dass es dem Daschner so
übel eingeht in letzter Zeit, dass auch ich mich reinhängen muss«, erzählte ich
weiter, nur um mir nicht das gleiche Sommerzeitgejammer wie bei der
Langsdorferin anhören zu müssen. Ich machte den Kühlschrank auf und holte den
Topf mit den Resten vom gestrigen Essen heraus.
    Â»Was ist das da eigentlich?«, fragte ich misstrauisch nach.
Großmutter saß vor einem weißen, großen Kegel und starrte angestrengt in die
Bedienungsanleitung. Und wo war der Strahlenapparat? Sonst saß sie immer vor
dem Strahlenapparat, mit dem sie unsere Umgebung von der schädlichen
elektrischen Strahlung reinigte. Aber was war das für ein seltsamer Kegel?
    Â»Stell dir vor«, sagte sie statt einer Antwort. »Der Ernsdorfer ist
weg.«
    Ich schaltete den Herd ein.
    Â»Echt?« Ein Wunder war das nicht. Wenn ich der Klaus wäre und solche
Eltern und Großeltern hätte, da hätte ich schon längst die Fliege gemacht.
    Â»Und wer leimt jetzt unsere Stühle?« Ich rührte wild in dem Topf, in
dem es zu zischen und zu brodeln anfing.
    Â»Ah, geh. Doch ned der junge Ernsdorfer. Der alte Ernsdorfer. Der
Bürgermeister. Der so Parkinson hat.«
    Hinfort die Chance, jemals ein anständiges Interview mit ihm zu
machen.
    Â»Ermordet«, sagte ich düster. Sodom und Gomorrha in unserem Dorf.
Schon stand uns die nächste Leiche bevor. Und wer würde sie finden? Doch unter
Garantie ich, Lisa Wild. Jeder Leichenspürhund war ein Versager gegen mich.
    Â»Ah, geh, Mädl. Was du wieder denkst. Er hat doch Alzheimer. Und ist
einfach davon.«
    Vielleicht hatte er auch einen Drohbrief bekommen, genau wie ich?
Und sich vor lauter Schreck verlaufen. Mir wurde ein klein bisschen schlecht.
    Â»Ein Parkinsonkranker mit Alzheimer, das ist schon ein G’frett«,
sagte ich stattdessen.
    Großmutter zuckte mit den Schultern, als würde das das Kraut auch
nicht mehr fett machen. »Da ham s’ ihn noch niederg’legt. Und dann …« Sie
machte nur eine Handbewegung zum Zeichen, dass sich der Ernsdorfer verdrückt
hatte.
    Â»Die arme Frau«, sagte Großmutter und verschob den Kegel vor sich.
»Seine Frau und seine Schwiegertochter. Was die mitg’macht ham, bis jetzt.«
Aber sie sah eher so

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